2.4 ~ Think pink

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Es geht zwar erst morgen zur Generalprobe, aber wir feiern am Samstag die fünfzigste Ausgabe mit ganz besonderen Stargästen...

Eigentlich hätte ich nach dieser Ansage wetten können, dass gleich darauf der Hinweis auf das Jubiläum käme, das ganz groß und ganz besonders gefeiert werden muss, von wegen fünfzigste Sendung und so – aber nicht, dass es gleich auf einen zünftigen Mädelsabend geht. Fragt sich, was sich Tessa und Lara, aber vor allem auch Margo und Jennifer unter „zünftig" vorstellen.

Nachdem der erste Schock verdaut ist, verläuft der Abend dann anders als gedacht. Ich meine: wer kann zu „Wellness" schon Nein sagen? Vermutlich so einige, wenn sie wüssten, welches Rundum-Sorglos-Paket auf uns wartet: zuerst Yoga, begleitet von hawaiianischen Klängen, danach Sauna und Massagen. Aloha! Fehlen nur noch die exotischen Cocktails mit Kokos und Ananas. Und tatsächlich: nachdem wir auf der Sonnenbank entspannt haben, versammeln wir uns an der Bar des Wellnessbereichs, wo Margo uns mit einer Runde Drinks empfängt. Einer bunter als der andere und mit niedlichen Schirmchen dekoriert. Wie schon bei unserem ersten Zusammentreffen, bin ich mal wieder die letzte und beobachte, wie Lara bereits ihr Schirmchen entsorgt und Tessa an ihrer Cherry Colada nuckelt. Ich dagegen schnuppere vorsichtig an meinem Flat Swimmingpool, denn wer weiß schon, was sich in der irgendwo zwischen Lagunenblau und Meergrün schillernden Flüssigkeit so tummelt. Wer weiß, ob nicht doch noch in letzter Sekunde irgendwo ein Hai auftaucht.

Bingo! Hab ich's mir doch gedacht! Natürlich alkoholfrei – keine schlechte Idee, da ich vermute, dass es nicht bei dem einen Cocktail bleiben wird. So kann Margo wenigstens sichergehen, dass wir aufnahmefähig sind und es auch bleiben, wenn sie uns erklärt, wie der kommende Tag ablaufen wird. Außerdem wäre nichts blöder, als am nächsten Morgen mit einem fetten Kater aufzuwachen.


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Ich wusste, es war ein Fehler, beim hawaiianischen Yoga mitzumachen. Hinterher spürst du Muskeln, von denen du keine Ahnung hast, dass sie überhaupt existieren. Ein Kater wäre mir jetzt bedeutend lieber, denn den hätte ich mit Hilfe von Alka Seltzer und Kaffe mit Zitrone innerhalb weniger Stunden ausgestanden. Doch das hier? Wenn ich Pech habe, kann ich mich nicht nur humpelnd durch die Kostüm- und Beleuchtungsprobe quälen, sondern gleich durch die ganze Sendung. Und wahrscheinlich auch die ganzen Tage danach.

Wenn ich mir meine beiden Mitstreiterinnen so anschaue, scheint es ihnen auch nicht besser zu gehen als mir. Während Tessa ihr Müsli in sich hinein löffelt, hält sich Lara schweigend an ihrer Kaffeetasse fest. Wüsste ich nicht, dass wir am Abend zuvor nur Mocktails getrunken haben, könnte ich doch glatt auf die Idee kommen, dass die Gute ihre vom Kater geröteten Augen hinter der überdimensionalen Sonnenbrille verbergen möchte. Ist wohl spät geworden. Aber das ist nicht das einzige, das mir durch den Kopf geht. Wie es aussieht, sind wir die ersten, die sich am Frühstücksbüffet bedienen durften. Irgendwie glaube ich noch immer, dass die männlichen Kandidaten irgendwo in diesem Hotel herumgeistern und dass die Wahrscheinlichkeit steigt, ihnen über den Weg zu laufen, je länger wir hier verweilen. Das aber wäre für die Sendung wiederum fatal... Oder hat man sie woanders untergebracht? Das würde auch erklären, warum ich von ihnen noch keinen zu Gesicht bekommen habe.

