14. Fünfzehn Jahre Einsamkeit

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„Es war mir eine Ehre", sagte Kieran Lawson und deutete eine Verbeugung an. Eine Schramme zog sich über seine Wange, etwas Blut hatte sich in seinem Bart verkrustet und an Audreys Rock war ein Riss zu erkennen, ansonsten sahen die beiden Hexen und der Zauberer noch wie neu aus. Die zwei flüchtigen Räuberinnen, die sie gefangen nehmen sollten, waren sicher dem Abteilungsleiter der Magischen Strafverfolgung übergeben worden – natürlich hatte Andrew Reyes-Pile sich beschwert, dass das alles so lange gedauert hatte und wollte seinen Frust sogleich an Cassandra auslassen, als Kieran für sie in die Bresche gesprungen war – und nun hatten Cassy und Audrey Kieran wieder in die Aurorenzentrale begleitet.

„Das war irgendwie lustig", sagte Audrey und betrachtete den Riss in ihrem Rock kritisch. „Wir sollten es irgendwann mal wiederholen!"

„Sie meinen, Verbrechen einfangen und dabei den Obstwagen eines No-Maj in die Luft jagen?", fragte Kieran mit einem schiefen Grinsen, wobei die Falten sich an seinem Mund und den Augen anspannten. „Ja, wir waren ein gutes Team."

„Dieser letzte Fesselzauber war schon toll, muss ich ja sagen", erwiderte Audrey selbstlobend. „Diese Präzision hab ich schon lange nicht mehr hinbekommen."

„Ja, du hast uns allen die Show gestohlen, Audrey", lachte Cassy. „Aber jetzt sollten wir gehen und den Bericht fertigmachen. Sonst zündet Andrew wieder meinen Schreibtisch an."

„Das soll er mal versuchen", sagte die andere Hexe laut. „Aber du hast Recht. Er sah vorhin schon so angespannt aus."

„Sollte etwas passieren, können Sie gerne meine Hilfe anfordern", meinte Kieran und drückte den Rücken durch. „Ich kann ja nicht zulassen, dass zwei reizende Damen in Nöten sind."

„Sie Charmeur!", rief Audrey aus und kicherte leise. „Man sieht sich!" Gemeinsam mit Cassy wandte sie sich wieder an den Fahrstuhl in dem dieses Mal ein anderer Hauself stand und befahl ihm, dass er sie wieder in die Abteilung für Magische Strafverfolgung bringen sollte, während Kieran sich umgedreht und in den wirren Gängen der Aurorenzentrale verschwunden war.

„Audrey, du bist verheiratet", zischte Cassy teils belustigt, teils besorgt. „Und Mr. Lawson ebenso!"

„Ach, lass es mich doch ein bisschen genießen, wenn ein Mann noch ein richtiger Gentleman ist", sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung, während sie das Gebäude wieder langsam herunterfuhren. „Außerdem mache ich doch noch nichts Schlimmes. Ein bisschen Flirten hat noch niemandem geschadet."

„Ich hoffe, du hörst dir selber zu", meinte sie. „Ich habe ich keine Lust auf ein erneutes Beziehungsdrama. Blues ganze Geschichten reichen mir da." Cassy stieg als erstes aus dem Fahrstuhl aus, als er in der Magischen Strafverfolgung hielt und Audrey folgte ihr, nachdem sie dem Hauself noch freundlich zugelächelt hatte. „Wo ist sie eigentlich?"

„Blue? Ich hab gehört, Andrew hat sie nach New Orleans geschickt, weil es dort schon wieder irgendwelche kleinen Zwischenfälle mit einem Hexer und den örtlichen No-Maj gab, weiß nicht. Sie sollte bald wiederkommen." Audrey ließ sich seufzend auf ihrem Schreibtischstuhl nieder und zog sich dann die hochhackigen Schuhe aus.

„Zwischenfälle? Wie die im letzten Monat? Unten in Wo-war-das-gleich?", fragte Cassandra und legte ihren Zauberstab auf den Tisch, nachdem sie einen Stapel frischer Pergamentblätter aus einer Schublade gezogen hatte. Langsam kehrte der Abend ein und das Licht in ihrem Büroraum war nun nicht mehr ganz so natürlich, sondern hatte den künstlich, gelben Schein von Glühbirnen angenommen, wirkte aber dennoch warm und freundlich.

„Ich weiß auch nichts genaues", erwiderte Audrey und zuckte mit den Schultern. „Willst du auch Kaffee?"

„Ja, bitte." Kurz darauf flogen zwei bis zum Rand gefüllte, weiße Tassen mit Kaffee in den Raum und stellten sich vor den beiden Hexen auf. Den Rest des Abends verbrachten die beiden damit, den Bericht über die Gefangennahme der Räuberinnen anzufertigen und Kaffee zu trinken. Andrew kehrte kurz vor zwanzig Uhr zurück und blickte immer noch sehr angespannt drein, auch als er Audrey die Pergamentrolle aus der Hand gerissen hatte.

Priori Incantatem (HP/FF)Where stories live. Discover now