die Geburtstagshalle

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Anders als ich feierte Marinette ihren 17. Geburtstag nicht in ihrer Garage sondern in einer Halle, die extra für solche Veranstaltungen gedacht war.

Ihren Namen erfuhren wir übrigens, als Charlie in der Nacht nach unserem ersten Auftritt mir, Ben und Fleur schrieb, dass sie Marinette hieß.

Marinettes Familie schien ziemlich reich zu sein. Das verrieten ihre Geschenke, die Outfits von ihr und ihren engsten Freundinnen, die schon früher gekommen waren, um beim Aufbau zu helfen, und die Dekoration der -im Vergleich zu meiner Garage- riesigen Halle.

,,Irgendwie komme ich mir gerade ein wenig schäbig vor." gestand Ben, doch ich bestätigte dies mit einem Nicken. Wir alle drei trugen Sneaker, die schon bessere Tage gesehen hatten und auch der Rest unserer Outfits war eher underdressed. Alle Leute liefen hier mit schicken Kleidern und hohen Schuhen herum, während Ben und Charlie Hoodies und ich eine Collegejacke trug.

,,Da seit ihr ja!" Marinette lief auf uns in ihren unglaublich hohen High Heels zu und umarmte uns alle, Charlie gab sie einen Kuss auf die Wange. Die ganze Zeit über sah ich verängstigt auf ihre Schuhe. Wie schaffte sie es, nicht hinzufallen?

Marinette schien meinen Blick zu bemerken und lächelte belustigt. ,,Übung, Alain."

,,Ihr könnt schon einmal euren Kram, den ihr braucht aufbauen. Ihr kriegt natürlich auch Pausen, in denen ihr essen und trinken und sonst was machen könnt. Und ihr müsst nur bis Mitternacht spielen, danach könnt ihr aber gerne als Gäste da bleiben. Noch Fragen?"

Synchron schüttelten wir drei den Kopf und machten uns an die Arbeit.

,,Bist du sicher, dass Marinette nicht eine Nummer zu groß für dich ist?" fragte ich Charlie, während er seine Gitarre aus dem Koffer nahm.

,,Nein, wieso?"

,,Hast du sie dir angeguckt?" Schaltete sich nun auch Ben ein. ,,Ist ja nichts gegen dich, Charlie, aber die hat eine Louis Vuitton und eine Reise nach New York geschenkt bekommen. Soll ich weitermachen?"

,,Ich habs verstanden." Seufzte Charlie. ,,Aber wir leben auch im 21. Jahrhundert und nicht im Mittelalter. Kann ich mich jetzt bitte einspielen?"

,,Wie der Herr wünscht." Ich machte eine ausladende Handbewegung und verbeugte mich. Ben und ich lachten und auch Charlie schüttelte lachend den Kopf.

Mittlerweile hatte Marinette sich noch einmal umgezogen. Sie trug jetzt ein silbernes, kurzes Kleid. Die Schuhe waren geblieben.

Nach und nach trudelten die Gäste ein, wobei mir auffiel, dass Marinettes Geburtstag ganz anders ablief als meiner. Bei ihr hatte alles eine Plan und war durchstrukturiert, während bei mir... Alles ein wenig aus dem Ruder lief. Vom Ende meiner Party habe ich euch bewusst nichts erzählt.

Nach einem kurzen Empfang von Marinette gab sie uns das Zeichen, dass wir anfangen konnten zu spielen.

Nachdem Marinette uns gesagt hatte, dass sie möglichst viele eigene Songs hören wollten, schrieben wir in Rekordzeit neun Lieder, jeder drei. Mit unserem ersten Song zusammen waren das also zehn. So schnell entstand unser erstes Album.

Damit wir noch bis zwölf Uhr durchhalten konnten, hatten wir auch ein paar Coversongs für alle Fälle mit.

Marinettes Geburtstag lief definitiv besser als das Schulfest. Ein paar Leute tanzten, andere redeten oder aßen nur, aber ich bemerkte, dass auch die öfters zu uns rübersahen.

