Keine halben Sachen

Kapitel 6

April

Einen so entspannten Abend hatte ich schon lange nicht mehr und nach anfänglichen blöden Sprüchen wandelten sich diese schnell in wilde Gespräche und Blödeleien um. Das darauffolgende Training war aufgrund meiner Trainingseinheit mit Eric zwar sehr anstrengend aber ich merkte immer mehr wie weit nach vorne mich das Training mit den Jungs brachte. Ebenfalls hatte ich das Gefühl sie würden auch von mir profitieren und so passierte es, dass ich mich bereits nach einer Woche wohl in diesem Team fühlte. Zu meiner Zeit am College war das nicht passiert und auch als ich noch als Teenager in der Jugendmannschaft spielte fiel es mir schwer mich an das Team zu gewöhnen. 

Heute war Donnerstag und ich saß bereits im Flieger in Richtung New York. Am Flughafen sollte mich dann meine Beste Freundin und Braut Rina abholen damit wir uns zusammen auf den Weg zum Hotel machen. Ich hatte Glück, dass wir noch am Anfang der Saison waren und der Coach für den Freitag und auch das Wochenende keine Trainingseinheit angesetzt hat. Eigentlich hatte ich geplant erst am Freitag anzureisen damit ich Rina noch bei ihren Vorbereitungen helfen konnte aber aufgrund der Planänderung fand mein Besuch jetzt schon früher statt. Ich freute mich meine Freundin endlich wiederzusehen. Wir hatten uns seit meinem Draft nicht mehr gesehen. Sie war mit den Vorbereitungen für ihre Hochzeit beschäftigt, bei der ich ihr vom weiten aus geholfen hatte so gut es ging, und ich war damit beschäftigt einige Dinge zu klären. Umso mehr freute es mich, dass sie entschieden hatte nicht mit ihrem Partner zur Location zu fahren sondern mich abzuholen und mit mir, wie wir es in der Vergangenheit so häufig gemacht hatten, einen Girls Only Roadtrip zu veranstalten. Ich liebte es wenn wir stundenlang durch die Gegend fuhren und die Zeit nutzen konnten um nur zu quatschen oder Quatsch zu machen. Andrew war mit Rina schon seit der High School zusammen und ich kannte kein Par das besser miteinander harmonierte als die Beiden. Damit ich alles was ich für dieses Wochenende brauchte auch mitnehmen konnte, hatte ich sowohl ein Handgepäck als auch einen großen Koffer mit dabei den ich jetzt hinter mir herzog und am Eingang auf meine Freundin wartete. "Bist du April Morrow?", hörte ich eine kleine piepsige Stimme neben mir und wand mich zu dem Mädchen um, das mich nun mit großen Augen ansah. "Die bin ich und wer bist du?" Das Mädchen bekam augenblicklich noch größere Augen und eine leichte Röte bildete sich auf ihren Wangen ab. "Ich bin Lesley und spiele genauso wie du auch Eishockey. Wenn ich groß bin möchte ich so werden wie du!", das Kleien Mädchen war richtig in Redelaune bis wir von einer gestressten weiblichen Stimme unterbrochen wurden die nach ihr rief. Als die Frau, vermutlich Lesleys Mutter, bei uns ankam sah sie das Mädchen böse an. "Du kannst doch nicht einfach so weglaufen, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht." Das Mädchen sah betreten zu Boden und ich Mutter schmunzeln, Lesley schien ein ganz schöner Wirbelwind zu sein. "Tut mir leid Mommy aber guck mal wen ich gefunden habe, April Morrow." Jetzt strahlte das Mädchen wieder und ihre Mutter sag mich verwundert an. "Es tut mir sehr leid Miss Morrow, eigentlich weiß Lesley, dass man nicht einfach so fremde Menschen