Kapitel 12

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Das Konzert rückte immer näher. Natürlich schrieb ich ab und an mit Niall, aber in den Nachrichten ging es eher um belanglose Dinge und da er die ganze Zeit über unter massiven Stress zu stehen schien, wollte ich ihm nicht auf die Nerven gehen.

Nebenbei zog ich Nici über ihre geliebten Ohrringe auf, die sie leider nicht mehr ersteigern hatte können. Den Gutschein hatte sie in dem ganzen Durcheinander irgendwann verloren und es war auch nicht allzu bald möglich, den Laden wieder zu betreten, denn die Eisfrau war – wie wir erfahren hatten – mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden. Offenbar war sie ebenfalls irgendwo im Haus gefangen gehalten worden und hatte es nicht ganz so unbeschadet verkraftet wie wir. Nun ja, Nici würde die Ohrringe wohl auch nicht benötigen, um die Aufmerksamkeit der Jungs zu gewinnen, sie würden uns auch so bemerken – zumindest hoffte ich das ...

Meine Mutter erfuhr von der Sache durch die Polizei. Sie flippte mehr aus, als ich erwartet hatte, umarmte und küsste mich, als ob sie mich nie wieder loslassen wollte. Vielleicht sollte ich mich doch auf ein ernstes Gespräch mit ihr zusammensetzen und gewisse Konflikte und Missverständnisse klären ... von Niall erzählte ich ihr nichts. Noch nichts. Auf jeden Fall wollte ich es ihr persönlich sagen, bevor sie es irgendwie übers Internet oder das Fernsehen herausbekam, das stand fest. Nur jetzt noch nicht.

Wie dem auch sei – am Abend des Konzerts standen wir überpünktlich auf unserem Platz in der ersten Reihe. Während wir ungeduldig gegen die eiserne Absperrung gelehnt dastanden und von einem Bein auf das andere traten, bekam ich (gezwungenermaßen) mit, wie sich ein paar Mädchen hinter uns unterhielten.

„Ich hoffe, Niall ist heute überhaupt dabei", war das erste, was ich aufschnappte und mich unweigerlich aufhorchen ließ. „Habt ihr das neueste Interview schon gesehen?".

„Ja!", stieg ein anderes Mädchen mit dramatischen Tonfall ein. „Es hat so ausgesehen, als ob er zusammengeschlagen worden wäre oder so".

„Seht euch nur das Bild mit dem Mädchen an".

„Ich frage mich wirklich, wer diese Bitch ist".

Ich zuckte zusammen. So wurde ich also von den eifersüchtigen Fans genannt. Ich wusste, dass es bei Weitem nicht alle waren, aber es gab etliche von dieser Sorte. Wenn die wüssten, dass diese „Bitch" direkt vor ihnen stand, hätten sie mich vermutlich mit ihren überdimensionalen hexenähnlichen Fingernägeln aufgeschlitzt, um Nialls Handynummer zu bekommen. Köstliche Vorstellung.

„Klug von ihr, sich mit Niall Horan kidnappen zu lassen".

Ich beschloss, wegzuhören. Solche Gespräche konnten nicht gut für das seelische Befinden sein.

Als die Jungs endlich auf die Bühne rannten, haftete mein Blick nur auf Niall. Trotzdem konnte ich beim besten Willen nicht sagen, welche Klamotten er an diesem Tag getragen oder was genau er an Begrüßungen herumgeschrien hatte – ich war so auf sein Gesicht, auf seine Augen fixiert, dass ich sonst nichts in mein zeitweise einseitiges Gehirn aufnehmen konnte.

Als der erste Song startete, stieß Nici mich belustigt an. „Du sabberst".

Zum ersten mal seit dem Erscheinen der Band löste ich meinen Blick von Niall, der gerade am anderen Ende der Bühne entlanglief und Fans zuwinkte. „Was, wenn er mich nicht sieht?".

Sogar über das ohrenbetäubende Gekreische der Fans hinweg konnte ich Nici kichern hören. „Warum, glaubst du, nimmt er sich heute so viel Zeit, am Rand der Bühne herumzutanzen und die Leute in der ersten Reihe genau zu inspizieren? Er sucht dich, du Hirn".

Bei dem Gedanken wurde es mir warm ums Herz.

