Kapitel 58 - Silvester oder "Von knurrenden Severus Snapes"

1K 68 7
                                    

Kapitel 58 - Silvester oder "Von knurrenden Severus Snapes"

Lange stehe ich vorm Spiegel und betrachte mich darin. Mein nackter Körper ist noch vom Duschen nass und einzelne Wasserperlen rinnen an meiner Haut entlang. Meine linke Brust ist etwas größer, als die rechte. Kaum zu erkennen und für mich dennoch deutlich sichtbar. Neben meinem Bauchnabel ist ein kleiner Leberfleck. Severus küsst ihn jedes Mal hingebungsvoll. Mein Herz schlägt schneller und pumpt pure Liebe durch mich hindurch, als ich daran denke und wie selbstverständlich auf meinen Ring schaue.
Mit einem tiefen Seufzer trockne ich mich ab. Das Handtuch werfe ich achtlos über die Badewanne und drehe mich zu meinem Kleid um.
Heute ist Silvester und Minerva hat einige hohe Persönlichkeiten zu einem Ball geladen.
Wir müssen mehr Schüler anwerben", hatte sie gesagt, ehe sie hektisch die Eulen verschickt hatte. Sie erhofft sich – besonders dadurch, dass sie auch die Ministerien aus anderen Ländern angeeult hat –, dass sie Auslandsprogramme einführen und Hogwarts wieder mehr Schüler schicken.
Mein schlichtes silbernes Cocktailkleid schimmert im Schein der Lampen. Perfekt für Silvester.
Ich nehme meine Unterwäsche und beginne mich anzuziehen.

Als ich das Bad verlasse finde ich Severus, wie jedes Mal, an den Bettpfosten gelehnt vor. Er betrachtet mich von oben bis unten. Ein Lächeln stiehlt sich auf seine Züge, während er lässig zu mir geschlendert kommt.
„Schön, wie eh und je", raunt er in mein Ohr und gibt mir einen Kuss in meine Halsbeuge. Intuitiv lege ich meinen Kopf zur anderen Seite, damit er es einfacher hat. Ein leises Stöhnen entfährt meinen Lippen und ich spüre ihn an meiner Haut lächeln.
„Na dann wollen wir mal", sagt er genervt, als er sich von mir löst, und verdreht die Augen. Ich muss kichern, während ich ihm durch das Wohnzimmer folge.
Er öffnet mir die Eingangstür und verbeugt sich gespielt, sodass ich mir mein Lachen nicht mehr verkneifen kann.
„Wird so unser Eheleben aussehen?", pruste ich atemlos und halte mir meine Seite. Mit funkelnden Augen beugt er sich zu mir herunter.
„Es wird besser", knurrt er leise und jagt mir eine Gänsehaut über den Körper, ehe er sich aufrichtet, seine übliche Maske auflegt und voran in den dunklen Gang schreitet.

