Die Wirkung

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Die nächste Zeit verging wie im Flug und ehe ich mich versah, wurde mir erneut mit Schwermut bewusst, dass der Trank so langsam seine Wirkung verlor.
Woran ich das zunehmend merkte? Nun. Naruto meldete sich nicht mehr und das Knistern in seinen Augen lies nach, wenn er sich mit mir unterhielt.

Ich hatte das Gefühl einem Menschen zuzusehen, wie er mich Stück für Stück vergaß und das Interesse an mir spätestens in der nächsten Woche gänzlich verlor. Es war teilweise so furchtbar für mich darüber nachzudenken, dass ich es in die hintersten Ecken meines Kopfes warf.

Nur wirklich ungern gab ich es zu, doch der Blonde hatte sich bei mir eingenistet und wollte auf keinen Fall verschwinden. Es war ätzend.
Vor diesem Unfall war das undenkbar gewesen und ich hätte jeden verspottet, der auch nur solche Anmerkungen gemacht hätte. Die Wahrheit? Mir erging es furchtbar. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten.

Zu warten, bis sich alles normalisierte und ich Bekanntschaft mit der alten Gegenwart machte, in der ich keine Begrüßung oder ähnlicheres mit dem Uzumaki teilte. Meine Welt würde sich weiter drehen und irgendwann würde ich ihn genau so gleichgültig betrachten, wie meine früheren Freunde. Der Kontakt bräche ab, bis es letztendlich nur noch meine Wenigkeit und die meiner Familie inklusive eines Katers gab. Bei näherem Betrachten war das auf eine Art traurig. Aber es juckte mich herzlich wenig, was andere Leute darüber dachten. Ich brauchte nicht viele Menschen in meinem Leben, um zufrieden zu sein.

Doch bis es schließlich zu dem einen Punkt käme, musste ich mich stets mit unaufhaltsamen Seufzern rumschlagen. Dazu kam meine Laune, welche fast immer in die Minuszahlen sank.
So auch heute in der Pause. Ich verbrachte sie wie gewohnt in unserer Mensa mit einem neuen Buch in der Hand. Was jedoch niemand wusste, es war kein gewöhnlicher Roman. Sondern eine Verfassung darüber, wie man am besten mit Nachwirkungen eines Trankes umgehen sollte beziehungsweise konnte. Größtenteils waren Ratschläge zu den verschiedensten Gebräuen aufgelistet und ich machte mir einige Randnotizen, die bestimmt in der Zukunft mal hilfreich sein könnten.

Was mich noch mieser stimmte war wohl die Tatsache, dass absolut nichts meinen Zustand beschrieb. Ich war mir aber zu hundert Prozent sicher, ich musste irgendwas abbekommen haben. Warum war mir sonst so zumute und ich bekam fast nichts runter?
Eine Naturkatastrophe hätte ausbrechen können und die Folgen davon waren nicht mal ansatzweise mit meinen Empfindungen vergleichbar.
Das war schlicht unfair.

Den Kopf legte ich nach ein paar Seiten des Lesens auf den flachen Tisch vor meiner Nase. Beinah wäre mein Gesicht in dem geschmacklosen Kantinenfutter gelandet, jedoch schob ich es in der letzten Sekunde noch bei Seite.

Das Buch mit seinem gefälschten Cover, welches ich drauf geklebt hatte, fiel mit einem Plumps in meine offene Tasche. Es war nicht beabsichtig gewesen es wegzustecken, jedoch war es mir auch egal. Mir war alles egal.

Und zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich die Einsamkeit, wie sie an mir haftete. Ich beobachtete die anderen Schüler bei ihren wilden Diskussionen und ihrem Gelächter. Eigentlich war ich es gewohnt gewesen alleine herumzustreunen. Weil was vermisste man schon, wenn man es nie gekannt hatte?

Daraufhin lernte ich es anders kennen. Nun kam der Wunsch in mir hoch, hier einfach zu sitzen mit einem blonden Idioten, der laberte und ich schmunzelnd zuhören konnte. Wie erbärmlich war ich geworden?
Wow. Jetzt suhlte ich mich auch noch im Selbstmitleid.

Ich erinnerte mich an die vergangene Woche und an das Referat, wo wir beide noch gerade so eine Zwei daraus boxen konnten. Naruto war anschließend mit mir im Schlepptau ins Kino gerast und drückte mir das größte Popcorn auf dem gesamten Planeten direkt in die Arme. Obwohl ich noch nicht mal ein großer Fan von dem Süßkram war, bedankte ich mich bei ihm mit Achtung! Einem Lächeln.

Finger weg von Liebestränken!Where stories live. Discover now