13| Zeit

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Josis Sicht
Ich rutsche im Bett immer wieder hin und her.
Drehe mich auf die Seite und dann wieder zurück, auf den Bauch und auf den Rücken, doch Gedanken quälen mich und so schaffe ich es nicht meine Augen zu schließen und einzuschlafen.
Nein ich starre einfach nur gerade aus. In die Dunkelheit.
Eigentlich dachte ich mir ich würde hier wie eine Prinzessin liegen.
Immerhin ist das Bett fein und die Leute um mich herum sind nett und immer für mich da.
Naja alle bis auf Carlo.
Bei seinem Namen zieht sich alles in mir zusammen.
Ich gehe ihm aus dem Weg und er lächelt mich an.
Carlo lächelt mich an.
Ich fasse es nicht.
So kenne ich ihn doch gar nicht.
Früher als wir ganz unten waren, hatte er mich immer wieder angelächelt.
Mir so gezeigt das alles okay ist.
Er hatte mir versprochen das er nie gehen würde und dann hat er mir einen Ring gekauft.
Damals war ich elf und er zwölf.
Wir waren noch so unreif und trotzdem wussten wir beide, ein Ring steht für die Unendlichkeit.
Und wir wollten für immer Freunde bleiben.
Für immer
Die Zeit verging aber und sein Lächeln ging verloren.
Auch meines wurde immer seltener.
Unser beiden Leben Komplizierter.
Sein Vater und seine Mutter ließen sich scheiden und ich will gar nicht mit meiner Geschichte anfangen. Sie wäre einfach viel zu lange.
Die Schule ließen wir schleifen und an einen Abschluss haben wir nie gedacht.
Nein wir haben sogar darüber geredet einfach abzuhauen, alles hinter uns zu lassen.
Mit 18 Jahren wollte ich den Mut fassen und zusammen mit Carlo abhauen.
Einen Road Trip durch Deutschland machen, so wie man es im Fernsehen sieht.
Er war sogar einverstanden.
Hatte mir sein Wort gegeben mitzukommen.
Doch egal wie sehr er sich darauf gefreut hat, gelächelt hat er nicht.
Doch nun will er es schaffen.
Er mutiert zu dem kleinen Jungen, der er mal war und ich weiß nicht einmal wieso.
Wenn er mir doch nur einmal wieder vertrauen würde.
Ich würde ihm so gerne zuhören.
Doch wahrscheinlich dürfte ich ihm dann nicht aus dem Weg gehen. Vielleicht würde er es mir sogar sagen, wenn ich ihn fragen würde.
Dennoch kommt jedesmal wenn er den Mund öffnet die Angst in mir Hoch, dass er mich verlassen will.
Dieser Gedanke zerreißt mich, denn ich hoffe immer noch an eine ewige Freundschaft mit ihm.
Obwohl es unmöglich scheint. Vorallem in diesem Moment.
Es ist der einzige Grund wieso ich den Ring von ihm noch trage.
Seit ich ihn habe, ist er mein Glücksbringer.

Ich taste an meinen kleinen Finger, um sicher zu gehen, dass er noch da ist.
Langsam ziehe ich ihn von meinem Finger hinunter, betrachte ihn in der Aufgehenden Sonne.
Das chinesische Zeichen, welches sich auf ihm befindet glitzert auf dem grauen Ring.
Was es bedeutet wollte mir Carlo nie verraten.
"Es ist das einzige Geheimnis welche ich je vor dir haben werde"
Doch Zeiten ändern sich und nun weiß ich gar nicht mehr was der Wahrheit entspricht und was eine Lüge ist.

Ich will ihn wieder an meinen Finger stecken, doch er rutscht mir aus der Hand.
Er rollt davon und dreht sich noch im Kreis, bevor er neben dem Doppelbett von Markus und Carlo zum Stillstand kommt.
Mit leiser Sole stehe ich auf und tapse zu dem Ring um ihn wieder an meinen Finger zu stecken.
Dabei bemerke ich, dass das Bett leer ist.
Verwundert sehe ich auf meine Uhr, doch es ist gerade einmal 6:47.
Wo sind die Jungs? Noch mehr Geheimnisse.
Aber eigentlich will ich nicht weiter darüber nachdenken und lasse mich deshalb wieder in mein Bett fallen.
Was ich jetzt brauche ist Schlaf.
Möglicherweise bilde ich mir das alles nur ein.

Aber auch jetzt schaffe ich es nicht einzuschlafen.
Ich schnappe mir meine Kopfhörer und setzte sie auf.
Ich drehe die Musik auf volle Lautstärke und nicke mit dem Kopf zu dem Tack mit.
Ich liebe die Musik und als heute die Leute für mich geklatscht haben, es war ein unglaubliches Gefühl.
Zum ersten Mal seit langem war ich wieder Glücklich.
Ich habe es zugelassen und es hat sich gut angefühlt.
Die verwirrten Blicke von Carlo gehen mir trotzdem nicht mehr aus dem Kopf.
Er war der Überzeugung ich würde nicht singen.
Doch ich wollte ihm beweisen, das ich genauso gut wie er sein konnte
Einmal in meinem Leben wollte ich so gut wie er sein.
Doch er hat das Lied selber geschrieben, ich nicht.

Nach einer Zeit nehme ich meine Kopfhörer wieder vom Kopf und lege sie auf die Seite.
Ich drehe mich auf die Seite und starre meinen Ring an.
Lange Zeit starre ich ihn einfach nur an.
Als wenn die alte Zeit wieder zurück kommen würde, wenn ich nur lange genug darauf schaue.
Doch die Zeit geht weiter, sie bleibt nicht stehen.
Leider.

Fremde [CroFf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt