Kapitel 4

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Am Nachmittag läutete die Türklingel.

Mutter: "Lina, gehst du bitte aufmachen?!"
Genervt stöhnte ich auf, aber ging trotzdem hinunter. Als ich aufmachte schreckte ich erstmal zusammen.
Vanessa!

Ich:"Was machst du denn hier?"
Ich flüsterte leise, konnte allerdings meine Freude nicht verstecken.

Vanessa:"Reden!"
"Du dürfstest gar nicht hier sein", murmelte ich. Mit einer Handgestik deutete ich ihr mir zu folgen.
Wir schlichen uns die Treppe hoch.

Mutter: "Wer war an der Tür?!"
Schrie sie aus der Küche.

Ich:"Nur die Post!"
Die Lüge glitt mir mühelos über die Lippen.

In meinen Zimmer setzten wir uns erstmal auf mein Bett.

Vanessa:"Also...?"
Sie zog das 'O' in die Länge und hob fragend eine Augenbraue.

Und dann platzte einfach alles aus mir heraus. Vanessa war meine beste Freundin. Ich konnte ihr alles erzählen. Sie war meine erste Freundin an der Schule und ich vertraute ihr.
Anscheinend vertraute sie mir genauso, dass sie mich nicht sofort verurteilte, sondern erklären ließ.
Und ich musste darüber reden.
Ich wollte nicht.
Aber ich musste, bevor es mich auffrisst.

Ich:"Meine Mutter hasst es, dass ich Fußball spiele, weil sie meint, dass das 'unter der Würde unseres Namens ist'. Vorallem als Mädchen. Ich habe ihr auch nie erzählt, dass ich in der Mannschaft war. Gestern hat sie mich dann erwischt und ich hab alles gestanden. Sie war richtig sauer. Ich hab zwei Wochen Hausarrest und Fußballverbot auf ewig! Außerdem hat sie-"

Vanessa:"Stopp! Einen Augenblick!"

Ich hatte alles ganz schön schnell runter gerattert, aber musste sagen, dass es mir jetzt um einiges besser ging.

Vanessa:"Hey, du bist wild! Du darfst dich doch nicht einfach unterkriegen lassen!"

Ich krallte die Nägel in meine Decke.
Ich seufzte.
"Du verstehst das nicht. Sie hat gedroht mich zu meinem Vater zuschicken."
Ich klang kraftlos beim Sprechen, als hätte ich schon aufgegeben.

Vanessa hingegen erwacht jetzt erst so richtig zum Leben.
Vanessa: "Was?! Aber der wohnt doch in Dortmund, oder?!"
"Jap"
Ich poppte das 'P'.
Melodramatisch ließ ich mich zurück auf das Bett fallen.

Vanessa:"Wir müssen doch irgendetwas tun können!" Sie klang verzweifelt und das rührte mich.

Ich:"Ich will nicht weg, verstehst du?"
Vanessa:"Ich will auch nicht, dass du gehst."
Ich:"Deswegen muss ich auf meine Mutter hören."

Es herrschte kurz eine unangenehme Stille.

Ich:"Bist du noch sauer?"
Vanessa:"Nein. War ich auch nie. Ich war eher entsetzt und traurig, aber jetzt versteh ich's."

Ich lächelte sie an.

Vanessa:"Die Kerle sind stolz und du hast sie in ihren Augen verraten, aber du solltest zumindest versuchen es ihnen zu erklären."

Ich:"Die hassen mich jetzt aber bestimmt."

Vanessa:"Überleg's dir. Ich muss dann gehen."
Ich nickte bloß.
Gemeinsam schlichen wir runter.So oft wie ich hier herum schleiche könnte ich mich eigentlich schon als Ninja bezeichnen. Zur Verabschiedung umarmte sie mich.

Ein Jahr später....

Ein ganzes Schuljahr ist bereits vergangen und ich habe immer noch nicht mit ihnen gesprochen.

Sie ignorieren mich sowieso.

Mit Vanessa läuft alles ganz gut. In der Gegenwart der Kerle reden wir nicht miteinander, weil ich nicht will, dass die anderen sauer auf sie sind.
In der Schule treffen wir uns meisten auf den Toiletten. Klingt zwar komisch, aber was sollen wir denn sonst machen?
Wenn meine Mutter lang arbeiten muss, kommt sie auch zu mir.

Außerdem kam nach den Semesterferien ein neuer Schüler in unsere Klasse.
Er heißt Deniz und wird auch Deniz, die Lokomotive genannt.
So viel wie ich weiß, hatte er ein Aufnahme-Training und ist jetzt bei den Wilden Kerlen.
Als ich das erfuhr hat es mir irgendwie einen Stich ins Herz gegeben. Ich hatte das Gefühl, dass ich ersetzt wurde.

Und dann musste ich auch noch die Schnösel-Truppe aushalten. Die drei Mädels schienen sich ziemlich zu freuen, dass ich nicht mehr bei den Kerlen war.
Warum muss das alles nur so kompliziert seien?
Anderseits wenn es einfach wäre, wäre es auch langweilig. Das ist ein richtiger Teufelskreis.

Ich würde irgendwie gerne mit den Kerlen über alles reden, aber wie und wann? Halt! Was denk ich den da?

Ich bin das Mädchen mit dem Plan.Ich bin die Unberechenbare.
Wie konnte es nur soweit kommen, dass ich aufgegeben hatte? Ich trage meinen Namen doch nicht umsonst! Wie konnte ich mich selbst so sehr verlieren?

Es wird endlich Zeit die Sache selbst in die Hand zunehmen.

Solange Du Wild Bist 2-Wilder denn jeWhere stories live. Discover now