Kapitel 05

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The Angel Maker

"Das ist Dilayla Granon, sie wurde in ihrer Wohnung in Lower Canaan, Ohio, tot aufgefunden. Sie wurde vergewaltigt und erschlagen." Penelope vergrößerte ein Bild auf dem Bildschirm, das eine junge Blondine mit Blut überströmten Kopf und gefalteten Händen in ihrem Bett zeigte. Noch während ich überlegte was ich sagen sollte, schaltete sich Derek Morgan ein. "Wahrscheinlich ein Ritual, er hat sie erschlagen und faltete ihre Hände, um sie ihr auf die Brust zu legen." Sein Blick wich von dem Bild ab und schweifte Spencer Reid, an dem er vorbei ging und ihm mit einem verschmitzten Lächeln durch die Haare fuhr. "Tolle Frisur, übrigens." Schnell hatte sich der Doktor die Strähne aus dem Gesicht gewischt und antwortete mit einem verlegenen Grinsen. "Danke", murmelte er. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht auch zu lachen, es war ziemlich süß. Schnell riss ich mich wieder zusammen und hörte den übrigen Teammitgliedern aufmerksam zu. Ich als Neuling saugte die Vermutungen dieser Profis auf wie ein Schwamm. "Außerdem...", fuhr Garcia fort, "...befinden sich auf dem Bauch der Opfer kleine Stichwunden." Das entsprechende Bild blitzte auf dem Bildschirm auf und zeigte den Bauch der Frau, auf dem kleine rote Einstichstellen zu sehen waren. "Gibt es weitere Opfer?", fragte Emily. "Nun ja, gewissermaßen.", murmelte JJ. "Wie meinst du das?", mischte nun auch ich mich ein. "Vor zehn Jahren gab es in dieser Stadt einen Serienmörder, die Victimologie stimmt genau überein. In zehn Monaten gab es sechs Opfer und der Täter nannte sich selbst..." In diesem Moment fiel Hotch ihr ins Wort. "Der Engelmacher."

Der Engelmacher? Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, warum dieser Typ sich ausgerechnet 'Engelmacher' nannte. Sah er sich, als Mörder der Frauen, dazu auserkoren, sie zu Engeln zu machen?

"Er wurde geschnappt. Und hingerichtet.", meinte Rossi. Verblüfft sah ich ihn an. Der Mann war tot? Im nächsten Moment verstand ich es, wahrscheinlich ein perfekter Nachahmungstäter. "Er starb gestern vor einem Jahr durch die Giftspritze." "Mord zum Jahrestag.", murmelte ich. Reid blickte in die Akte die aufgeschlagen vor jedem von uns lag. "Am Tatort wurde Sperma gefunden. Vielleicht bringt ein Abgleich Ergebnisse?" JJ schüttelte den Kopf. "Der Abgleich hat schon stattgefunden. Die Ergebnisse der DNA stimmen mit der des Engelmachers überein." Ungläubig sah ich JJ an. Wie konnte das sein? "Packt eure Sachen, in zwanzig Minuten fliegen wir nach Ohio." Hotchs Ansage ließ alle Beteiligten eilig ihre Akten zusammenräumen und nach draußen eilen, während ich verloren am Tisch sitzen blieb. Ich fragte mich, ob ich wirklich bereit für einen Außeneinsatz war. Außerdem hatte ich keine Ahnung was ich nun tun sollte. Weder wusste ich, wohin ich fahren sollte, geschweige denn, welches Flugzeug wir besteigen sollten, ich war vollkommen überfordert. "Agent Beckett?", fragte mich plötzlich eine Stimme. Ich erhob mich und drehte mich zu meinem Teamleiter um. "Fahren Sie mit Morgan. Er wird Ihnen helfen den Weg zu finden und ihre Notfalltasche zu packen." Damit drehte er sich um und ließ mich mit Morgan im Konferenzraum stehen. "Ja, Sir.", murmelte ich und sah Morgan an. Dieser grinste und bedeutete mir ihm zu folgen.

Wir blieben vor seinem SUV stehen und während Derek die Autoschlüssel aus seiner Jackentasche holte, fragte ich ihn, was eine Notfalltasche sei und wie genau alles nun ablaufen würde. "Nun, zuerst einmal...", sagte er, während wir einstiegen und er den Motor startete, "...fahren wir zu Ihnen und sie können das Nötigste für ein paar Tage Dienst mitnehmen. Frische Kleidung, Hygieneartikel, vielleicht etwas persönliches, wie etwa ein Bild oder ähnliche Dinge. Dann fahren wir zu mir, ich hole nur schnell meine Tasche und dann machen wir uns auf den Weg zum Flughafen." Ich nickte stumm. Es wurmte mich die Sache mit den persönlichen Dingen. Was hatte ich an 'persönlichen Dingen'? Das Bild der Nagelschere blitzte vor meinem inneren Auge auf und etwas in meinem Kopf flüsterte: "Falls es dir schlecht geht und du Ablenkung brauchst..." Energisch schüttelte ich den Kopf. 'Nein', dachte ich, 'Ich bin jetzt abgelenkt genug. Als FBI Agent darf ich mir nie mehr so ein Verhalten erlauben. Ich darf nicht zerstören, was ich mir grade aufbaue!' Ich sah Derek an. "Ich weiß es gehört sich nicht, wenn ich als Neuling Ihnen das "Du" anbiete, aber sie müssen mich nicht Siezen." Er sah mich an und lächelte. "Kein Problem, ich habe es eh lieber nicht auf höflich zu machen. Ich bin Derek." Leicht grinste ich, hatten wir das nicht schon mal? "Lillyanne, Lil reicht.", und grinste leicht. Ich nannte ihm meine Adresse und kurze Zeit später hielt er am Straßenrand und ich sprang aus dem Fahrzeug. Als Derek mir folgen wollte, winkte ich ab und meinte das ich nur ein paar Minuten bräuchte. Tatsächlich war ich vier Minuten später und vollkommen außer Atem am Wagen angelangt und hatte meine alte, schwarze Sporttasche auf den Knien. Während ich mich anschnallte und Morgan wieder an fuhr, pfiff er leise. "Wow, dass ging wirklich schnell. Hast du auch nichts vergessen?" Misstrauisch beäugte er meine Tasche. Ich schüttelte den Kopf. "Hab alles dabei.", meinte ich. Wir hielten noch an seiner Wohnung, bevor wir zum Flughafen aufbrachen und eine Viertelstunde nach Beendigung des Briefings in einem Jet saßen.

Fateful DaysWhere stories live. Discover now