Kapitel 51: Selbstzerstörungsknopf

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Stegi nickte und sagte: „Er kommt näher. Wir sind nicht so weit von unserer ursprünglichen Position weggelaufen und wenn er wirklich so gut Fährten lesen kann, wie er behauptet, wird er gleich hier sein. Bete, dass er uns nicht findet."

Die Äste und Blätter des Waldbodens knisterten, doch sie horchten nur angespannt auf diesen dumpfen Klang in einem schwerfälligen, aber gleichmäßigen Takt, der langsam aber sicher immer lauter wurde. Er kam tatsächlich näher. Manchmal wären sie froh darüber gewesen, nicht so viel hören zu können. Angespannt drückte Tim Stegis Hand, war es doch das einzige was er jetzt tun konnte. Dann war es still. Durch die vielen Blätter um sie herum konnte man kaum etwas außerhalb ihres Versteckes erkennen, nur die Öffnung, durch die sie herein gekommen waren, wurde hell vom Mond beleuchtet. Wie gebannt starrten sie auf diese Stelle und beobachteten schaudernd, wie nach und nach ein gigantischer Schatten das Licht bedeckte. Es knackte, als sich plötzlich die Spitze eines gigantischen Turnschuhs nach vorne schob. Tim zuckte erschrocken zusammen, so dass Stegi ihm schnell den Mund zu halten musste, damit er kein Geräusch machte. Keiner von ihnen wagte es auch nur einen Muskel zu bewegen.

„Scheiße, warum ist das hier auch so verdammt unübersichtlich?", hörten sie ein Stimme fluchen. Doch es hörte sich ganz und gar nicht nach Rafi an. Stegi fiel ein Stein vom Herzen.

„Das ist Tobi", raunte Stegi Tim zu, während er langsam seine Hand wieder von seinem Mund herunter zog, „Lass uns mal nachsehen."

„Bist du wahnsinnig? Du weißt ganz genau, dass er nicht alleine ist", entgegnete Tim sofort. Alles in ihm sträubte sich dagegen auch nur einen Schritt aus ihrem Versteck heraus zu gehen. Und das lag nicht unbedingt nur daran, dass Rafi in der Nähe sein könnte.

„Ja klar, aber er kann uns helfen", entgegnete Stegi, der Tims Bedenken irgendwie nicht nachvollziehen konnte. Hibbelig sprang er von ihrem Stein auf und wollte ihn hinter sich her ziehen, doch er sträubte sich immer noch.

„Muss das wirklich sein?", versuchte er dagegen zu lenken. Verwundert sah ihn Stegi an und hob dann sarkastisch eine Augenbraue.

„Hast du etwa Schiss ... vor Tobi?"

„Natürlich nicht!", stritt er sofort ab, „Ich mach mir nur Sorgen, dass Rafi noch hier in der Nähe sein könnte."

Stegi lugte zwischen den Blättern hindurch.

„Na wenn das so ist. Sieht nicht danach aus. Hey, kannst du mal irgendwas zu ihm hochwerfen? Wir müssen ihn irgendwie auf uns aufmerksam machen."

„Warum ich?"

„Na, spiel ich Basketball oder du?"

„Das ist doch was anderes", murrte Tim, aber er nahm trotzdem widerwillig die Steinchen entgegen, welche ihm Stegi reichte. Beim ersten Versuch segelten sie kläglich in hohem Bogen wieder zu Boden, ohne ihrem Ziel überhaupt nahe zu kommen.

„Versuchs nochmal!", ermutigte ihn Stegi, „Versuch auf seine Hand zu zielen!"

Leichter gesagt als getan, denn es war wirklich verdammt weit oben. Viel höher, als jeder Basketballkorb. Er ging zwei Schritte zurück und warf sie dann mit voller Wucht in die beschrieben Richtung. Er zuckte selbst am meisten zusammen, als er schließlich traf und die große Gestalt sich rührte. „Au", sagte er und rieb sich verärgert die Knöchel. Unwillkürlich wich Tim hinter Stegi zurück und traute sich nicht Tobi anzusehen, als er sich in ihre Richtung drehte.

„Stegi?" rief dieser laut aus, als er sie entdeckte hatte. Er ging in die Hocke und nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: „Und ... Tim?!" Die Fassungslosigkeit in seiner Stimme war nicht zu überhören. Tim verkrampfte sich und alles in ihm schrie nach Flucht. Er merkte wie Stegi seine Hand fester drückte und ihn aufmunternd zulächelte mit einem ist-schon-okay-Blick. Erst dann traute er sich aufzusehen zu diesem riesigen Gesicht. Er müsste das ja eigentlich noch von Stegi gewöhnt sein, aber dies war noch einmal etwas völlig anderes. Hier fühlte er sich wehrlos und fremd in seiner eigenen Haut.

Große Gefühle für ein kleines Herz - StexpertOnde histórias criam vida. Descubra agora