Meine Augen weiten sich, als ich die Große Halle betrete. Minerva hat sich wirklich selbst übertroffen.
Der gesamte Raum ist mit Girlanden aus weißer Spitze geschmückt. Hier und da schwirren bunte Lichter umher und in der Mitte der Tanzfläche hängt ein discokugelartiges Ding. Es scheint aus vielen verschiedenfarbigen Glühwürmchen zu bestehen, die im Kreis herumschwirren.
An der rechten Seite ist ein imposantes Buffet aufgebaut und lockt mit allerlei Köstlichkeiten.
Nach unserem Tisch suchend bahne ich mir den Weg durch die Massen, immer darauf bedacht unsere Namen auf Kärtchen zu finden.
„Hermine!", ertönt eine Stimme hinter mir, sodass ich abrupt stehenbleibe und mich umsehe. Etwas weiter hinten im Saal erkenne ich einen winkenden Kingsley.
Ein unwohles Gefühl breitet sich in meinem Magen aus. Ich habe mit ihm seit dem Eignungstest im Ministerium nicht mehr gesprochen, doch er scheint das bereits vergessen zu haben. Anders kann ich mir seine übertrieben freundlichen Gesten nicht erklären.
Mit einem gequälten Lächeln trete ich auf ihn zu, während er sich mit gestrecktem Kopf einen Weg durch die Menschen bahnt.
„Hermine", sagt er erneut, als er endlich vor mir steht. „Wie geht es dir?"
„Gut, danke der Nachfrage", antworte ich abweisend. Ich wüsste nicht, wieso ich zu ihm freundlich sein sollte, nachdem er diese Tortur eingeführt hat. Verwundert hebt er seine Augenbrauen.
„Bist du noch immer sauer wegen des Tests?", fragt er beinahe amüsiert. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und meine Kiefer beginnen zu mahlen.
„Ich kann dich beruhigen", setzt er an, nachdem er sich leicht zu mir nach vorne gebeugt hat. Ich kann sein Duftwasser aus Unterholz riechen. „Den haben wir wieder gestoppt. Du hattest Recht."
Sprachlos klappt mir der Mund auf. Schlagartig entspannen sich all meine Muskeln.
„Wa-Was?", frage ich verwirrt nach. Er nickt bestätigend.
„Ich weiß auch nicht, was meine Berater sich dabei gedacht haben – was ich mir dabei gedacht habe."
„Das ist gut", sage ich schlicht. Dass er es wieder gecancelt hat, macht es noch lange nicht gut, dass sie Draco mit einem Crutiatus belegt haben. „Wenn du mich dann entschuldigen würdest."
Aufmerksam verbeugt er sich vor mir, nimmt meine Hand und gibt ihr einen sanften Kuss, ehe er sich umdreht und bereits zum nächsten Gesprächspartner eilt. Kopfschüttelnd sehe ich ihm nach.
„Hier steckst du also." Severus' Reibeisenstimme lässt mich herumfahren. Mit einem hochgezogenen Mundwinkel sieht er auf mich herab. „Wollen wir uns setzen?" Von seiner Aura gänzlich eingenommen, nicke ich bloß, was er mit einem rauen Lachen quittiert. Er greift nach meiner Hand und führt uns zu unserem Tisch.
Gemeinsam mit den restlichen Lehrkräften von Hogwarts sitzen wir recht nah an der Tanzfläche. Pomonas Züge hellen sich auf, als sie mich erblickt, und sie zieht meinen Stuhl sogleich vor und klopft aufgeregt auf dessen Sitzfläche.
„Danke", entgegne ich ihr und schenke ich ein kleines Lächeln.
„Meine sehr verehrten Damen und Herren." Minervas Stimme schallt durch die Halle. Nach und nach verstummen entstandene Gespräche, bis alle ihre Köpfe zu ihr gedreht haben. „Ich freue mich, Sie alle zu Hogwarts' erstem Silvesterball begrüßen zu dürfen. Heute Abend dürfen Sie kulinarischen Hochgenuss, allerlei Entertainment und zum Schluss ein wundervolles Feuerwerk genießen. Ich hoffe Sie haben alle einen schönen Abend. Viel Spaß!" Als sie sich verbeugt, brandet tosender Applaus auf, der kurze Zeit später von Stuhlrücken und Gemurmel unterbrochen wird.
„Hast du Hunger?", fragt Severus mich leise. Sein Duft umhüllt mich und ich blicke direkt in seine tiefschwarzen Augen. Langsam nicke ich, woraufhin er meine Hand nimmt und mich zum Buffet führt.

