~~ Marcus ~~

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Leise schloss ich die Tür hinter mir, bevor ich barfuß und nur in Jogginghose in die Küche ging, um zu schauen, was ich zum Abendbrot machen könnte. Als ich den Kühlschrank öffnete, erkannte ich, dass ich freie Wahl hatte. Catherine, meine Haushälterin, war heute wohl einkaufen gewesen. Ich überlegte hin und her und entschied mich dann für Lasagne.
Als die Form schließlich im Ofen war, wusch ich schnell noch alle Hilfsmittel ab, bevor ich mich an den Tisch setzte und die restlichen E-Mails vom Nachmittag beantwortete.
Das Essen war fast fertig, als ich seine Schritte hörte und als ich aufschaute, staunte ich nicht schlecht. Er war ebenfalls barfuß, doch statt Jogginghose trug er mein Hemd. Was ihm natürlich viel zu lang war und bis zur Mitte seines Oberschenkels reichte. Lang genug, um alles zu verdecken, aber viel zu lang für meinen Geschmack. Ich hätte absolut nichts dagegen gehabt, wenn er nackt herumgelaufen wäre. Allerdings würden wir in dem Fall nicht zum Essen kommen.
»Hey, ich ... ich hoffe, das ist in Ordnung. Meine Sachen liegen noch im Bad«, meinte Dennis fast schüchtern und deutete auf das Hemd.
»Kein Problem.«
Dennis nickte, bevor er sich abwandte.
»Wo willst du hin?«, fragte ich, obwohl ich es mir denken konnte und als wollte mich das Schicksal unterstützen, verkündete der Ofen, dass die Lasagne fertig war. »Das Essen ist fertig.«
»Ich ... ich wollte mich nur umziehen.«
»Bleib so«, sagte ich nur.
Dennis sah mich etwas überrascht an, bevor er näher kam.
»Setz dich«, wies ich ihn an, bevor ich aufstand, um die Lasagne aus dem Ofen zu holen und auf den Tisch zu stellen. Dann holte ich noch zwei Teller und Besteck.
»Was möchtest du trinken?«, fragte ich.
»Ähm ... Wasser reicht, danke, Sir.«
»Lass das "Sir" für heute Abend.«
»Ähm ... o-okay.« Seiner Stimme war deutlich anzuhören, dass es ihn verunsicherte und obwohl ich es liebte, mich so respektvoll anreden zu lassen, gab es Zeiten wie jetzt, wo es für mich nicht hingehörte. Das sollte ein normales Abendessen werden, ohne Machtgefälle.
»Ich hoffe, du magst Lasagne.«
»Sehr gern, danke«, erwiderte Dennis höflich, als ich ihm eine große Portion gab. Der Kerl hatte nicht wirklich viel auf den Hüften. Es konnte ihm nicht schaden.
Nachdem ich mir ebenfalls etwas auf den Teller getan hatte, setzte ich mich ihm gegenüber. »Lass es dir schmecken.«
»Sie ... du dir auch.«
»Wie fandest du die Liebesschaukel?«, fragte ich nach ein paar Bissen und beobachtete, absolut nicht überrascht, wie sofort eine leichte Röte Dennis' Wangen überzog. Er war Feuer und Flamme während Sessions und konnte sich gut fallen lassen, wenn er erstmal über einen bestimmten Punkt hinaus war, aber wenn es darum ging, über Sessions zu sprechen, wurde er ganz schüchtern. Ziemlich niedlich.
»Gut«, meinte er nur, während er auf sein Essen hinabstarrte.
»Und das Spielzeug?«, fragte ich mit einem wissenden Schmunzeln, was er durch seine Konzentration auf seine Gabel nicht sehen konnte. Wie erwartet, intensivierte sich das Rot seiner Wangen gleich noch weiter.
»Sehr gut«, meinte er leise und ich beließ es dabei. Seine Geräusche während der Session hatten mir sowieso schon alle Antworten gegeben.
Ich wechselte das Thema zur Arbeit, was Dennis zu erleichtern schien, und er taute nach ein paar Minuten immer mehr auf, während er mir davon erzählte, was er so alles die Woche gemacht hatte. Was ihn faszinierte, aber auch, was ihn langweilte, und ich freute mich, dass er so offen mit mir sprach, auch wenn ich sein Boss war.
Dennis schaffte seine ganze Portion und nahm sich sogar noch Nachschlag.
