Kapitel 3

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Die Ruhe der Nacht war überwältigend. Die einzigen Geräusche die Tegan hörte waren das Zirpen der Grillen und ab und zu ein Auto das auf der etwas enfernten Straße entlangfuhr.

Eine wilkommene Abwechslung zu dem hohen Geräuschpegel dem er tagtäglich in der Schule ausgesetzt war. Die Dunkelheit hatte schon lange eingesetzt und allmählich begann er zu frieren, doch er wollte noch nicht gehen. Der Mond schien schwach auf den Weg und der Kies knirschte unter seinen Füßen.

Mittlerweile hatte er die ersten 3 Wochen hinter sich. Er kam mit seinen Kursen gut zurecht und es war keine wirkliche Umstellung für ihn. Das einzige was zu wünschen übrig ließ, war seine Konzentration.

Er verbrachte seine Physikstunden ausschließlich damit, den Jungen vor ihm anzustarren.

Zu seinem Bedauern musste Tegan feststellen, dass er nicht im geringsten wusste worum es im Unterricht überhaupt ging, dafür aber, selbst mit geschlossenen Augen, perfekt erklären könnte wie der Junge sich bewegt.

Er wusste nicht was es mit ihm auf sich hat, aber irgendwas hatte er an sich das Tegan faszinierte. Nicht auf die verknallt sein Art, sondern so, wie einen Wissenschaftler sein neustes Forschungsobjekt faszinierte. Er wollte ihn kennen lernen.

Während er den Kiesweg immer weiter entlang lief, schweiften seine Gedanke zum heutigen Morgen zurück.

Frühzeitig wie immer war er wach, der Schultag verlief normal, bis er in der letzten Stunde Physik hatte. Eine von zwei Wochenstunden. Tegan, wie zu oft in seiner Starrerei versunken, bemerkte erst als der Junge aufstand, dass die Lehrerin ihn an die Tafel zitiert hatte.

Nervös, das konnte man ihm ansehen, stand er vorne und wartete auf seine Aufgabe. Die Lehrerin öffnete eine Datei auf ihrem Laptop und bat den Kleinen den Beamer anzuschalten, damit die Graphik für jeden sichtbar wurde.

Umständlich versuchte er mit dem Zeigestock den On Knopf zu drücken da er, aufgrund seiner Größe, nicht so herankam. Da das Gerät an der Decke hing war das für die meisten ein Problem, doch bei niemandem sah es so lustig aus.

Tegan konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen und sofort traf ihn der strafende Blick seiner Lehrerin. "Wenn du ein Kavalier wärst hättest du ihm jetzt geholfen." ging sie ihn an, denn sie konnte es nicht leiden wenn über einen ihrer Schüler gelacht wurde.

Ohne darüber nachdenken war Tegan sofort auf den Beinen und lief zur Tafel. "Warte ich mach das", sagte er sanft, wunderte sich aber gleichzeitig wo diese Stimmlage herkam. Der Junge schaute ihn aus großen Augen an, als er den Stock aus seiner Hand befreite und beiseite stellte.

Er musste sich nicht mal strecken um das Gerät zu bedienen. Zufrieden setzte er sich wieder auf seinen Platz. Die Stunde verlief ohne weitere Zwischenfälle weshalb er seiner Lieblingsbeschäftigung ohne Probleme nachgehen konnte. Nachdem die Lehrerin die Stunde beendet hatte, verließen alle Schüler den Raum.

Ty war wie so oft der letzte der noch nicht weg war. Er hasste es, sich durch die ganzen Menschen zu drängen. Zum Glück hatte seine Mutter ihm heute das Auto gegeben und er musste nicht Bus fahren.

Er packte seine Sachen zusammen und warf einen prüfenden Blick aus dem Fenster nur um zu sehen das wirklich die meisten Leute schon weg waren. Zufrieden wollte er sich auf sein Weg nach hause machen und erst da viel ihm auf das er nicht alleine war.

"Das hättest du nicht tun müssen. Ich hätte es schon selber geschafft." sprach der Lockenkopf von der anderen Seite das Raumes. Verwirrt schaute Ty ihn an. Er wusste nicht mal was er darauf antworten sollte. Er hatte doch nur geholfen. Warum stellt das ein Problem für den Jungen dar?

"Das wollte ich nur sagen. Tut mir leid falls ich dir irgendwelche Umstände bereitet habe." Dann ging er. Tegan stand wie festgefroren an seinem Platz und wusste nicht was das sollte. Er hatte nicht mal die Chance zu antworten. Dieser kleine unscheinbare Junge hat sich einfach umgedreht und ist gegangen. Unglaublich.