Besonders fiel mir allerdinngs ein Junge auf. Am auffälligsten fand ich seine kurzrasierten Haare. Aber auch sonst fiel er ziemlich auf: Im Gegensatz zu den anderen Gästen war er überhaupt nicht festlich gekleidet, im Gegenteil. Er war komplett in schwarz gekleidet und seine Schuhe waren an der Schuhspitze abgenutzt.

Die ganze Zeit stand er mit seinem Handy direkt vor der Bühne. Er sprach mit niemandem, niemand sprach mit ihm. Es war fast so, als wäre er gar nicht da, sondern ich würde ein Gespenst sehen.

In einer unserer Trink- und Essenspausen sprach ich ihn an.

,,Hey, wie heißt du?" Versuchte ich ihn nett zu begrüßen.

,,Hey." Antwortete der Unbekannte allerdings nur knapp und schaute wieder auf sein Handy.

Jetzt konnte ich aber auch sehen was er machte: er hatte uns gefilmt!

,,Was machst du da?" fragte ich trotzdem.

,,Euch berühmt machen." er runzelte die Stirn und ging die Videos in seiner Galerie durch.

,,Warum?"

,,Wollt ihr denn nicht berühmt werden?" Er hob seinen Blick vom Handy und starrte mir direkt in die Augen.

Sein Blick war so durchdringend, dass ich das Gefühl hatte, er würde nicht in meine Augen sondern in meine Seele schauen. Ich fühlte mich definitiv unwohl.

Ich schwieg.

,,Wie willst du uns denn bitteschön berühmt machen?" Fragte ich den jungen schließlich.

,,Wie denn wohl. Wir leben im Jahr 2017, reicht dir das?"

,,Schätze schon." murmelte ich und ging weg.

Was war das denn?

Ein wenig benommen ging ich wieder zurück auf die Bühne und setzte mich hinter das Schlagzeug.

,,Wer war das vorhin?" Plötzlich stand Ben vor mir.

,,Ich habe keine Ahnung. Der Typ meinte nur zu mir, er würde uns berühmt machen." Ich zuckte mit den Schultern.

,,Klingt irgendwie verrückt wenn du mich fragst." Er lachte.

,,Da gebe ich dir Recht." Ich sah mich um. ,,Wo ist Charlie eigentlich?"

,,Der?" Ben begann zu lachen. ,,Ach, der ist vorhin mit Marinette verschwunden."

Ich zuckte mit den Schultern. ,,Längere Pause für uns, was?"

Zehn Minuten später kam Charlie wieder, fünf Minuten später betrat auch Marinette die Halle wieder.

,,Da ist ja unser Loverboy!" Begrüßte Ben ihn, doch Charlie ließ sich nicht beirren und ging an seinen Platz auf der Bühne.

,,Ich erwarte aber schon, Trauzeuge auf euer Hochzeit zu werden." stichelte ich Charlie weiter.

,,Ihr seid sowas von unreif." Gab Charlie nur von sich und reckte den Kopf hoch. Ben und ich lachten.

Wir fingen den Song an.

Ich gebe es zu, ich habe mich den ganzen Abend noch nach dem Jungen mit den kurzgeschorenen Haaren umgesehen, doch während wir mit Charlie geredet hatten, war er verschwunden.

Auch nach Mitternacht, als unser Auftritt vorbei war und wir noch auf der Party blieben, schaute ich mich immer wieder um, doch er kam nicht wieder.

Selbst als ich nach Hause kam, schwirrten mir noch alle möglichen Fragen durch den Kopf.

Warum ausgerechnet uns? Woher wusste er überhaupt, dass in der Halle ein Geburtstag gefeiert wurde und dass wir dort auftraten? Warum wollte er uns berühmt machen?

Meine Eltern schliefen schon und so huschte ich die Treppe auf Zehenspitzen hoch, ging in mein Zimmer und warf mich auf mein Bett.

Kaum dass ich die Matratze berührt hatte schlief ich auch schon ein und träumte vom Berühmtsein, kurzgeschorenen Haaren, Liebe und dem Tod.

SternschnuppenWhere stories live. Discover now