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„Na, wie geht's dir Ardylein?"

„Was willst du?", antwortete ich meiner Erpresserin. Sie hatte mich kurz nach meinem Abgang her gebeten. Jetzt wollte ich sie zur Rede stellen.
„Weißt du eigentlich was ich damit machen könnte?", sie lächelte bösartig und wedelte mit ihrem Handy vor meiner Nase herum. Ich schluckte stark.
Auf dem Display konnte ich ein Bild erkennen. Ein Bild von Sophia und mir, wie wir nackt auf dem Bett liegen. Was sie damit machen wollte war mir klar. Sie wollte mich demütigen, mich vor meinen Freunden bloß stellen und mich damit runter ziehen. Kurz gesagt wollte sie meinen Ruf ruinieren.

Das schlimme war, das war eines der harmlosesten Bilder. Ich hatte alle auf meinem Handy. Wenn diese an die Öffentlichkeit kommen würden, könnte ich mich lebendig begraben. Keiner konnte mir helfen. Ich konnte es niemandem sagen.
„Du willst doch nicht, dass ich damit dein Leben zerstöre oder?", fragte sie und kam mir immer näher. Ich hatte eindeutig keine Wahl.
„Ich könnte das selbe auch mit dir machen", drohte ich ihr, doch meine Stimme zitterte. Sophia lachte und kam mir wieder näher.
„Sieh mich an. Ich habe nichts, also was habe ich zu verlieren? Ich möchte einfach nur meinen Spaß mit dir haben, bis du mir zu langweilig wirst." Ein Hoffnungsschimmer keimte in mir auf.
Das heißt, ich muss sie nicht ewig ertragen. Ich muss nur durchhalten, bis sie einen Neuen hat. Und da konnte ich vielleicht nachhelfen...

„Doch bis dahin gehörst du mir", flüsterte sie und stand nun unmittelbar vor mir. Mein Herz klopfte vor Angst und ich wollte nicht, dass es jetzt passierte. Doch sie legte ihre Hände in meinen Nacken und zwang mich so, sie anzusehen.
Sie lächelte wieder, diesmal freundlich. Ich war bewegungsunfähig und schloss meine Augen. Diesen Anblick wollte ich nicht ertragen müssen. Sie fasste das anscheinend falsch auf und presste ihre Lippen plötzlich auf meine.
Ich öffnete vor Schreck den Mund, was sich als riesigen Fehler herausstellte. Unangenehm erkundete sie mit ihrer Zunge meine Mundhöhle und spielte mit meiner Zunge.
Am liebsten hätte ich sie weggestoßen oder ihr eine geklatscht, doch ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Stattdessen ließ ich es über mich ergehen. Eine andere Wahl hatte ich einfach nicht. Ich wollte nicht, dass diese Fotos irgendjemand sehen könnte.

Auf einmal kam mir Taddl in den Sinn. Was würde er von mir denken, wenn er mich hier so sähe? Er würde mich verabscheuen. Aber das war besser, als wenn er diese Bilder sehen würde. Dann würde er mich vermutlich verstoßen und auf Ewig hassen. Er hielt nicht viel von solchen Mädchen wie Sophia. Genauer gesagt hielt er von ihnen gar nichts.
Endlich löste sie sich von mir. Wir beide atmeten schwer und sie sah mich fordernd an.
„Sag mal, hast du ne' Kippe?", keuchte sie und ich schüttelte den Kopf. Dann zeigte sie hinter mich. Ich drehte mich um und entdeckte eine Tankstelle.
„Na los, hol welche", befahl sie und ich ging ohne ein Wort.

Warum musste so etwas mir passieren? Warum konnte das nicht irgendwer anders durch machen? Ich hatte niemanden etwas böses getan.
Ich betrat die Tanke und erschrak mich fast zu Tode. An der Kasse stand gerade die Person, die ich am wenigsten sehen wollte.
„Ardy?", begrüßte mich Taddl. Ich lächelte gequält und ging auf ihn zu. „Du siehst scheiße aus." „Danke, ich hab dich auch lieb",seufzte ich. Er lachte und umarmte mich kurz. „Was brauchst du?", fragte er mich. Ich zuckte nur mit den Schultern und ging zur Kasse. Am liebsten wäre ich ausgerastet.
Taddl hasste Zigaretten und Alkohol. Er verabscheute alles und jeden, der etwas damit zu tun hatte. In dem Moment fiel mir ein, dass ich mehr als Glück hatte. Schnell schnappte ich mir einen Energy Drink und bezahlte ihn.

