Kapitel 10

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„Hey, guten Morgen ihr zwei." grüßte uns Sandrine und tapste mit verschlafender Schnute und zerzausten Haaren die Treppe runter. „Habt ihr gut geschlafen?" fragte sie. „Ja. Ganz wunderbar." antwortete ich ihr und konnte mir ein freches Grinsen in Franzis Richtung nicht verkneifen. „Oh man." jammerte Sandrine, während ich ihr einen Kaffee hin stellte. „Was hast du, geht's dir nicht gut." fragte Franzi besorgt. „Doch, alles bestens. Ich bin nur noch nicht richtig wach, hab geschlafen, wie ein Baby." erklärte sie. „Das war vielleicht auch ganz gut." spielte ich die Geräuschkulisse aus unserem Schlafzimmer an und wurde sofort durch einen mittel unsanften Tritt von Franzi unterbrochen. Untermalt von einem strafenden Blick, konnte ich mir ein Lachen einfach nicht unterdrücken. „Was ist denn mit euch?" fragte Sandrine immer noch in halbem Schlafzustand. „Nichts, nichts. Shelly hat nur offenbar ein bisschen zu gut geschlafen." kommentierte Franzi hektisch und machte es damit nicht weniger auffällig. Ich musste schon wieder lachen. Damit war Sandrine vollends verwirrt und blickte mit einem großen Fragezeichen drein. „Vergiss es einfach." lachte ich und prostete ihr mit meinem Kaffee zu. Noch nicht fit genug, um sich zusammen zu reimen, wovon wir sprachen, nahm sie es hin und inhalierte ihren Kaffee. Mir viel auf, dass sie ziemlich fertig aussah dafür, dass sie gut geschlafen haben sollte. Sie war blass um die Nase, ihre Augen waren leicht verquollen und ich bildete mir ein, dass sie auch nicht ganz sicher im Halten ihrer Tasse war. Ich beobachtete das aber eher beiläufig und registrierte es im Hinterkopf. Im Vordergrund gab es für mich einfach nur die Bilder der letzten Nacht. Franzi, die mein Herz meinen Körper erobert hatte und mich unendlich glücklich machte. „Wie geht's deinem Bauch?" fragte Sandrine. „Schon was besser. Zieht noch und ich merke, wenn ich mich zu viel bewege, wie das an der Naht zerrt. Ich muss echt aufpassen, dass das nicht wieder auf geht." Sandrine nickte, während Franzi ganz sanft mit ihrer Hand darüber streichelte. „Wisst ihr schon, was ihr euch heute ansehen werdet?" fragte ich. „Ich wollte mit ihr mal nach English bay fahren heute. Das Wetter ist perfekt dafür." erklärte Franzi und Sandrine kommentierte mit einem wenig motivierten „Okay." „Das ist eine schöne Idee. Da muss ich auch mal wieder hin. War schon ewig nicht mehr im Park und so. Ich bin froh, dass ich jetzt mal wieder Drehpause habe, die letzten Monate waren echt anstrengend. Erfolgreich, aber eben auch anstrengend." Sandrine nickt. „Ja, das glaube ich dir. Und was machst du?" fragte Sandrine. „Ich werde meinen Arzt aufsuchen und dann feierlich meinen freien Tag auf dem Sofa zelebrieren. Entweder gebe ich mich dem Trash TV hin oder ich lese mal wieder ein Buch, aus dem ich nichts auswendig lernen muss und nicht ich die Hauptrolle spiele." über meine letzte Anmerkung musste ich selbst etwas schmunzeln. „Und du bist sicher, dass du keine Hilfe brauchst." vergewisserte sich Franzi, obwohl sie sich nach letzter Nacht vermutlich eh schon sicher war, dass ich fit genug war, alleine zu bleiben. „Klar. Geht nur, habt Spaß und macht Vancouver unsicher." beruhigte ich die beiden dennoch.

Wir quatschten und lachten noch eine Weile. Sandrine wurde zunehmend wacher. Sie hatte so ein sonniges Gemüt und noch dazu war sie sehr hübsch. Ich konnte gar nicht verstehen, dass sie nicht vergeben war. Ich machte mich als erste fertig. Mich drängte die Zeit. Ich hatte einen Termin bei meinem Arzt vereinbart und musste mich eilen, dass ich nicht zu spät kommen würde. Ich verabschiedete mich von meinen Mädels und machte mich auf den Weg.

Eine knappe Stunde später, mit neuem Verband und einer Bestätigung meines guten Heilprozesses kam ich wieder zu Hause an und fand die Bude leer gefegt vor. Ich fand es für einen Moment sehr schade, dass es mir zu anstrengend und schmerzhaft gewesen wäre, mit den beiden mit zu gehen, aber ich genoss es auch, etwas Zeit für mich zu haben. Ich warf meine Schlüssel auf die Ablage und machte mich in halbem Tempo sofort daran, meine Haremshose über zu ziehen. Das ziehen am Bauch bremst mich deutlich ein. Doch kaum hatte ich sie an, fühlte ich sofort, wie Frei-zeit sich über mich legte. Die Freiheit mich zu entspannen und einfach mal nichts zu tun. Ich wühlte in meiner Tasche nach meinem Handy. Da fiel sie mir in die Hand. Andreas Visitenkarte mit ihrer Nummer. Ich nahm sie mit meinem Handy mit zum Sofa und krümelte mich in die Kissen. Ich starrte auf diese kleine Karte und erinnerte mich an die vorletzte Nacht. Sie hatte all den Kummer in mir gesehen und hatte mich dazu gebracht, ihn raus zu lassen. Woher wusste sie überhaupt, dass Franzi und ich nicht über diesen schrecklichen Tag redeten? Warum wusste sie, dass es mir gut tun würde, das einmal zu tun? Weil es ihr selbst so ging? Oder war sie einfach polizeilich, psychologisch geschult? Ich möchte sie irgendwie, sie war taff und ich war mir sicher, dass mit ihr auch locker ein schöner lustiger Abend machbar war. Ich war bereit, dem eine Chance auf eine Freundschaft zu geben, wenn sie sich entwickeln sollte. Ich hatte bei ihr weniger Misstrauen, als bei anderen Fremde, dass sie nur an einer Freundschaft mit meiner Prominenz interessiert war, als an mir. Mein Promistatus schien sie gänzlich überhaupt nicht zu interessieren. Das schätzte ich sehr an ihr. Ich beschloss, ihr eine Nachricht zu schicken. „Hallo Andrea, ich danke dir, dass du in der Nacht für mich da warst. Ich hoffe, du konntest dich inzwischen etwas erholen. Liebe Grüße Shelly." Es dauerte kaum fünf Minuten, da klingelte mein Handy. Es war Andrea. Ich hob ab und freute mich, dass sie sich so schnell zurück meldete. „Hey Shelly, wie geht es? Was macht deine Verletzung?" fragte sie und ich erklärte ihr, dass es schon besser sei. Sie fiel sofort mit der Tür ins Haus. „Ich bin in ca. zwei Stunden in der Nähe von deinem Zuhause. Wollen wir unseren Kaffee nachholen oder hast du schon was vor?" Ich war wirklich irritiert von ihrer direkten Anfrage und ich einen Moment lang stutzig. Doch dann besann ich mich wieder darauf, dass wir hier nur von einem freundschaftlichen Kaffee sprachen und fragte mich, warum eigentlich nicht. Andrea bemerkte, dass ich inne hielt und nicht direkt antwortete und reagierte prompt darauf. „Hey, natürlich nur, wenn es für Franzi und ihre Freundin auch okay ist. Wir könnten gemeinsam was trinken." bot sie an. Ich hatte mich in ein kurzes 'Will sie was von mir?' Gehirn Konstrukt verheddert und war dankbar, dass sie es sogleich wieder auflöste. „Na klar, warum nicht? Die beiden sind unterwegs und ich stecke in einem schicken freizeit-so-gehe-ich-niemals-auf-die-Strasse Outfit. Also wenn dich das nicht stört, komm vorbei." Andrea lachte. „Gut, dann komme ich, wenn ich fertig bin. Wird in Etwa so zwei Stunden dauern. Okay?" vergewisserte sich sich noch ein mal, dass es in Ordnung war. „Klar." so machen wir es. Wir verabschiedeten uns und ich steckte ihre Visitenkarte wieder in meine Handtasche. Ich versank wieder in meinen Kissen und freute mich schon darauf, sie wieder zu sehen.

Die Zeit war im Eiltempo vergangen und schon stand sie in der Tür. Wir umarmten uns herzlich. Zum ersten Mal. „Heute mal in Zivil?" fragte ich sie und betrachtete ihre nicht annähernd Uniform ähnliche Kleidung. Sie trug eine lockere Jeans und Shirt und eine Lederjacke. „Nicht ganz." erklärte sie Augen zwinkernd und hielt die eine Seite ihrer Jacke auf. In der Innenseite prangte unübersehbar ihre Dienstmarke. „Ich bin aber tatsächlich jetzt nicht mehr im Dienst. Ich hab Feierabend für heute. Bin schon seit fünf heute Morgen unterwegs." sagte sie und zeigte mir auch ihr leeres Halfter. Ihre Dienstwaffe blieb außer Dienst immer unter Verschluss. „Zieh dich aus." polterte es ungefiltert aus mir heraus, nachdem mein Blick weniger an der Dienstmarke als viel mehr über ihr Dekolleté gewandert war. „Die Jacke, meine ich, die Jacke." korrigierte ich mich betont verharmlosend und mir schoss etwas Röte in die Wangen. Andrea amüsierte das sichtlich und sie legte ihre Jacke ab. „Kaffee." fragte ich und ohne ihre Antwort ab zu warten machte ich mich an die Maschine, um der Peinlichkeit zu entgehen. Ich spürte ihr Grinsen immer noch im Nacken. „Tut es noch sehr weh?" fragte sie mir und ich war froh über den Themenwechsel. „Nein, kaum mehr, solange ich mich nicht bewege." Andrea sprang sogleich auf und wollte mir den Löffel mit dem Kaffeepulver aus der Hand nehmen. „Warte, ich helfe dir." Sie berührte meine Hand. Plötzlich durchfuhr mich ein absolutes Unwohlsein. Zu nah, viel zu nah, gefährlich nah. Ich könnte ihre Körperwärme spüren, ihr Parfum riechen. „Schon gut, es geht schon." regierte ich etwas unangemessen schroff. „Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Es tut mir leid." entschuldigte Andrea sich sofort und nahm wieder Abstand. „Nein, mir tut es leid. Ich habe etwas überreagiert. Ich ... Du hast mich erschreckt irgendwie. Sorry." Es brauchte eine Weile, bis wir es schafften, wieder in ein ungezwungenes Gespräch zu finden. Aber wir schafften es und sie verhielt sich liebevoll distanziert. Sie erzählte von ihrem Job und ein wenig aus ihrem Leben. Von mir gab es nicht viel zu erzählen, dass meiste wusste sie bereits aus der Presse. „Sag mal, warum hat dich in dieser Nacht im Krankenhaus eigentlich keiner abgelöst? Sollte da nicht ein Kollege kommen?" Ich konnte nicht sagen, warum ich das wissen wollte oder wo die Frage her kam, aber sie hatte sich in meinen Kopf gepflanzt und verlangte nach Aufklärung. Andrea drehte sich etwas verschämt weg. Damit hatte ich wohl einen entscheidenden Punkt angesprochen. „Ich habe ein wenig geflunkert." gestand sie. Ich zog eine Augenbraue hoch und erwartete mit fragendem Blick eine Erklärung. „Ich hatte schon viel früher erfahren, dass es ein Unfall war. Aber nach unserem emotionalen Gespräch, wollte ich dich nicht alleine lassen. Ich hatte so viel aufgewühlt in dir, dass wäre nicht in Ordnung gewesen." Ich runzelte die Stirn. „Warum hast du mir das nicht gesagt?" hinterfragte ich weiter. „Hättest du dann noch zugelassen, dass ich bei dir bleiben." Damit lag sie nun wieder richtig. „Nein, als Einzelkämpfer nicht." Sie nickte wissend. „Eben." Ich musste schmunzeln und gleichzeitig stellten sich meine Nackenhaare kurzfristig auf. Sie schien in mir zu lesen, wie in einem Buch. Sie besaß definitiv eine untrügliche Menschenkenntnis. „Ich verabschiede mich mal wieder. Es ist schon sechs und ich merke meine Müdigkeit." sagte sie und ich war überrascht, dass der ganze Nachmittag so schnell vergangen war. An der Haustür standen wir uns gegenüber und Andrea war sichtlich verunsichert, ob sie mich nach meiner letzten Reaktion umarmen könne. Ich übernahm das Ruder und drückte sie. Sie erwidert und verließ das Haus. Diese Begegnung hatte mir Spaß gemacht und wir waren sehr auf einer Welle. Ja, ich war mir sicher, sie würde eine gute Freundin werden können.

Zwei Stunden später trabten meine zwei völlig erledigten Mädels wieder ein. Sie waren fast den ganzen Tag zu Fuß unterwegs gewesen und an der Anzahl der Tüten zu beurteilen, waren sie ausgiebig shoppen. Ich gab Franzi einen Kuss und die beiden, vor allem Sandrine erzählte munter drauf los. Es schien ihr wirklich gut zu tun, dass sie bei uns war.

„Und wie war dein Tag?" fragte Franzi und munter erzählte ich von Andreas Besuch. Aber entgegen einer freundlichen Mine, erhielt ich einen bösen Blick und betretenes Schweigen. Darauf folgte er Satz der Sätze: „Schatz, wir müssen reden." Ich war überrascht von einer Seite, die ich an Franzi noch nicht kennen gelernt hatte. Sandrine begab sich in geduckter Haltung Richtung Treppe. „Ich verzieh mich mal." sagte sie kleinlaut und war auch schon verschwunden. Dunkle Wolken zogen in unser Wohnzimmer ein und ich war ungut gespannt, was mich jetzt erwarten würde.

©lialight

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AHAHHAA, was n Hinterkopfkino, das Ding muss verfilmt werden *räusper, lach*

Genieß noch den Rest vom Osterfeste und bis nächste Woche, ihr lieben.

Eure lialight

Meet and love 2 (gxg)Where stories live. Discover now