Kapitel 16

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Am Abend fand ich mich zwischen Unmengen von Töpfen, Tellern und Schüsseln wieder. Rechts und links neben mir stapelte sich Besteck und verschiedenste Gläser. Während ich über dutzende Sorten Gemüse und Fleisch auf dem Herd wachte, war Reid geschäftig dabei, den Tisch zu decken. Schon seid dem Einkauf am Nachmittag war ich furchtbar aufgeregt, aber Reid schien immun gegen meine Nervösität. "Glaubst du es schmeckt ihnen?", fragte ich ihn, während ich in den bunten Paprika auf dem Herd rührte. Reids Haarschopf tauchte in meinem Blickfeld auf und er lächelte mich breit an. "Sicher, es riecht doch schon ganz köstlich." Nachdem ich mich versichert hatte, dass mein Gericht ruhig vor sich hin köchelte, half ich Spencer den Tisch herzurichten. Während er sich um Teller und Besteck kümmerte, polierte ich noch einmal die Gläser, richtete den Wein her und rückte die Stühle zurecht. Zufrieden begutachteten wir am Ende unser Werk und klatschten uns gegenseitig ab. "Kann ich dir noch helfen?", fragte Spencer. Er legte seinen Arm vorsichtig um meine Taille und musterte mich aufmerksam. Ich schloss seufzend die Augen und lehnte mich gegen ihn. "Nein, es ist gleich alles fertig." Ich grinste und lief wieder zurück in die Küche. Das Essen war fertig, Reid und ich standen quasi schon in den Startlöchern, abwartend, wenn denn der Rest des Teams in meiner Wohnung eintrudeln würde. Keine zehn Minuten später läutete es und ich sprang von dem Sofa auf. Mit Schwung öffnete ich die Tür für Morgan und Garcia, welche mich fröhlich begrüßten und sich neugierig in meinem Zuhause umsahen. Reid wurde ebenfalls begrüßt, nachdem Garcia und Morgan mich mit nach oben gezogenen Augenbrauen gemustert hatte und nun verschwörerisch tuschelnd nebeneinander in meinem Wohnzimmer Platz genommen hatten. "Wie gehts es dir, Süße?", fragte Garcia und deutete auf die Weinglasche in meinen Händen. Während ich ihr ein Glas einschenkte, Morgan verzichtete vorerst, erzählte ich ihnen von den Therapiestunden und Reids Hilfe. "Es geht gut voran. Mittlerweile habe ich weniger Angst alleine zu sein. Ich komme besser zurecht, ich hoffe, dass meine Fortschritte genauso gut weitergehen." Morgan sah mich an und ich meinte einen gewissen Stolz in seinem Blick zu sehen. "Das machst du toll, Lil. Wir sind und sicher das du das schaffst." Alle drei nickten bekräftigend und ich grinste verlegen. In der nächsten halben Stunde trudelten auch J.J., Hotch, Emily und Rossi ein. Sie schienen alle ziemlich erschöpft, aber glücklich zu sein. Ich war froh das wir alle in gemütlicher Runde zusammen saßen und uns einmal ausführlich unterhalten konnten. JJ erzählte uns von den Abenteuern einer frischgebackenen Mama und sorgte für einige Lacher. Als Morgan, Garcia und Reid damit aufzog, dass er sie für einen Fitnesstest über dutzende Runden des ansässigen Sportplatzes gescheucht hatte, war es auch um mich geschehen. Mit dem Handrücken wischte ich mir über die nassen Augenwinkel.
Während ich das Essen servierte wurde fröhlich miteinander und untereinander geplaudert. Anschließend wurde angestoßen. Ich hatte das Bedürfnis ein paar Worte loszuwerden, erhob mich und sah jedem der Anwesenden kurz in die Augen. Gebannt schienen diese die Luft anzuhalten und mir zuzuhören. "Ich möchte mich hiermit nocheinmal von ganzem Herzen bei euch bedanken. Nicht nur das ihr mich aus diesem Keller befreit habt, sondern das ihr hinter mir steht und mich während dieser Zeit unterstützt. Ich weiß, ich bin neu und muss mich erst in das Team einfinden, aber ich habe das Gefühl, dass ich jetzt schon von euch in eure kleine Familie aufgenommen worden bin. Ich habe einen Ort gefunden, wo ich mich wohl und sicher fühle, und dieser Ort ist mitten unter euch. Und bevor ich jetzt anfange zu heulen, hoffe ich, dass euch das Essen schmeckt und ihr ordentlich zulangt. Reid und ich haben uns große Mühe gegeben", beendete ich meine Rede und setzte mich schnell wieder auf meinen Platz. Die gesamte Runde prostete mir zu und widmeten sich anschließend dem Inhalt der unzähligen Töpfe. Eine Zeit lang sah ich zu, wie meine Freunde sich über die Mahlzeit hermachten. Reid stupste mich in die Seite und grinste. Ich schnitt eine Grimasse und begann zu essen.