Seit einigen Minuten sitze ich gelangweilt auf meinem Stuhl und schaue ziellos durch die Große Halle. Minerva hat Severus regelrecht entführt, weil sie ihn den ausländischen Ministern vorstellen will.
Wir müssen doch mit unserem herausragenden Zaubertränkeunterricht werben", hatte sie feierlich verkündet und ihn am Ärmel aus der Halle geschliffen. Erneut verdrehe ich die Augen.
Ich atme einmal tief durch und stehe auf, um durch die Halle zu schlendern. Severus ist nirgends zu sehen und das, obwohl man seine dunkle Gestalt doch unter tausenden erkennen müsste. Seufzend lasse ich den Kopf hängen, während ich an Grüppchen, die sich angeregt unterhalten, und tanzenden Menschen vorbeigehe.
Hin und wieder blicke ich auf, um nach Severus zu sehen, doch jedes Mal muss ich enttäuscht feststellen, dass er noch immer nicht zurück ist.
Ich schlendere am Büfett vorbei und greife nach einem Glas Feenpunch, als mich eine Stimme hinter mir derart erschreckt, dass ich das Glas beinahe fallen lasse.
„Na, schöne Frau." Erschrocken fahre ich herum und stocke augenblicklich. Dicht vor meinem Gesicht befindet sich eine in schwarz gekleidete Brust. Ich schaue auf und sehe direkt in Dracos schelmisch grinsendes Gesicht.
„Draco", presse ich atemlos hervor, „du hast mich erschreckt." Er lacht auf. Laut und rau.
„Das war der Plan", lacht er etwas leiser. Mein Herz schlägt außerhalb seines Rhythmus'. „Möchtest du tanzen?"
Gerade, als sich meine Atmung und mein Herzschlag zu beruhigen beginnen, weiten sich meine Augen und mein Mund klappt auf.
„Wie bitte?", flüstere ich leise. Er zieht eine Augenbraue in die Höhe und betrachtet mich eingehend.
„Ob du tanzen möchtest", wiederholt er etwas langsamer, als hätte er Angst, ich hätte es nicht verstanden. Meine Gedanken rasen durch meinen Kopf, bis ich wieder klar denken kann.
„Spinnst du?", zische ich ihn an und sehe direkt panisch an ihm vorbei, ehe ich mich ihm wieder zuwende. „Wenn Severus dich hier sieht!" Er zuckt bloß mit den Schultern.
„Der ist doch gerade mit dem Minister aus Bangladesch unterwegs." Er schenkt mir ein kleines Zwinkern. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und ich spüre, wie mir plötzlich tierisch heiß wird.
„Er kann aber jede Sekunde wiederkommen", zische ich mit unsicherem Ton in der Stimme. Immer wieder schaue ich an Dracos Seiten vorbei, um sicher zu gehen, dass Severus uns noch nicht gesehen hat.
Gerade, als ich mich dem Blondschopf vor mir wieder zuwenden möchte, sehe ich im Augenwinkel eine große, schwarze Gestalt die Halle betreten.
Mein Herz hört auf zu schlagen und ich spüre, wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht. Auch Draco bemerkt meinen Blick und folgt diesem. Als auch er erkennt, wer dort steht, beginnt er zu zittern. Jeden Moment fliegt ein Todesfluch zu uns herüber. Ich umklammere mein Glas und drohe es zu zerbrechen. Severus' eiskalter Blick liegt auf uns Beiden. Seine Augenbrauen sind tief in sein Gesicht gezogen und ich kann seine Halsschlagader selbst auf diese Entfernung unheilvoll pochen sehen.
Und plötzlich geht alles ganz schnell. Mit wehenden Roben dreht er sich um und verlässt die Große Halle. Mein Brustkorb fühlt sich an, als hätte man ein glühend heißes Eisen hindurch geschoben. Tränen rinnen meine Wangen hinab, während ich Draco das Glas in die Hand drücke und losrenne.
„Severus! Warte!", schreie ich durch den Saal und achte nicht auf die verwirrten und empörten Blicke, die mir zugeworfen werden.
Atemlos haste ich durch die Gänge Hogwarts'. Mein Herz fällt mit jedem Schritt auseinander und ich kann es nur mit Mühe zusammenzuhalten. Meine Beine würden mich am liebsten nicht mehr tragen, doch der Wille mit Severus zu reden und ihm alles zu erklären, treibt sie unerbittlich an.
Heiße Tränen laufen durch den Gegenwind in meine Ohren, während ich immer weiter renne. Immer wieder rufe ich seinen Namen, doch er antwortet nicht.
Der Ring an meinem Finger scheint sich glühend heiß durch meine Haut, mein Fleisch und meine Knochen zu brennen. Wie konnte ich ihm das nur antun?
Meine Beine tagen mich schließlich in die Kerker, der einzige Ort, an dem ich ihn vermute. Hastig und mit tränenerstickter Stimme stammle ich das Passwort, stolpere durchs Wohnzimmer und bleibe im Schlafzimmer abrupt stehen, als ich seine schwarze Gestalt vor dem Bett stehen sehe.
Mein Herz schlägt träge in meiner Brust.
„Severus", flüstere ich, strecke meine Hand aus und gehe einen Schritt auf ihn zu.
„Bleib. Wo. Du. Bist", knurrt er bedrohlich, während seine tiefschwarzen Augen mich wütend anfunkeln. Augenblicklich bleibe ich stehen und lasse langsam meine Hand sinken.
Die Splitter, die mein Herz in meinem Körper verteilt, als es bricht, bohren sich in meine Organe.

Komm, unsere Herzen zeigen uns den WegWhere stories live. Discover now