»Das schmeckt wirklich gut, Si ... Marcus.«
»Freut mich zu hören.«
Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas, während ich beobachtete, wie Dennis sich über seinen Nachschlag hermachte. Ich hatte eigentlich vorgehabt, ihm nach dem Essen ein Taxi zu rufen, aber ...
Bevor ich Dennis fragen konnte, ob er die Nacht bei mir verbringen wollte, klingelte es plötzlich.
»Erwartest du Besuch?«, fragte Dennis, als ich nicht reagierte.
»Nein.« Da klingelte es ein zweites Mal.
Mit einem leisen Seufzen erhob ich mich und ging zur Tür. Ich hoffte, es war wichtig.
»Ja?«, fragte ich in die Gegensprechanlage.
»Hey Marcus, ich bin's.«
Ich biss die Zähne zusammen, als ich seine Stimme hörte.
»Was willst du hier?«, fragte ich finster.
»Ich glaube, du hast noch ein Shirt von mir.«
Das war doch wohl nicht sein Scheiß-Ernst!
»Ich habe zu tun. Komm nie wieder«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass er sich davon nicht vertreiben ließ.
»Komm schon, Marcus! Ich brauche das Shirt morgen. Es geht auch ganz schnell.«
Ich überlegte. Hin und her. Ich wollte einfach nur, dass dieser Kerl aus meinem Leben verschwand! War das zu viel verlangt?
»Aber schnell«, gab ich schließlich nach und betätigte den Knopf, der ihm erlaubte, mit dem Fahrstuhl hochzukommen.
Es dauerte nicht lange, bis sich die Fahrstuhltüren öffneten und er mir gegenüberstand.
»Hey, Großer!«, begrüßte er mich mit einem unschuldigen, breiten Lächeln, dass mich ihn nur finster anschauen ließ.
»Wegen eines Shirts?«, fragte ich ihn nur.
Er zuckte mit den Schultern, bevor er einfach an mir vorbei in die Wohnung kam, als wäre es selbstverständlich. Was es auch mal war, aber nicht mehr. »Es ist mein Lieblingsshirt.«
Wer's glaubt ...
Ich folgte ihm in die Küche, wo er abrupt stehen blieb, als er Dennis erblickte.
Ja, schau genau hin. Ich brauche dich nicht länger, denn ich habe jemand anderen gefunden.
»Hallo«, meinte Dennis schüchtern, während er den Saum meines Hemdes festhielt, damit nichts hochrutschte.
»Na hallo, wer bist du denn?«
Dennis' Blick huschte unsicher zu mir.
»Das geht dich nichts an«, antwortete ich an Dennis' Stelle. »Jetzt hol das Shirt, damit du wieder gehen kannst.«
»Ich störe wohl gerade?«, fragte Vincent frech grinsend und wackelte sogar mit den Augenbrauen.
Ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust. »Ganz genau.«
»Du bist so gemein, Marcus!«, beschwerte sich Vincent, bevor er auf Dennis zuging und ihm die Hand hinhielt. »Vincent.«
Dennis zögerte, sein Blick zuckte erneut zu mir, bevor er seine Hand ausstreckte und Vincents schüttelte. »Dennis.«
»Niedlich«, kommentierte Vincent nur, bevor er sich den Stuhl neben Dennis hervorzog und sich setzte. »Sag, woher kennst du Marcus?«
Das reichte! Ich ging auf die beiden zu, packte Vincent am Arm, bevor ich ihn nicht gerade sanft hoch- und hinter mir her Richtung Schlafzimmer zog.
»Schon gut, schon gut!«, versuchte er mich zu besänftigen, doch ich schubste ihn nur zum Kleiderschrank.
»Hol dein Shirt, auch wenn ich nicht glaube, dass es existiert.«
»Du denkst, ich lüge dich an?«, fragte er gespielt verletzt. Ich verschränkte erneut die Arme vor der Brust. Das fragte er nicht ernsthaft, oder?
»Du hast eine Minute.«
»Okay, okay, schon gut!«
Er begann, meinen Schrank zu durchsuchen. Ohne große Überraschung fand er jedoch nichts.
»Hmm, da muss ich es wohl doch schon bei mir haben.«
»Hmm, also sind da keine Sachen mehr von dir drin?«
Vincent wusste sofort, worauf ich hinauswollte, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln.