Der Abend wurde noch lang, ging bis tief in die Nacht, obwohl das Team am nächsten Tag schon früh wieder im Quartier der BAU erscheinen musste. In drei Wochen würde es auch für mich wieder heißen, die Bösen hinter Gitter zu bringen, die Guten zu retten und zu beschützen. Bis dahin hatte ich versprochen, weiter an mir zu arbeiten. Mit der Hilfe die mir zugesichert wurde, war ich sicher das ich es schaffen würde.
Als sich alle außer Reid und Morgan verabschiedet und bedankt hatten, saßen wir zu dritt auf meinem Sofa, jeder noch ein letztes Glas Wein in der Hand, seinen Gedanken nachhängend.
Plötzlich lehnte sich Morgan zu mir und flüsterte mir ins Ohr: "Was läuft eigentlich zwischen dir und Pretty Boy?" Prustend verschluckte ich mich an dem letzten Schluck Wein und hustete heftig. Morgan begann zu Lachen und klopfte mir eher halbherzig auf den Rücken. Als ich Reids verwirrten Gesichtsausdruck sah, begann auch ich zu lachen und weihte ihn schnell ein, da er Morgans Frage nicht mitbekommen hatte. Unter Morgans und meinem Blick begann Spencer plötzlich rot anzulaufen und verlegen zu Boden zu sehen. "Na ja, also, ich weiß nicht, also...du weißt schon", stotterte er unbeholfen. Das Morgan sich vor Lachen krümmte machte es nicht unbedingt leichter. "Ich weiß nicht wie Lil darüber denkt", flüsterte Reid und sah mir tief in die Augen. Für einen Moment waren nur noch wir beide anwesend, Morgan blendeten wir einfach aus. "Du weißt was ich denke", sagte ich ebenso leise. "Würdest du es denn mit mir aushalten? Meine Macken, all meine Fehler und..." Schnell unterbrach ich ihn. "Würdest du es denn mit mir aushalten? All meine Ängste, Sorgen, meine Unsicherheiten." Stumm sahen wir uns an, versuchten das jeweilige Gegenüber zu lesen, dessen Gedanken zu erraten. "Ich würde es versuchen", sagte Spencer und nahm meine Hand. "Es gibt für nichts eine Garantie. Vielleicht schaffen wir es nicht, aber dann hätten wir wenigstens die Gewissheit, es versucht zu haben, nicht wahr?", fragte ich und lächelte ich schief an. "Dann sind wir uns einig", murmelte er und seine Augen funkelten mir entgegen. Erleichtert, aber auch aufgeregt und schüchtern, als würden wir uns zum ersten Mal richtig und wahrhaftig sehen, nahmen wir einander in die Arme. Lange hielten wir uns gegenseitig, schlossen ein stilles Band für die Zukunft.
"Und ich?", fragte Morgan und wir wurden uns plötzlich seiner Anwesemheit wieder bewusst. "Dich lieben wir doch am meisten", scherzte Reid und neckte ihn schelmisch. Derek ließ sich nur alzu gerne darauf ein und ich beobachtete die beiden erwachsenen Männer, wie sie wie kleine Jungen miteinander rangen und ich schließlich mitten in die stürmische, unfreiwillige Umarmung geriet.

Als auch Spencer und Derek aufgebrochen waren, räumte ich das Esszimmer auf und beseitigte die gröbsten Spuren unseres Zusammentreffens. Müde und erschöpft, aber unglaublich glücklich ließ ich mich in mein Bett sinken. Mein Blick fiel aus dem geöffneten Fenster auf den tiefblauen Nachthimmel. Abertausende Sterne glitzerten in ihrem Licht miteinander und machten mich schläfrig. Ich stellte mir vor, dass meine Eltern dort oben waren. Zusammen mit Damien würden sie von dort auf mich hinunter sehen, mich begleiten und mich beschützen. Genauso wie meine neu gewonnenen Familie hier unten.

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