ansprechen soll und erst recht nicht weglaufen." Ich lächelte die Mutter des Mädchens an. "Das ist überhaupt kein Problem. Lesley erzählte mir das sie auch Eishockey spielt und es freut mich das ich als Vorbild dienen kann." Der gestresste Ausdruck auf dem Gesicht der Mutter verschwand und sie strich durch die dunklen Locken ihrer Tochter. "Das stimmt. Lesley ist ein riesiger Fan, erst mussten wir alle Spiele der Seattle Lions ansehen und jetzt wird es darauf hinauslaufen, dass wir zu den Seattle Seadevils umschwenken müssen. Leider ist mein Mann kein so großer Fan der Seadevils, er ist eher für die New York Chargers. Das wird noch zu großen Diskussionen führen." Sie lachte in sich hinein und auch Lesley schien wieder aufzutauen. "Daddy hat einen schrecklichen Sportvereine Geschmack. Jedes Team das er anfeuert verliert, das ist so langweilig." Ich musste kurz auflachen genauso wie Lesleys Mutter. "Das solltest du deinem Vater besser nicht so unter die Nase reiben. Aber jetzt komm, wir wollen Miss Morrow nicht weiter aufhalten." Lesley nickte ihrer Mutter zu und sah mich noch einmal mit großen Augen an. "Darf ich noch ein Foto mit dir machen und würdest du auf meine Trikot unterschreiben?" Fragend sah mic das kleine Mädchen an und ich legte den Kopf leicht schief. "Natürlich es wäre mir eine große Ehre mit dir ein Foto zu machen." Auf meine Antwort hin schmiss sie ihren Rucksack auf den Boden und sprang auf mich zu. Ich ging in die Hocke um mit ihr auf Augenhöhe zu sein und Lesleys Mutter machte schnell mehrere Bilder. Im Anschluss unterzeichnete ich noch ihr Trikot und verabschiedete mich von den Beiden. Als ich den Beiden hinterher sah quasselte Lesley fröhlich auf ihre Mutter ein die sie mit einem Lächeln betrachtete. "Du spielst noch nicht einmal eine Woche bei den Seadevils und schon wirst du auf der Straße angesprochen. Ich glaube du bist schneller prominent geworden als du es gedacht hast. Mir war das ja schon von vorne herein klar mit deiner Hammerfigur aber wer hat mir mal wieder nicht geglaubt." Die Stimme meiner besten Freundin sorgte dafür das ich mich von dem Mutter Tochter Gespann losriss und mich strahlend zu ihr herumdrehte. "Rina!" Ich quietschte und sprang meiner Freundin an den Hals. "Ich habe dich auch vermisst du kleiner Teufel." Rina lachte und drückte mich noch einmal feste an sich. "Das will ich auch für dich hoffen. Wo ist dein Auto?" Rina lachte und nahm mir meinen kleinen Koffer ab. "Ich stehe sofort hier vorne, komm." Gemeinsam gingen wir zum Auto und als wir die Koffer eingepackt hatten stiegen wir ein. Wir hatten besprochen das die erste zeit Rina fuhr und wir danach wechseln würden. "Erzähl was habe ich verpasst in dieser Woche?" Ich hatte es mir in meinem Sitz bequem gemacht und meine Beine von mir gestreckt. "So sehr ich Andrew auch liebe aber ich bin froh wenn der Samstag vorbei ist. Dieser Mann treibt mich mit seiner Ruhe in den Wahnsinn. Er holt erst morgen seinen Anzug ab und auch Eric wird erst am Freitag kommen und das allerdings auch erst abends weil er noch arbeiten muss. Du weißt ja wie das bei Eric ist." Ich nickte. Ich kannte Andrews Besten Freund nur von Erzählungen her, wir hatten immer mal wieder versucht uns zu viert zu treffen doch immer wieder kam etwas dazwischen. Rina und ich hatten uns an meinem ersten Jahr im College