La Push

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Kapitel 7

Ich wurde von dem Geräusch, eines Eichhörchens geweckt. Ich blinzelte. Ich lag immernoch unter der großen Tanne. Meine Tasche ließ ich erstmal unter dem Baum liegen. Ich kroch unter den Zweigen hervor. Ich holte tief Luft. In der nähe weidete eine kleine Herde Wapitis. Ich lief los. Nach wenigen Sekunden war ich an einem kleinen Tümpel angrkommen, an dem drei Wapitis tranken. Ich setzte zum Sprung an und landete auf dem Rücken, des Mittleren. Die anderen suchten erschrocken das Weite. Ich schlug meine Zähne in den Hals des Tieres. Mir wurde schlecht. Ich saugte. Und dann empfand ich einen starken Schmerz in meinem Bauch. Eins meiner Kinder hatte mich getreten. Sofort ließ ich von dem Wapiti ab. Das versuchte sich in den Bäumen zu retten. Ich legte meine Hände auf den immernoch schmerzenden Bauch. Dann bäugte ich mich über den Tümpel und trank das klare Wasser. Danach lief ich schnell zurück zu meiner Tasche, um meinen Weg fort zu setzen. Ich hatte nur noch etwa drei bis vier Stunden zu laufen. Ich hatte mich diese Nacht als blinder Passagier auf einem Schiff eingenistet und war so nach Amerika gekommen. Dann war ich noch eine dreiviertel Stunde gelaufen, bis ich vor Müdigkeit fast umgefallen war. Ich hatte mich unter die Tanne gelegt und war augenblicklich eingeschlafen.

Und jetzt lief ich im dichten Grün, auf dem Weg nach La Push.

Nach zwei Stunden überkam mich der Hunger und ich nahm mir den letzten Apfel aus der Tasche. Dann lief ich wieder weiter. Ohne Pausen. Ohne Zeitgefühl.

Ich hatte mir die ganze Zeit schon Gedanken gemacht. Schuldgefühle. Wegen Mom und Dad, wegen meiner restlichen Familie...

Nach Weiteren drei einhalb Stunden wurde mir die Gegend bekannter. Es hatte angefangen zu regnen und Jakes Spuren waren fast ganz weg. Ich wusste, dass ich bald ankommen würde. Nach weiteren zehn Minuten vernahm ich den starken Geruch, nach Wolf. Plötzlich stoß etwas heftig von der Seite gegen mich. Ich reagierte zu spät und lag auf dem Boden. Mein Angreifer ragte über mir. Ein riesiger Wolf, mit gefletschten Zähnen. Ich schrie und wollte mich wehren. Er wollte mich gerade zerfleischen, als er von mir herunter gestoßen wurde. Ein rostbrauner Wolf stand schützend vor mir und fletschte die Zähne. Jake... Der andere Wolf schien eine Sekunde irritiert. Er sah mich kurz an. Dann weiteten sich seine Augen. Er machte sich klein und ging zwei Schritte zurück. Er streckte seine Vorderpfoten aus und legte seinen Kopf unterwürfig darauf. Langsam verließ Jake seine Schützerposition. Er sah mich an.

"Alles okay... Bis auf meine Arme...", sagte ich. Dabei besah ich meine schmerzenden Arme. Paul hatte auf ihnen gestanden. Es waren deutliche Abdrücke zu sehen und an einigen Stellen lief Blut, wo er sich mit seinen Krallen reingebohrt hatte. Jake drückte kurz seinen Kopf gegen mich und 'drückte' mich. Dann stand er wieder volkommen gerade da. Ich berührte seinen Hals und zeigte ihm ein Bild, auf dem ich auf ihm sitze. Er nickt und ich schwinge mich auf seinen Rücken. Paul sah mich entschuldigend an. Dann lief Jake los, in Richtung Reservat.

"Warum bist du hier?", fragte Jake ernst. Wir saßen zusammen mit Seth am Küchentisch von Emiliys Haus. "Weil ich bei dir sein wollte und mich verpflichtet gefühlt habe, herzukommen.", antwortrte ich unschuldig.

"Wo ist Emily?", fragte ich, um das Thema zu wechseln. Seth hohlte tief Luft und Jakes Miene verfinsterte sich. "Was ist mit ihr?", fragte ich unsicher.

"Sie ist... tot. Emily ist tot.", sagte Jake tonlos. Ich schnappte nach Luft. "Waa- Warum, was ist passiert?", fragte ich entsetzt. "Sie ist von den Klippen gesprungen. Anders, als Bella, hat sie es nicht überlebt.", antwortete Jake. "Selbstmord?", fragte ich bestürtzt. Jake und Seth nickten. Eine Träne bahnte sich den Weg, meine Wange herunter. Jake küsste sie sanft weg. "Jetzt kann sie bei Sam sein...", flüsterte er. Mein Bauch verkrampfte sich. Ich stönte leicht auf, vor Schmerz. Emily... Die nette, liebenswürdige, hilfsbereite Emily... Tot? Ich legte eine Hand auf den rundlichen Bauch. "Emily!", flüsterte ich, mehr zu dem Mädchen, als zu Jake oder Seth. Jake hatte verstanden und er nickte. "Unsere Tochter heißt Emily!", sagte er mit einem Lächeln in der Stimme. Seth grinste. Plötzlich wurde eine Tür aufgeschlagen und Leah kam herein.

"Was freut ihr euch denn so?", fragte sie. "Ach nichts!", sagte Seth schnell. Leahs Augen waren leicht angeschwollen und in ihrem Gesicht lag nicht der Hauch von Fröhlichkeit. Sie seufzte, dann sagte sie: "Kommt in unser Haus! Es gibt Essen." Seth sprang begeistert auf und folgte seiner Schwester nach draußen. Auch Jake und ich gingen Hand in Hand los.