»Gut, dann kannst du ja jetzt gehen und nie wiederkommen.«
»Wer ist der Kleine in der Küche? Dein Neuer?«
»Ich wiederhole mich: Das geht dich nichts an.«
»Komm schon, Marcus, du kannst doch nicht ernsthaft immer noch sauer sein.«
»Immer noch?«, fragte ich fassungslos. »Willst du mich eigentlich verarschen?«
»Nein, ich weiß doch, dass dein Arsch tabu ist.« Er grinste, doch ich fand überhaupt nichts lustig daran.
»Verschwinde.«
»Gott, du hast dich verändert, Marcus.«
»Soll ich erst wieder nachhelfen?«, drohte ich, was Vincent dazu bewegte, das Schlafzimmer zu verlassen und zurück zur Küche zu gehen. Die leer war.
»Und weg ist er«, meinte Vincent irgendwie zufrieden, doch da kam Dennis vollständig gekleidet ebenfalls wieder in die Küche.
»Oh, du hättest dich für mich doch nicht anziehen müssen«, bemerkte Vincent, womit er Dennis gleich wieder verunsicherte.
»Ähm ... ich ... soll ich gehen?«, fragte Dennis.
»Nein.«
»Ja.«
Ich warf Vincent einen finsteren Blick zu. »Dennis bleibt. Du gehst.«
Vincent stöhnte. »Spielverderber«, murrte er, doch ging tatsächlich zum Fahrstuhl. »Bis zum nächsten Mal, Dennis, war nett, dich kennenzulernen!«
»Es gibt kein nächstes Mal. Noch einmal lasse ich dich nicht in die Wohnung«, stellte ich sofort klar und schwor mir, ihn wirklich nie wieder reinzulassen, während ich für ihn auf den Knopf drückte, der ihn zurück nach unten bringen würde.
»Wir werden sehen«, sagte Vincent noch, bevor sich die Türen schlossen.
Missmutig ging ich zurück in die Küche, wo Dennis noch immer an derselben Stelle stand wie eben.
»Tut mir leid«, sagte ich zu ihm.
»Ein ... ein Freund?«
»Mein Ex«, gab ich zu, doch mein Tonfall gab ihm zu verstehen, dass ich nicht weiter über ihn reden wollte.
Dennis nickte und kurz erfüllte angespanntes Schweigen den Raum, bis Dennis den Mund öffnete. Bevor jedoch ein Wort über seine Lippen kam, klingelte sein Handy. Nach einem kurzen, entschuldigenden Blick zu mir, zog er es aus der Tasche und nahm den Anruf entgegen.
»Ja? ... Nein, mir geht's gut ... ich bin bei Marcus.« Sein Blick traf meinen, als er das sagte, bevor er ihn schnell wieder senkte. »Nein und halt die Klappe! ... Okay, bis dann!«
Er legte auf, bevor er mich wieder ansah. »Kai hat sich Sorgen gemacht«, ließ er mich wissen. »Es wird auch spät. Ich sollte losmachen.«
Ich nickte und verwarf die Frage, die ich hatte stellen wollen, bevor wir unterbrochen worden waren. »Soll ich dich heimfahren?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, schon gut. Auf der Herfahrt habe ich gesehen, dass gleich um die Ecke eine Haltestelle ist. Aber danke!«
Ich nickte erneut, als ich ihn zum Fahrstuhl brachte.
»Danke auf jeden Fall für den tollen Abend und das leckere Essen! Oh, soll ich noch mit abwaschen?«, fiel ihm plötzlich ein.
»Nein, mach dir keine Gedanken darum.«
Er zögerte kurz, bevor er es doch akzeptierte und seine Schuhe anzog.
»Mir hat der Abend auch sehr gefallen«, ließ ich ihn wissen und als er mir unschlüssig gegenüberstand, packte ich ihn im Nacken und zog ihn zu mir, um meine Lippen auf seine zu drücken. Er gab einen überraschten Laut von sich, bevor er sich entspannte und mich gewähren ließ.
»Schreib mir, wenn du daheim bist«, meinte ich noch leise zu ihm, als ich mich löste, dann gab ich ihn frei und drückte für ihn den Knopf zur Lobby.
»Bis bald, Süßer«, verabschiedete ich ihn noch mit einem wissenden Schmunzeln, während er mich nur verdutzt ansah. Er fing sich auch nicht mehr, bis sich die Türen geschlossen hatten.

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⏰ Last updated: May 08 ⏰

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In my Submission ... (mxm, BDSM)Where stories live. Discover now