kennengelernt. Sie hatte eine neue Mitbewohnerin gesucht und weil ich nicht in ein Studentenzimmer ziehen wollte sondern meine Ruhe suchte aufgrund des Sports bewarb ich mich bei ihr und bekam prompt das Zimmer. Man könnte sagen es war Liebe auf den ersten Blick. An dem Tag an dem Rina ihre Besichtigungstermine hatte hatte ich noch am selben Abend eine Nachricht von ihr bekommen in der sie mir das Zimmer anbot. Rina war im vierten Semester für ihr Jura Studium gewesen und hatte nach einer ruhigen Mitbewohnerin gesucht. Ihr Freund Andrew hingegen hatte an unserem College keinen Platz bekommen und studierte in New York Medizin. In der Zeit in der ich bei Rina wohnte lernte ich viel über mich selbst und merkte selbst, dass Rina eine Person war auf die ich mich immer verlassen konnte. Sie erzählte mir auch von Andrew und ihrer Geschichte und ließ dabei auch nicht aus, dass Andrews Freund Eric wie geschaffen für mich wäre. Sie hatten auch schon geplant, dass wir uns treffen könnten doch immer wenn Andrew in die Stadt kam hatte ich ein Auswärtsspiel und so sah ich ihn erst an Rinas Abschluss. Auch mit Andrew hatte ich mich von vornherein sehr gut verstanden und so war es für mich überhaupt keine Überraschung, dass Andrew Rina einen Heiratsantrag machte sobald sie zu ihm nach New York gezogen war, dort als Anwältin arbeitete und er seinen Abschluss als Mediziner machte. "Das weiß ich, schließlich betonst du immer wieder wie gut er doch zu mir passen würde. Dir ist aber hoffentlich bewusst, dass ich ihn immer noch nicht kenne und auch erst recht keine Zeit für einen Partner habe." Ich schob meine Sonnenbrille in meine Haare und sah sie von der Seite aus an. "Jaja, das sagst du seit wir uns kennen. Du willst doch nicht einsam und mit 30 Katzen sterben." Das war ihre Standardantwort auf meine Aussage und ich schmunzelte. "Katzen sind sehr lieb und kuschelig." Ich wusste das ich sie damit nerven würde aber das war mir egal. "Ok Themenwechsel es ist nicht gut wenn die Braut sich vor der Hochzeit aufregt, das gibt unschöne Falten." Jetzt musst eich wirklich lachen und Rina stimmte mit ein. "Was steht für heute und morgen noch auf dem Plan?" Fragte ich sie und sie lächelte. "Für heute habe ich uns den Wellnessbereich gebucht damit wir ungehindert lästern und uns verwöhnen lassen können. Morgen startet der Tag dann mit einem netten Frühstück und danach geht es zur letzten Anprobe schließlich hast du immer noch nicht dein Kleid anprobiert wofür ich dich im übrigen erwürgen könnte." Rina fuhr auf die Autobahn und ich öffnete eine Cola Dose. "Darfst du die überhaupt trinken?" Ich hob eine Augenbraue an und nahm einen großen Schluck der Cola. "Willst du mich beim Coach verpetzen oder bist du gerade auf Streit aus?" Ich nahm noch einen schluck und nahm ihr Gemurmel wahr. "Ich habe dich leider nicht verstanden." "Du bist so eine Nervensäge", lautete ihre Antwort und ich bot ihr die Dose an die sie dankend annahm. "Das sagst du schon seit Jahren und trotzdem bist du immer noch mit mir befreundet." Jetzt musste auch sie lachen. Sie rechte mir die Dose zurück und ich stellte sie in die Mittelkonsole. "Was Das Thema Hochzeit anbelangt. Du bist meine erste Trauzeugin und Eric ist Andrews erster Trauzeuge. Außerdem seit ihr beiden die Einzigen die ohne Begleitung zu unserer Hochzeit