"Wie hast du das eigendlich vorhin gemeint? 'Anders als Bella hat sie es nicht überlebt' ?", fragte ich plötzlich. Er seufzte.

"In der Zeit als Edward deine Mutter verlassen hat, war Bella kaputt. Sie ist von der Klippe gesprungen, aber ich habe sie gefunden. Edward dachte sie wäre tot und dann entwickelte sich dieses große Missverständnis.", sagte Jake schnell und trocken. Ich nickte. Ich wusste, dass Dad Mom verlassen hatte und sich schließlich umbringen wollte, aber Alice und Mom ihn gerettet hatten. Von dem Selbstmorversuch meiner Mom wusste ich jedoch nichts.

Wir standen vor dem Haus der Clearwaters. Es roch nach Makkaroniauflauf. Wir beatraten das Haus und gingen in die voll gequetschte Küche. Leah verteilte Teller. Als Jake und ich jeder einen Teller hatten, gesellten wir uns zu Paul, Jared, Seth und Embry ins Wohnzimmer. Ich aß einen Löffel des Auflauf. Er schmeckte gut. Hunger brodelte in mir auf. Schnell fing ich an, meinen Teller zu leeren. Eine unangenehme Stille lag im Raum.

Irgendwann fingen die Jungen an, sich über die Patroille zu unterhalten.

"Nach dem Mittag können Jared, Embry, Quil und Collin gehen. Und ab dem Abend bis Mitternacht, Seth, Brady, Leah und ich.", schlug Paul vor.

"Ich helfe auch!", sagte ich schnell.

"NEIN!", knurrte Jake.

"Jacob! Deswegen bin ich hier! Ich möchte helfen!", sagte ich gereizt. "Ness...", fing Jake an, doch ich fiel ihm ins Wort. "Ich bin nicht weggelaufen, um mich zu verstecken! Ich werde Patroille laufen!" Jared sah mich schräg an. "Und was machst du, wenn du einem Eindringling begegnest? Zeter und Mordio schreien?!", fragte er. Das machte mich wütend. Ich nahm ihn am Kragen und zog ihn aus dem Haus. Jake wollte mich festhalten, doch ich schubste ihn so zurück, dass er gegen die Wand prallte. Draußen zog ich Jared in den Wald. Er wehrte sich nicht, warscheinlich, da er angst hatte, mich zu verletzen. Aber ich merkte, dass er immer heißer wurde. Bis er sich verwandeln würde hatte ich höchstens zwei Minuten. Ich hob ihn an und rannte in Vampirgeschwindigkeit zu einer Felswand. Ich ließ Jared los und riss einen Felsbrocken aus der Wand. Dann nahm ich noch mehr Kraft und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Felswand, wo er mit einem lauten Krachen und viel Staub zerbrach. Dann wandte ich mich wieder Jared zu, der am Boden lag. "DU DARFST NICHT VERGESSEN, DASS ICH HSLB VAMPIR BIN!!!!!!", schrie ich ihn an. So ein ausraster passte gar nicht zu mir. Ich kam wieder zu mir und merkte, was ich getan hatte. Ich beugte mich über Jared. Er hatte ein paar Schplitter des Felsbrocks abbekommen und blutete. Ich strich sacht über eine Wunde an seinem Arm. Eine Träne fiel auf ihn herab. Ich schloss ihn in den Arm. "Es tut mir so leid!", flüsterte ich. Jared zitterte und wurde immer heißer. Dann wurde ich gegen die Felswand geschleudert, wo ich zu Boden fiel, als er sich Verwandelte. Er schüttelte sich kurz, als ob er den Schmerz von sich schütteln würde. Dann kam er langsam, mit besorgtem Hundeblick auf mich zu. Ich blutete das erste Mal in meinem Leben und ein Schmerz durchzuckte meinen Rücken, doch anstatt mich zu beschweren, sah ich den braunen Wolf an.

"Es tut mir so leid!", schluchzte ich. Doch dann verkrampfte sich mein Bauch so, dass ich vor Schmerz schrie. Ich legte meine Hände auf den Bauch. Jared beschnupperte ihn, halb besorgt, halb neugierig. Ich zog meinen Pullover so hoch, dass mein Bauch frei war. Mich durchzuckte ein Schmerz und dann sah ich eindeutig den Abdruck einer Hand. Eine kleine, ziehrliche Hand. Und schon war sie wieder verschwunden. Jared machte einen großen Sprung zurück. Seine Augen waren geweitet.

"Hat Jake euch nicht-", fing ich an. Dann tauchten zwei andere Wölfe auf. Der rostbraune stellte sich schützend vor mich. Der andere braune -Paul, stellte sich mit gefletschten Zähnen neben Jared und starrte auf meinen großen Bauch und meinen blutenden Rücken. Ich wusste, dass Jared und Paul sich verständigten, aber dann zuckte Jake kurz zusammen. "Was ist los?", fragte ich. Jared machte sich größer und sah kurz Paul an, der aufhörte, mich anzufletschen. Was war da gerade passiert!? Jake beugte sich runter. Ich zeigte ihm das Bild, der Hand. Seine Augen weiteten sich. Die beiden waren enorm schnell gewachsen. Ich kletterte auf Jakes Rücken und er brachte mich, neben Jared herlaufend, zurück ins Reservat.

SUNRISE    Bis(s) in die EwigkeitWhere stories live. Discover now