Die Zubereitung

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Vorsichtig kippte ich die schleimige Flüssigkeit in den Topf, woraufhin der Kessel ordentlich brodelte. Flink wanderte meine Hand über den Tisch und griff nach der kleinen Phiole zu meiner Rechten, womit ich anschließend noch einen winzigen Tropfen hinein goss. Ein stark riechender Rauch stieg empor und sagte mir gleichzeitig, dass ich soweit alles richtig gemacht hatte. Seufzend schaute ich auf die Uhr und musste feststellen, ich hatte nicht mehr genügend Zeit. Es würde knapp werden! Ich musste mit voller Konzentration an die Sache ran gehen. Mir durfte kein Fehler unterlaufen, ansonsten wäre es vermutlich das Ende. Was man nicht alles für seinen Bruder machte.

Grimmig fiel mein Blick auf den eben genannten Mann, welcher teilnahmslos in der Ecke hockte und eine langweilige Zeitung las. Er nahm keine Notiz von seiner Umgebung und schien ganz in den Artikel versunken. Doch ich wusste es besser. Er beobachtete jeden meiner Schritte eingehend. Vertrauen war nie seine Stärke gewesen. Meine zwar auch nicht wirklich, doch konnte ich mich stets auf ihn verlassen.
„Muss er nicht erst einige Minuten abkühlen?", meldete sich sogleich seine Stimme, doch er schaute nicht von dem Papierfetzen auf. Am liebsten hätte ich ihm einen gewaltigen Vortrag über das Brauen gehalten, aber ich hielt die Klappe in unserer aller Interesse. Stattdessen verschränkte ich genervt die Arme und hob dabei eine Augenbraue.
„Bist du der Experte oder ich?", fragte mein verletztes Ego provozierend und er winkte keine Sekunde später mit einem gemurmelten 'Jaja' ab.

Erneut kam mir der Gedanke, warum ich mich eigentlich in dieser Lage befand. Schuld daran war einzig und allein ein gewisser Schulkamerad meines älteren Bruders. Ich fragte mich bis heute, wie es möglich gewesen war, dass jener Kollege ihm so dermaßen den Kopf verdrehen konnte. Das war ja nicht mehr normal. Vor allem, da der andere Schwarzhaarige nie den Eindruck machte, dass er Interesse an Männern hatte. Oder überhaupt an jemanden. Ich konnte es mir jedenfalls nie vorstellen.

Nichtsdestotrotz fuhr ich mit meinem überaus lächerlichem Vorhaben fort und rührte die dunkelgrüne Brühe des Eimers kräftig um. Die Konsistenz stimmte noch nicht mit dem Buch überein, weshalb mir eine rötliche Dose von dem Größeren gereicht wurde. Kaum hatte ich die Büchse geöffnet, verzog sich mein Gesicht angewidert, wegen dessen Inhalt. Lecker.
Wer kochte denn nicht gerne mit den Zutaten: Krötenschleim, Fledermaus- Zähnen und dem wohl widerlichsten Zeug, was es zu finden gab. Haarige Spinnenbeine.
Mir lief ein Schauer über den Rücken und ich benutzte eine Zange um die Fühler in den Topf zu werfen. Nein diese Art von Insekten waren nicht meine Lieblinge. Nicht dass ich Angst vor ihnen hatte...
In Ordnung. Zugegeben, ich fürchtete mich. Itachi betitelte es nur mit einem dämlichen Grinsen, weil ihm bewusst war, wie sehr mich die Viecher abschreckten.

Der Schweiß rann mir die Schläfe runter und ich atmete angestrengt aus. Gleichzeitig wischte ich mir dabei mit einem Tuch über die Stirn.
Der Kessel gab unheimliche Geräusche von sich. Es hörte sich beinah an wie ein bedrohliches Knurren. Aber ich war daran gewöhnt, weshalb mir das nichts ausmachte. Im Gegenteil, ich empfand es als äußerst angenehm. Es war so vertraut.

Ein letztes Umrühren des Tranks folgte und ich lies zufrieden mit meiner Arbeit von ihm ab, bevor ich mich dem Älteren zuwandte.
„In zwei bis drei Stunden ist er fertig. Er müsste dann durchsichtig sein.", erklärte ich stolz und bemerkte wie Itachi sein Lesen abrupt abbrach. Er schleuderte das Papier aus seinen Händen, welches direkt gegen mein Schädel landete. Ich warf einen Todesblick auf ihn, doch er stapfte lediglich zu dem Topf und begutachtete das Innere. Daraufhin suchte er flüchtig nach einem Gefäß, womit er es mit der Brühe füllen konnte. Allerdings entkam er diesmal meinem Tadeln nicht.

„Nimm' nur einen klitzekleinen Schluck, sonst wird das in einem Disaster enden."
Aber Itachi beachtete meine Warnung kaum. Sein abwesendes Nicken verriet mir dies. Naja er würde es selbst merken, wenn sein Liebhaber plötzlich unmenschlich verrückt nach ihm wäre. Es war mir schlicht gleichgültig. Ich fragte mich außerdem, was er sich von seinem idiotischen Plan erwartete. Die unsterbliche Liebe brächte es ihm auf keinen Fall. Eventuell eine heiße, leidenschaftliche Nacht. Aber mehr nicht. Auf Dauer klappte das unmöglich. Ich wollte ihm jenes schleichend klar machen, als er mich um den Gefallen bat. Denn mit dieser Art von Tränken spielte man nicht.  Jedoch half es nichts. Meine Worte wollten nicht zu ihm hindurch dringen. Oder aber er wollte die Tatsache einfach verleugnen. Die Vorstellung, mein Bruder hatte sich hilflos verliebt, verpasste mir ein Schmunzeln auf den Mund. Gänzlich absurd.

Finger weg von Liebestränken!Où les histoires vivent. Découvrez maintenant