kommen. Deswegen haben wir beschlossen euch nebeneinander zu setzen und das ihr nebeneinander herlauft bei der Trauung." Mir klappte der Mund auf und ich drehte mich nun ganz im Sitz zu ihr um. "Und das sagst du mir erst jetzt? Muss ich mir auch noch das Zimmer mit ihm teilen oder darf ich alleine schlafen?" Rina schnaubte und verzog ihre Lippen zu einem Lächeln. "Jetzt sei mal nicht albern, was ist denn schon dabei?" Es war nichts dabei aber sie machte daraus so einen Staatsakt das ich das Gefühl hatte es wäre etwas hoch wichtiges. "Es ist nichts dabei aber du hättest mich doch wenigstens vorwarnen können. Du weißt ich brauche immer zeit um mich an etwas zu gewöhnen." Rina legte mir kurz eine Hand auf mein Bein. "Ich weiß Sweetie, es tut mir leid. Aber Eric ist ein netter, aufmerksamer, charmanter und gut aussehender Mann. Ich dachte nicht das dich so etwas stören würde." Ich öffnete meinen Pferdeschwanz und strich mir durch die Haare. "Das er gut aussehend ist kann ich nicht beurteilen schließlich habe ich ihn noch nie gesehen aber da ihr beiden schon seit Jahren von ihm schwärmt und du sogar meine Mutter damit infiziert hast werde ich dir einfach mal vertrauen." Rina lachte und auch ich musste lachen. "Gern geschehen",  lautete ihre Antwort und ich schüttelte meinen Kopf. Kurz darauf klingelte Rinas Telefon und ich sah in der Freisprecheinrichtung, dass es sich bei dem Anrufer um Andrew handelte. "Hey Schatz", Rina nahm das Telefonat an und ich sah wie sie automatisch anfing zu lächeln. "Hey Liebling, hast du die Nervensäge schon abgeholt?" erklang Andrews Stimme aus dem Lautsprecher und ich sah mich genötigt zu protestieren. "Wer ist hier die Nervensäge? Deine Zukünftige hat sich gerade bei mir lang und breit darüber ausgekotzt wie unmöglich du bist. Wir sind übrigens gerade auf den Weg nach Hawaii weil sie die Hochzeit abgesagt hat." kurz war es still am Telefon bis ich das schallende Gelächter am anderen Ende der Leitung wahrnahm. "Es ist immer wieder schön dich zu hören. Wie geht es dir? Haben die Jungs dich diese Woche in die Mangel genommen?" Ich unterhielt mich noch eine ganze Weile mit Andrew bis Rina uns unterbrach. "Ich habe April eigentlich abgeholt damit ich meine Beste Freundin eine Zeit für mich allein habe. Gibt es einen Grund warum du anrufst?" "Es ist immer wieder schön wie du mir zeigst das du mich liebst mein Schatz. Aber ich tue jetzt mal so als wäre ich nicht zu tiefsten verletzt weil du mir ein Gespräch mit April verweigerst. Ich wollte nur nachfragen ob du es ihr schon gesagt hast?" Ich zog meine Schuhe aus und nahm das rechte Bein auf meinen Sitz. "Habe ich und sie hat so reagiert wie ich es gesagt habe also schuldest du mir 50 $", Rina grinste und ich sah sie empört an. "Ihr habt gewettet wie ich reagiere?" Jetzt lachte auch Andrew und ich strich mir erneut durch die Haare. "Ihr seid beide unmöglich." "Ich weiß und deswegen muss ich diese unglaubliche Frau einfach heiraten." Rina wurde rot und ich brachte nur ein Würgegeräusch zustande. "Ok, ich wollte euch nicht lange stören. Ich freue mich auf euch und liebe dich Baby. Fahrt schön vorsichtig und stellt nichts an." Damit legten wir auf und verfielen wieder in ein Gespräch wie wir es immer wieder führten und das dafür sorgte das wieder ein bisschen Normalität einkehrte in unser beider Welten.