Die Verabreichung

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Ein letztes Mal schaute ich an die Zimmerdecke und fuhr über mein zerstreutes Gesicht, bevor ich mich mühselig aus meinem warmen Bett schälte.

Es brauchte nur ein Schnipsen meinerseits, woraufhin sich mein Kleiderschrank von Geisterhand öffnete und verschiedene Klamotten aller Art schwebend daraus tanzten. Mit Magie war alles einfacher. Und besser zugleich. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es war ohne Fähigkeiten aufzuwachsen. Schon von klein auf, wusste ich was in mir ruhte und was ich vor anderen verbergen musste. Es war nie leicht gewesen, dennoch hätte es auch schlimmer sein können.
Konnte man es Zufriedenheit nennen? Ja. Ich war wirklich zufrieden mit meinem Leben. Bis jetzt.

Endlich fertig angezogen und bereit für das Kommende, huschte ich die Treppe runter. Kaum hatten meine Füße die Mitte der Stufen erreicht, kam mir auch schon der altbekannte Duft des Frühstücks entgegen. Aus der Küche war das Summen meiner Mutter zu vernehmen und aus dem Esszimmer hörte ich deutlich, wie mein Vater die Zeitung umblätterte, gleichzeitig fing er lautstark an zu diskutieren.

Sein Kopf schnellte in meine Richtung und ich erkannte sofort den grimmigen Ausdruck auf seinen Gesichtszügen. Wenn er morgens so drauf war, konnte das nie etwas Gutes heißen. Also versuchte ich mich geschickt von dem kommenden Gespräch zu drücken, indem ich vorgab meine Mutter würde mich beim Kaffee kochen brauchen. Vielleicht war das nicht meine beste Idee, denn welche große Zaubererin war schon dermaßen inkompetent und benötigte Hilfe dabei?

„Du!", zeigte er mit dem dicken Zeigefinger auf mich und deutete mir, mich mit meinem Hintern auf den Stuhl zu setzten. Ein Seufzen entkam meiner Kehle und ich linste rüber zu Itachi, der wahrscheinlich die Massakrierung seiner morgendlichen Laune schon hinter sich hatte. Zumindest sah er so aus, mit den Armen voreinander verschränkt lehnte er nach hinten und war tief in den Sitz gesunken. Den Blick senkte er starr auf sein Besteck, welches er anscheinend nicht mal angefasst hatte. Die Frage, ob Vater womöglich den Trank doch irgendwie gefunden hatte, sprang mir natürlich als erstes in den Sinn.

Doch als mein Bruder mich im letzten Moment noch anblinzelte, mit dem breitesten Grinsen aller Zeiten, war mir klar, dass er nur ein schadenfreudiger Bastard war. Seine Verschwiegenheit konnte ich dann nur damit begründen, dass er jetzt schon viel zu nervös war diesem Typen gegenüber zu treten. Nicht, dass es das neue Weltwunder war, weil er schwieg. Nein, das hatten wir Uchihas an uns, wir waren keine Quasselstrippen. Jedoch stellte es eine ganz andere Situation im eigenen Heim dar. Besonders um 7 Uhr in der Früh mit Vater am Esstisch. Normalerweise wäre ihre Diskussion über irgendein banales Thema in die Höhe gestiegen. Wow. Itachi musste also tatsächlich Herzklopfen haben.

„Schau dir das an!", brachte mich der Herr im Haus aus meinem Gedankengang und meine Aufmerksamkeit lag nun auf dem Fetzen Papier, welches er mir vor die Nase geworfen hatte. Mit einem leichten Zögern nahm ich es in die Hand und las die Überschrift der Titelseite.
„Ist das denn zu fassen? Schon wieder haben wir 1:0 verloren!", regte er sich auf und trank mit einer üblen Mine seinen schwarzen Kaffee, den ihm Mutter vor ein paar Sekunden nachgeschenkt hatte. Ich hob eine Augenbraue und staunte nicht schlecht. Er war anscheinend so verärgert, dass es ihn gar nicht juckte, dass das Getränk brühend heiß war. Er zuckte nicht mal annähernd zusammen und lies einfach seine Zunge verbrennen, ohne dass es jemand bemerkte.

Ich würde es womöglich nie zugeben, aber dies war einer der Gründe, warum ich solchen Respekt vor meinem Alten hatte. Deswegen tat ich gemäß seines Wunsches ganz überrascht und donnerte den Artikel wieder auf die hölzerne Tischplatte. „Also sowas! Es liegt am Trainer sag ich dir.", machte ich gespielt verärgert und besaß nicht mal einen Funken Ahnung, über was ich eigentlich redete.

Somit gab ich meinem Vater etwas zum Grübeln und konnte in Ruhe mir ein wenig den Magen voll schlagen, bevor die Schule mir meine täglichen Nerven raubte.
Eine rasche Handbewegung meinerseits folgte und mein Brötchen strich sich von selbst mit Marmelade, während ich entspannt aus den großen Fenstern in unseren Garten gucken konnte. Einige Regentropfen hafteten immer noch an manchen Blättern der Bäume von dem letzten Unwetter gestern Nacht. Es war ganz schön stürmisch gewesen, so berichteten jedenfalls auch die Nachrichten. Ich glaubte vom Radio gehören zu haben, dass sogar eine Parkbank ein ganzes Auto demoliert haben soll.

Finger weg von Liebestränken!Where stories live. Discover now