Priori Incantatem (HP/FF)

4. Ilvermornys Festsaal

Die Eingangshalle des eigentlichen Schlosses Ilvermorny was ausreichend verziert. Die Wände gingen meterweise hoch und die Decke war nur noch als schemenhafter Schatten auszumachen, während Portraits berühmter Zauberer, Hexen und magischer Wesen, Wandteppiche und Wanddekorationen den schlichten Stein verzierten. Der Boden war mit einem teuren Teppich ausgelegt und so konnte Evelynn lediglich an den Stuckleisten der Wand noch den ursprünglichen Stein ausmachen, der einst in einem edlen schwarz geglänzt hatte, nun aber leicht ergraut wirkte. Mit Joshua und David an ihrer Seite durchquerte Evelynn die fast deckenhohe Eingangstür in den Ballsaal. Die Tür an sich bestand aus dickem Eichenholz, war nur leicht verziert und diente hier wirklich nur dem Zweck der Raumtrennung, während andere Türen des Schlosses ein wirklicher Blickfang waren. Da gab es einige, die aus purem Gold zu sein schienen, wieder andere, die so sehr verziert und bemalt waren, dass sie edlen Kunstwerken glichen und dann einige, die so fantastisch aussahen, dass Evelynn manchmal glaubte, sie wären aus einer fernen Fantasiewelt.

Der Saal hinter der weniger schmucken Eingangstür war ebenfalls steinern, wie das ganze Schloss, hatte aber hölzerne Wandvertäfelungen. In den Geschichten, die Evelynn von ihrer Mutter gehört hatte, gab es in Hogwarts vier große Haustische, an denen die Schüler aßen und tranken. In Ilvermorny jedoch gab es diese starke Trennung nicht. Die Schüler saßen an hunderten Tischen miteinander, wie sie wollten. Jeder konnte entweder mit seinen Hauskameraden, mit seinen Freunden oder – wenn derjenige Schüler das denn wollte – sogar mit den Lehrern zusammensitzen. Jedem stand es frei und genau das fand Evelynn an Ilvermorny wirklich toll. Die Schule war so stark auf den Zusammenhalt ihrer Schüler getrimmt, dass es Fälle von Rassismus noch nie gegeben hatte. Jeder war gleichwertig, so, wie es sein sollte.

In die hölzernen Vertäfelungen der Wand waren die vier Hauswappen geritzt worden. Jeweils zwei waren an der Ostseite, die anderen beiden zierten die Westseite und manchmal konnte man sie dabei beobachten, wie sie sich bewegten. Wie fast jedes Bildnis waren sie verzaubert und tauschten sogar manchmal die Plätze, wenn sie fanden, es wäre mal wieder an der Zeit für eine Veränderung der Ästhetik. Die hunderten Tische, die sich scheinbar wahllos im Saal aneinanderreihten und dabei mehrere kleine Gänge bildeten, durch die sich schon Schüler hindurchpressten, bestanden aus dunklem Holz, mit einer feinen Lackschicht. Ein berühmter, magischer Schreiner hatte sie extra für diesen Saal angefertigt. Wie immer waren die Tische ganz am Ende der Halle bereits besetzt, doch Evelynn störte das gar nicht. Sie und ihre beiden männlichen Begleiter begaben sich an einen großen, runden, direkt neben der Tür, an dem bereits Mallory und Alondra saßen.

„Hallo David!", begrüßte Alondra ihren dunkelhäutigen Mitschüler sogleich, als sie sich setzten. „Schön dich wiederzusehen."

„Ebenfalls", erwiderte er und lächelte breit. „Und bevor ihr fragt: Meine Ferien waren fantastisch." Mallory lachte.

„Sind wir so vorhersehbar geworden?", fragte sie und schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln.

„Wenn ihr jedes Jahr dieselbe Frage als erstes stellt, ja." Er schüttelte sich einige seiner dunklen Haare aus der Stirn.

„Wo hast du Ava gelassen?", fragte Alondra, die sich umschaute, als erwartete sie, Besagte könnte jeden Moment unter einem der Tische hervorspringen. Joshua grummelte leise und Evelynn verdrehte die Augen, während sie ihn unter dem Tisch anstieß. „Sie ist bei Jesse geblieben. Seine Schwester wird heute auch eingeschult."

Alondra und Mallory tauschten einen wissenden Blick und Joshua schien noch verärgerter zu sein. „Na, dann kann das ja noch etwas dauern", meinte Mallory grinsend. Während sie auf die restlichen Schüler, die Lehrer und besonders die Schulleiterin Fráoula warteten, besah sich Evelynn die anderen Schüler und versuchte ein paar Veränderungen festzustellen. Dem Gespräch an ihrem Tisch lauschte sie nur mit einem halben Ohr.