Ich hielt ihn Taddl unter die Nase und verließ die Tankstelle. Er folgte mir. Auf der anderen Straßenseite konnte ich Sophia erkennen, die mit ihrem Feuerzeug spielte. Ich zog meinen Brudi hinter ein Auto und öffnete mein Getränk.
„Ich muss dann glaub ich mal w-" „Nein du bleibst jetzt hier!", unterbrach ich ihn und sah ihn zornig an. Er blieb erschrocken stehen und grinste mich an. „Ich hab dich vermisst, Ardy", gab er zu und wuschelte liebevoll durch meine Haare. Das Blut schoss in mein Gesicht und ich sah verlegen zu Boden.
Musste er auch immer so etwas sagen? Das war so süß. Ehh, ich meinte natürlich nervig.

„Hey Kleiner, ich muss jetzt aber wirklich gehen. Jemand wartete auf mich." Jemand? Und ich war nicht klein. Er beugte sich schnell zu mir herunter und verweilte kurz vor meinem Gesicht. Als würde er sich mit etwas nicht sicher sein. Dann hauchte er mir einen kurzen Kuss auf meine Stirn. Um ehrlich zu sein, war ich mir nicht sicher, ob das überhaupt einer gewesen war. Machte man so etwas überhaupt unter Brudis? Ich blieb noch eine Weile so, damit sich mein Herzschlag normalisieren konnte, nachdem Taddl wieder ohne ein Wort verschwunden war.
Verwirrt machte ich mich danach auf den Rückweg zu Sophia.

„Das hat ja lange gedauert", nörgelte sie und gab mir flüchtig einen Kuss auf die Wange. „Gib schon her!" Ich schüttelte schadenfroh den Kopf. „Schon vergessen? Ich bin noch nicht achtzehn!" Sie knurrte genervt und nahm meine Hand. „Warum geb' ich mich eigentlich mit so einem Bubi wie dir ab?", fragte sie mehr sich selbst. „Niemand hat dich dazu gezwungen", trällerte ich und sie drückte meine Hand noch fester.
Im Moment verlangte sie zum Glück nicht zu viel von mir, obwohl dieses Mädchen krank war. Ein Mensch wie sie gehörte eindeutig in eine Psychiatrie, wo ihr geholfen werden musste. Wenn das überhaupt noch möglich war, wobei ich mir nicht wirklich sicher war. Augenblicklich fing sie an zu lachen.

„Weißt du was?", brachte sie zwischen ihrem Gelächter heraus. Ich schüttelte den Kopf. Was kam wohl aus nächstes? Sie verstummte und stellte sich auf die Zehenspitzen. In ihrem Blick lag so viel Hass, das es mir schon fast Angst machte. Diese Angst bildete sich nach den Worten, die sie danach aussprach. „Jedes Mal wenn du etwas sagst, was mir nicht gefällt, tu ich dir weh", ihre Stimme klang zuckersüß und sie brachte mich zum erschaudern.
„Dir werde ich schon noch den Respekt lehren", flüsterte sie und schlug mir danach mitten in die Magengrube. Ich keuchte erschrocken auf und taumelte etwas zurück. Normalerweise hätte ich mir so etwas nie gefallen gelassen, doch was sollte ich gegen sie ausrichten? Solange sie im Besitz dieser Bilder war, konnte ich nichts tun.

„JETZT ENTSCHULDIGE DICH!", schrie sie hysterisch und kam bedrohlich auf mich zu. Ich stellte mich wieder aufrecht hin und hob beide Hände. Doch ich machte keinerlei Anstalten mich zu entschuldigen. Darauf konnte sie lange warten. Sie schüttelte unzufrieden den Kopf und zückte ihr Handy. Nach einigem herumtippen auf diesem zeigte sie mir den Display. Eine Berührung mit dem Display und ein Bild, auf dem ich sie ekelhaft begrapschte würde auf Facebook landen.
„T-tut mir leid", stotterte ich und brachte sie so zum grinsen. Sie schloss Facebook wieder und ich seufzte erleichtert auf. „Jetzt weiß ich wenigstens, wie weit ich gehen kann", sagte sie und grinste mich immer noch böse an.
Ab diesem Moment, hatte ich vor allem Angst was ich tat.

Das Leben des Ardy (Tardy ff)Where stories live. Discover now