Nur für die, die's noch nicht wissen – jedenfalls hat es Margo uns so erklärt – bei der Show geht es darum, in unterschiedlichen Fragerunden die aktuelle Paarzusammensetzung zu ermitteln, die im Lauf der Sendung noch mehrmals wechselt. Und da sich Männlein und Weiblein erst bei der Ausstrahlung kennenlernen sollen...

Noch während ich darüber nachsinne, ob es nicht moderner gewesen wäre, nicht nur Männlein und Weiblein miteinander zu verkuppeln, so wie sie es bei „First Dates – ein Tisch für zwei" ja auch schon machen, fliegen die großen Schwingtüren, die den Speisesaal von der Lobby trennen, weit auf und Margo rauscht mit weit ausgreifenden Schritten herein, dicht gefolgt von Jennifer mit ihrem obligatorischen Klemmbrett. Mühsam ächzend löse ich mich von meinem Stuhl und jaule innerlich auf. Autsch! Da ist ja ein in der Sonne dösender Seehund auf seiner Sandbank in der Nordsee gelenkiger!


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Nordsee. Sandbank. Seehund.

Und da wären wir auch schon bei den heutigen Stichworten. Denn welche Utensilien sind unentbehrlich bei einer Wattwanderung? Na, habt ihr's erraten?

Richtig: Südwester, Ostfriesennerz und Gummistiefel. Falls ihr nicht wisst, was ein Südwester ist: Stellt euch Paddington, den Bär, vor. Nur ist sein Regenhut rot und nicht pink oder...

„Gelb!"

Vor Schreck über den Ausruf, der hinter mir in einer Lautstärke durch den Kostümfundus schallt, dass ich entsetzt zusammenzucke und noch doch geradezu froh bin, dass ich doch nur an einem Muskelkater leide und nicht an einem Kater. Sonst wäre mir spätestens jetzt die Birne geplatzt. Dennoch war mein erster Reflex nicht, zur Salzsäule zu erstarren, sondern mich ruckartig umzudrehen, weil ich nun doch wissen will, wer hier gerade das offensichtliche kommentieren muss, während Jennifer gerade dabei ist, für uns die passenden Outfits für eines der bevorstehenden Spiele herauszusuchen. Natürlich. Ich hätte es mir denken können.

Tessa. Wer auch sonst!

„Das sind ja quietschgelbe Gummistiefel!", kreischt sie überrascht dazwischen.

Ach was? No shit, Sherlock! In rosa waren wohl keine zu haben. Soviel zum Thema „I'm a Barbie Girl", dem Klingelton, der während unserer Mocktailrunde ihrem offen auf dem Tresen herumliegenden bubblegumfarbenen Smartphone entwich. Was für eine Tussi! Wenn ich anfangs noch nicht wusste, warum ich mit ihr einfach nicht warm geworden bin – jetzt weiß ich es. Die Doc Martens, die wir beide am Samstagabend gegen Gummistiefel in Größe 38 eintauschen werden, sind leider auch das einzige, was Tessa und mich miteinander verbindet. Der Rest ist: Pink!

Pink, Pink, und nochmals Pink, so weit das Auge reicht - angefangen bei den Strähnchen, die sich malerisch in ihren schwarzen Haaren verteilen, über das schwarze Bandshirt mit irgendeinem unleserlich verschnörkelten Bandnamen, bis hin zu den auf Hüfte sitzenden Tarnfleck-Cargohosen in shocking pink.


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A/N: Da hat die liebe Jess doch gleich mal ihre Rivalin in die Tussi-Schublade einsortiert - in ihrer absoluten Alptraumfarbe Barbie-Pink. Hoffentlich rächt sich das nicht später irgendwann.

Apropos irgendwann... Bevor es irgendwann mit den Schreibprompts aus dem März weitergeht, habe ich nicht nur den Prompt von _Jay_M_ in die Story eingebaut, sondern kündige noch einen weiteren an. Doch dazu demnächst mehr in diesem Theater.


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