Als Niall schließlich nur noch an die drei Meter von uns weg war, begannen die Zicken hinter uns ununterbrochen seinen Namen zu brüllen, sodass ich der Versuchung widerstehen musste, meine Ohren zuzuhalten oder aus Versehen einen Ellbogen nach hinten zu rammen. Am liebsten hätte ich sie angeschrien, dass sie doch endlich alle mal ihre Klappe halten sollten, bevor ich zur Furie wurde, doch in dem Moment zischte etwas an mir vorbei auf die Bühne und verfehlte nur knapp Nialls Kopf, der sich mit einem entsetzten Gesichtsausdruck noch schnell wegducken konnte. Ich brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass eines der Mädchen hinter uns ihr Handy nach ihm geschleudert hatte. Das reichte.

Wütend wirbelte ich zu ihr herum und zischte: „Was soll die Scheiße?". Ich kochte innerlich. „Du hättest ihn verletzen können!".

Das Mädchen, eine große Brünette mit Tonnen von Make-up im Gesicht (wie war das nochmal in „What makes you beautiful"? Don't need Make-up to cover up? Sehr treffend), hatte nur einen abfälligen Blick für mich übrig. „Krieg dich wieder ein. Zumindest hab ich keinen Schuh nach Harry geworfen".

Ihre Freundinnen kicherten wie durchgeknallte Barbies.

Ich ballte die Hände zu Fäusten und war kurz davor, auf sie loszugehen, doch Nici packte meinen Arm. „Lass es. Sie ist es nicht wert. Es wird immer solche hirnrissige Fans geben".

Hinter mir riss diese verdammte Zicke wieder den Arm hoch, um ein kleines Buch zu werfen, doch ich fing es ab und schleuderte es vor der Absperrung auf den Boden.

„Hast du sie noch alle?", kreischte die Zicke erbost und holte nach mir aus. Ernsthaft?! Ich wich dem Schlag aus. Nici neben mir schrie irgendwas und schob sich zwischen mich und das wütend um sich schlagende Mädchen.

Als wäre das Chaos noch nicht groß genug, tauchte am Geländer plötzlich auch noch ein bulliger Security-Typ auf, hielt der Zicke mit eisigem Gesicht das Handy, das vor wenigen Augenblicken an mir vorbeigeflogen war, hin und sagte scharf: „Ich muss Sie bitten, mitzukommen".

Sie schnaubte. „Lachhaft!".

Doch der Mann kannte kein Erbarmen, sodass sie nach einer tränentriefenden Diskussion völlig am Boden zerstört hinter ihm her trottete, wobei sie mir einen Blick zuwarf, der ganz eindeutig sagte Falls wir uns je wiedersehen, bist du tot.

Zufrieden drehte ich mich wieder zur Bühne hin – und hätte beinahe einen Satz rückwärts gemacht, als ich sah, dass Niall genau vor mir stand und mich angrinste, kurz das Mikro vom Mund wegnahm, um mir ein „Hey!" zuzurufen, bevor er sich wieder zu seinen Bandkollegen gesellte, damit es nicht zu sehr auffiel.

Mein ganzer Ärger über die Zicke war nun vergessen und ich verbrachte die restliche Zeit bis zur Pause damit, ihn weiter zu beobachten. Harry winkte einmal unauffällig in unsere Richtung und sogar ihre übrigen Bandkollegen nickten uns zu, also hatten sie ebenfalls schon mitbekommen, wer wir waren.

In der Pause hatten wir nicht wirklich was zu tun. Hinter uns motzten die Freundinnen der Zicke herum, auf der Bühne zerstörte jemand lärmend eine Gitarre und links von uns mussten zwei Bodyguards ein wie von Sinnen kreischendes Mädchen über die Absperrung zerren. Alles normal.

Bis derselbe Securityguard, der meine Feindin weggeführt hatte, ein weiteres mal bei uns auftauchte und grimmig dieselben Worte wie vorhin sagte: „Ich muss Sie beide bitten, mich zu begleiten".



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Nur noch wenige Kapitel übrig :) Mir widerstrebt zwar der Gedanke, die Story bald beenden zu müssen, aber naja. So ist es eben :D Danke für's Lesen! <3

Andi :)


Night Of Captivity (1D-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt