Kapitel 36

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Wir waren den ganzen Tag draußen und flanierten durch die Gegend. Hier einen Kaffee, dort ein Stück Kuchen. Hie und da erkannte uns natürlich auch jemand, aber es waren nur angenehme Menschen und sie haben unsere freie Zeit nicht gestört. Entspannt und voller Wohlgefühl kamen wir wieder zu Hause an und machten es uns im Wohnzimmer gemütlich. Ich hatte Shelly und mir einen Tee gekocht. Der erste Tee, der ebenfalls ein Symptom für den kommenden Winter darstellte. Die Temperaturen hatten merklich angezogen und nur das animierte mich, Tee zu trinken. Im Sommer war das gar nichts für mich. Nur noch ein paar Monate und wir würden unser einjähriges zusammenleben feiern. Ich dachte schon darüber nach, wie ich ihr eine Freude machen könnte. Ich war mir sicher, nichts würde sie mehr freuen, als etwas ganz persönliches von mir. Die ein oder andere Idee kam mir bereits dazu, aber ich hatte noch Zeit. Ich hoffte vor allem, dass wir an diesem Tag frei machen könnten. Ich bastelte ein paar kleine Leckereien zusammen und stellte sie auf dem Couchtisch. Shelly hatte sich umgezogen und kam von oben. Sie sah so glücklich aus. Ich liebte diesen zufriedenen Blick an ihr. „Oh, das sieht ja toll aus." schwärmte sie und begutachtete den gedeckten Tisch. „Mach es dir gemütlich." forderte ich sie auf. „Nur mit dir." sagte sie und legte ihre Hände um meine Hüften. „Ich fasse dich so gerne an." hauchte sie in mein Ohr. Das kitzelte und ich zuckte kurz mit der Schulter nach oben. Ich kuschelte mich in ihr Arme und wir hielten uns eine Weile. „Hast du eigentlich Madlin schon zurück gerufen?" fiel mir ein. „Ach Mist, das habe ich ja völlig vergessen." fluchte Shelly. „Das liegt nur an dir." sagte sie und küsste mich. „An mir? Ich kann mir gar nicht vorstellen, was du meinst." kicherte ich. Ich ließ meine Hände über ihren Körper gleiten und wusste sehr wohl, was sie meinte. „Du." Drohte sie gespielt. „Ruf sie an, sofort." forderte ich sie auf und kitzelte sie. „Schon gut, schon gut." lachte sie und nahm sich ihr Handy zur Hand. Ich nutze die Gelegenheit, um mir auch gemütliche Klamotten an zu ziehen. Ich entschied mich für Wollsocken. Meine Füße waren kalt geworden und wollten einfach nicht wieder warm werden. Wir hatten einen gemeinsamen Alltag, ein gemeinsames Leben und ich liebte es diese Geborgenheit zu spüren. Ich ging wieder nach unten und blickte in ein ziemlich fragendes Gesicht. „Schatz, Madlin geht es besser und sie will noch mal kurz vorbei kommen, ist das in Ordnung für dich?" fragte mich Shelly. Mit einem Blick an meinem Körper entlang auf meine Wollsocken, wusste ich nicht recht, was ich sagen sollte. Auch Shelly sah nicht begeistert drein. Sie signalisierte mir mit den Augen, dass es ihr auch nicht wirklich gelegen kam. Madlin war noch in der Leitung und wartete auf unsere Antwort. Ich zog die Augenbrauen hoch und verzog die Mundwinkel. Aber dann entschloss ich mich doch für ein Okay. „Madlin? Geht klar. Bis gleich." Shelly beendete das Gespräch und sah etwas verwirrt aus. „Was ist?" fragte ich sie und sie sagte verwundert: „Sie kommt mit Matthew." Uns beiden stand ein großes Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. „Hat sie gesagt, worum es geht?" fragte ich vorsichtig. „Das wollte sie mir am Telefon nicht sagen." Ich spürte, wie die Verunsicherung in meine Glieder kroch. Gab es wieder irgendein skandalöses Foto? War irgendetwas im Gange, was wir nicht mit bekommen hatten? „Gibt es etwas, was ich wissen sollte?" fragte ich Shelly. „Nein. Oh Gott, nein. Ich habe dir alles gesagt. Ich habe wirklich keine Ahnung, worum es geht." versicherte mir Shelly. Ich glaubte ihr, aber dennoch verließ mich nicht der Gedanke, dass es nichts gutes heißen konnte. Es war nicht Madlins Art, sich so kurzfristig an zu melden. Nur wenn die Hütte brannte. Ich wusste nicht was ich denken sollte und hoffte inniglich, dass nicht die nächste Katastrophe im anrollen war. „Muss ich mich umziehen?" fragte ich etwas scherzhaft. Aber ich fragte mich tatsächlich, ob ich besser gut aussehen sollte, wenn es schon wieder schlimm werden sollte. „Mach das, wie du dich am wohlsten fühlst. Ich werde mich nicht umziehen. Madlin hat mich schon in ganz anderen Klamotten gesehen." lachte sie. „Ich bin verunsichert." folgte ich meinem Bedürfnis, es Shelly mit zu teilen. Sie blickte zu Boden und nickte leicht. „Das geht mir auch so." gestand sie kleinlaut. Sie trat auf mich zu und nahm mich in den Arm. „Wir werden es abwarten müssen." sagte sie und küsste mich versöhnlich. „Wann kommen die beiden?" fragte ich und wollte wissen, wie lange ich dieser Spannung ausgesetzt sein würde. „Sie wollten gleich los fahren. Sie werden also spätestens in einer halben Stunde da sein." erklärte Shelly. „Währst du weniger unsicher, wenn Madlin alleine käme?" fragte sie mich. „Ja, dann würde ich zumindest nicht mit dem Schlimmsten rechnen." gestand ich ihr ehrlich. Sie nickte. „Das geht mir genauso." Wir tranken unseren Tee und schwiegen vor uns hin. Das Klingeln ließ uns beide etwas zusammen zucken. „Ich gehe." sagte ich und hielt Shelly davon ab, an die Tür zu gehen. Irgendwie malte ich mir aus, ich könnte gleich erkennen, was das Problem war, wenn ich die beiden an der Tür empfangen würde. Natürlich, war das unsinnig. Ich konnte keine Gedanken lesen, das hätte mir vielleicht noch geholfen. Die beiden traten herein und ich begrüßte sie. „Franzi, wie schön, dass du wieder da bist. Ich hatte wirklich Sorge um euch." begrüßte mich Madlin und Matthew pflichtete ihr bei. Sie sahen beide fröhlich aus. Gab es am Ende doch noch gute Nachrichten? Ich klammerte mich an diesen winzigen Funken Hoffnung. „Hey ihr zwei." grüßte jetzt auch Shelly die beiden. Ihre ganze Körperhaltung verriet, dass sie überaus angespannt war und sich das nicht ändern würde, bis sie wusste, worum es geht. Wir setzten uns gemeinsam ins Wohnzimmer. „Ihr seht aus, als hättet ihr euch wieder versöhnt." bemerkte Matthew. Er entlockte uns einen verliebten Blick zueinander. Wir hatten uns wieder versöhnt und es war wirklich schön, dass sich alle mit uns freuten. „Ja, das haben wir. Wir sind sehr glücklich miteinander." erklärte ich schwärmerisch. Madlin und auch Matthew strahlten förmlich und mir persönlich war das etwas zu viel Freude, sollte sie tatsächlich nur unserer Beziehung gelten. „Wie war das Interview heute Morgen? Hat alles gut geklappt?" fragte Madlin und Shelly wirkte etwas genervt. „Ja, ist alles gut gelaufen. Und wie geht es dir? Erbrechen wieder in Ordnung?" fragte sie und wollte nun endlich wissen, was los ist. Madlin strahlte verdächtig und überreichte uns ein kleines Päckchen, ohne die Frage zu beantworten. Jetzt wusste ich so gar nicht mehr, was Sache war. Sollte das heißen, eine weitere Preisverleihung kam auf Shelly zu? Zumindest vermittelte Madlins Strahlen und das kleine Geschenk, dass es nichts schlimmes sein konnte. Ich überließ es Shelly, das Päckchen zu öffnen. Sie zögerte es keine Sekunde heraus und nur der Anstand erinnerte sie daran, es nicht einfach auf zu reißen. Was dann zum Vorschein kam, ließ uns geradezu die Kinnladen herunter klappen. Zwei kleine süße Babysöckchen mit bunten Punkten und kleinen Schnullern drauf. Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Ich verstand wohl, was es heißen sollte, aber konnte ich glauben, was ich da sah. Shelly sah mich an und auch ihr Mund war so weit geöffnet, dass ich bis Peking hätte gucken können. Madlin strahlte und auch Matthew kicherte schon vor sich hin über unsere sicher skurril aussehenden Gesichter. „Du, du bist schwanger?" fragte Shelly vorsichtig und versuchte einem möglichen Fettnapf aus dem Weg zu gehen. Madlin nickte nur und im Nu hatte sie Tränen der Freude in den Augen. Ich wusste gar nicht zu reagieren. Die Erleichterung in mir ließ alle Anspannung weichen. Shelly war noch genauso starr wie ich. „Freut ihr euch gar nicht für uns?" fragte jetzt Madlin völlig verunsichert. „Und wie." antwortete Shelly sogleich und schloss Madlin in ihre Arme. Ich beglückwünschte Matthew derweil und hätte ihn am liebsten abgeküsst, so erleichtert war ich. „Gott, habt ihr uns einen Schrecken eingejagt." stöhnte Shelly erleichtert. „Schrecken? Wieso?" fragte Matthew. „Na, wenn ihr euch so kurzfristig anmeldet und dann auch noch beide kommt. Wir zwei sind hier schon in Sorge versunken. Wir haben gedacht, es gäbe wieder irgendeine Katastrophe." lachte ich und wollte nur noch die Welt umarmen. „Oh stimmt, die Indizien haben dafür gesprochen." lachte Madlin. Dennoch war ihre Schwangerschaft eine Überraschung, mit der ich in keiner Weise gerechnet hatte und die in mir auch Fragen auf warf. „Wie kam es denn jetzt da zu?" fragte ich etwas verwirrt und umarmte auch Madlin. „Also mit den Bienchen und Blümchen ist das so..." begann Matthew und wir mussten lachen. „Also wie das funktioniert, weiß ich. Aber war das geplant?" fragte ich direkt drauf los und erntete einen kurzen Blick von Shelly. Sie fand es wohl nicht in Ordnung, dass ich das gefragt hatte. Aber Madlin nahm es gelassen. „Nein, wir haben verhütet und ich habe am Anfang überhaupt nicht verstanden, warum mir laufend schlecht war morgens. Ich habe erst keinem was gesagt, auch Matthew nicht. Ich habe überhaupt nicht an eine Schwangerschaft gedacht. Ich dachte, es wäre etwas ernstes. Aber als ich merkte, das mein Körper sich verändert, hatte ich allmählich den Verdacht, dass ich nicht mehr allein bin. Ich habe einen Schwangerschaftstest gemacht und der war positiv. Heute Morgen hatte ich einen Termin beim Gynäkologen. Ich hatte den Termin extra erst nach dem Interview gemacht. Aber mir was so schrecklich übel heute Morgen, da ging gar nichts. Der Arzt hat es dann bestätigt, ich bin in der 14. Woche." erzählte sie und mir erklärte es auch sofort, woher dieses Strahlen an ihr kam. Werdende Mütter strahlen ganz besonders fröhlich aus, das ist unvergleichbar. „Wie war es für dich, Matthew?" fragte Shelly. „Als sie mir den Schwangerschaftstest gezeigt hat, war ich schon unsicher. Wir wussten beide erst mal nicht, damit um zu gehen. Das war nicht geplant und wir hatten verhütet. Aber dann habe ich mich riesig gefreut, von dieser wundervollen Frau, ein Kind zu bekommen." Jetzt strahlte auch er ganz besonders. Dieses Kind war nicht geplant, aber sicher gewollt. „Wie schön, dass ihr uns das erzählt." sagte Shelly und nahm dabei meine Hand. „Ich wollte es euch unbedingt als erste erzählen. Ich wäre geplatzt, wenn wir hätten nicht kommen können." sagte Madlin. Wir lachten. „Lass uns anstoßen. Also alkoholfrei natürlich." sagte ich und machte mich auf den Weg in die Küche, nahm vier Gläser und Apfelschorle zur Hand. Ich reichte jedem eines und wir stießen auf ein neues Leben an. „Was wünscht ihr euch? Mädchen oder Junge?" fragte Shelly. „Hauptsache gesund und munter, alles andere ist mir nicht wichtig." antwortete Matthew. „Das sehe ich auch so." stimmte Madlin zu. „Wenn du dich jeden Morgen übergibst, wird es ein Junge. Das hat meine Oma immer gesagt." erklärte ich mein Unwissen über diese Dinge und gab meine Volksweisheiten weiter. Ich bemerkte, dass Shelly etwas beschäftigte. Ich war drauf und dran, sie mir zur Seite zu ziehen und zu fragen, was los war. „Was mache ich dann, wenn du Mama bist? Muss ich mir eine neue Managerin suchen?" fragte Shelly. Diese Frage war es, die sie wirklich unglücklich zu beschäftigen schien. Ein kurzer Anfall einer Stimmungstalfahrt fiel über uns herein. „Ich kann es nicht wirklich sagen, aber ich möchte gerne weiter für dich arbeiten. Telefonieren werde ich wohl können, aber dich eben nicht mehr so häufig begleiten. Und wenn du keine Skandale fabrizierst, dürfte das gut zu schaffen sein." lachte Madlin. Aber Shelly schien nicht wirklich beruhigt. „Hey, wir kriegen das schon hin. Wir werden nur vermutlich öfter mal einen Kompromiss finden müssen." versuchte Madlin sie auf zu muntern. „Ich bin ja auch noch da. Ich kann mich gut frei einteilen. Wenn Madlin und ich uns absprechen, wird immer einer bei dem Kind sein können." erklärte Matthew und faste sich an die Brust. „Nur das mit dem Stillen kann ich nicht." Wir lachten. Auch Shelly schien erleichtert und sie konnte wieder ihr wunderschönes Lächeln zeigen. „Vielleicht nutze ich deine Babypause als Schauspielpause. Das wäre doch auch mal was." überlegte sie. „Wenn ich dann nicht arbeitslos werde." bemerkte Madlin. „Ich ja dann auch." mischte ich mit und legte meine Stirn in Falten. „Leute, ich rede von ein paar Monaten, nicht ein paar Jahren." lachte Shelly. „Lass es uns abwarten. Vielleicht klappt es besser als wir jetzt alle ahnen können." beruhigte Madlin sie und wir beschlossen erst mal das neue Leben willkommen zu heißen.

Wir saßen noch bis tief in die Nacht zusammen, erzählten Geschichten und immer wieder tauschten Shelly und ich Liebkosungen aus. Ich fragte mich, wie Shelly mit Babybauch aussehen würde. Dabei fiel mir auf, dass wir noch nie ernsthaft über das Thema gesprochen hatten. Sollten wir das tun?

Ich erinnerte mich, wie überfordert ich mit all den Themen am Anfang unserer Beziehung war und ich musste erst mal mit dem ganzen Presserummel um gehen. Inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt, zumindest soweit man sich daran gewöhnen konnte und ich war freier, über all die anderen Themen nach zu denken.

©lialight

Meet and love 2 (gxg)Where stories live. Discover now