Nach einigen Minuten verließ er die Schule endlich. Er zog die Schlüssel bereits aus der Tasche als er an den Bushaltestellen vorbeiging. Sein Ziel war eigentlich der dahinter gelegene Parkplatz, der jedoch schnell vergessen war, als er den Jungen der ihn gerade stehen gelassen hatte an einer Haltestelle sah.

Missmutig schaute er auf den Plan und ließ sich dann auf die Bank fallen. Sieht so aus als würde in nächster Zeit nichts mehr für ihn fahren. Zu schade das er kein Auto hatte und Tegan der Einzige... Sofort als ihm der Gedanke kam überquerte er die Straße und stand kurz darauf vor ihm.

"Willst du mitfahren? Du hast wegen mir schon deinen Bus verpasst, ich würde das gerne wieder gut machen." Erschrocken blickte der Junge ihn an. Kurz sah es aus als würde er überlegen, entschied sich dann aber gegen das Warten. "Gerne." Seine Stimme klang dieses Mal viel leiser als vorhin, stellte Ty fest.

Auf dem Weg zum Auto schwiegen beide. Fast synchron warfen sie ihre Sachen auf den Rücksitz und stiegen ein. "Wie heißt du?" stellte Tegan endlich die Frage, die ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte. Der Junge auf dem Beifahrersitz lachte kurz auf. "Nick" antwortete er und wandte seinen Blick dann wieder aus dem Fenster. Wieso sollte jemand wie Ty auch wissen wer er war?

Mittlerweile hatten sie den Parkplatz velassen und standen an der ersten Ampel. "Wo wohnst du?" Nick nannte die Adresse die nicht mal so weit von Tegans Zuhause entfernt lag. Zwar in einer anderen Richtung, was erklärte das er ihn noch nie im Bus gesehen hatte, aber mit dem Auto nur gute 10 Minuten entfernt.

"Redest du immer so wenig?" fragte Tegan weiter und wunderte sich über sich selbst das er mal die Person war, die verzweifelt jemanden dazu bringen wollte mit ihm zu reden. Es war frustrierend musste er feststellen.

"Das fragst gerade du?" stellte Nick die Gegenfrage. Tegan kam nicht umhin das Lächeln in seinem Gesicht zu bemerken. "Ich bin es eben nicht gewohnt das andere Leute nicht reden." Nick schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich hab dich noch nie so viel reden gehört."

"Ist Nick eine Abkürzung?" fragte er um das Thema zu wechsel. Er wollte jetzt nicht erklären warum er redete oder nicht redete. "Ja." Abwartend schaute Ty kurz rüber. "Und von was?" Anscheinend hat er einen peinlichen Namen wenn er ihn nicht sagen will, dachte Tegan.

"Nun sag schon" drängte er ihn weiter. "Nein" wiedersprach Nick. "So schlimm kann es doch gar nicht sein." "Doch kann es." Kurz wurde es still im Auto. "Ich warte." Frustriert stöhnte sein Beifahrer auf und sagte dann: "Nicolaus."

"Nicolaus?" fragte Ty noch mal nach und ließ sich den Namen dabei durch den Kopf gehen. Ungewöhnlich aber es passte zu ihm. "Mh." stimmte Nick leise zu. "Tut mir leid falls ich was falsch gemacht hab heute." wechselte Tegan erneut das Thema. "Ist schon ok. Ich mag es nur nicht wenn mir Leute helfen müssen. Vorallem Leute wie du."

"Leute wie ich?" fragte Tegan interessiert nach. "Ja, Leute wie du. Die beliebt sind, talentiert, schön, von allen gemocht werden, über allen stehen." Tegan schluckte und fühlte sich augenblicklich schlecht. "So siehst du mich?" Seine Stimme klang nun leiser als am Anfang. Das hatte ihn echt getroffen. So wollte er nie gesehen werden.

"Na ja, ich kenn dich nicht. Aber du wirkst so." Man merkte Nick an das er sich unbehaglich fühlte. "Ok." war alles was Tegan noch sagte, danach redete keiner mehr bis sie bei Nick ankamen.

"Danke fürs Mitnehmen." bedankte sich Nick der schon dabei war seinen Rucksack von der Rückbank zu nehmen. "Kein Problem. Und noch mal sorry für vorhin." verabschiedete sich Tegan. Aber eigentlich tat es ihm gar nicht leid denn so hatte er endlich die Möglichkeit mit ihm zu sprechen.

Und nun, inzwischen wieder vor seinem Haus angekommen, da die Kälte ihn schon zittern ließ, ärgerte er sich immer noch über Nick's Worte.

Nur ein Kuss ~ boyxboyDove le storie prendono vita. Scoprilo ora