Kapitel 33

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"Mein Baby!" Silvie stütze sich auf dem Bettrand ab und Sven schaute nur zögerlich zu ihr nach oben. Mich beachtete er erst gar nicht. "Es tut mir so leid mein kleiner!" Entschuldigte sie sich bei ihrem Sohn und dieser sah daraufhin endlich hinter sie und verzog seine Lippen zu einem kurzen Lächeln, bevor er sich umdrehte und uns beide nicht mehr ansah. "Bitte, sei mir nicht böse! Du musst doch wissen das du mein ein und alles bist! Ich liebe dich, du bist mein kleiner Engel!" Beteuerte sie, aber Sven blieb so liegen wie er war und machte keinerlei Anstalten, sich in die Richtung seiner Mutter zu drehen. "Sei mir böse, aber bitte ignorier mich nicht! Sven, ich muss doch wissen wie es dir geht! Ich bin deine Mutter!" Redete sie auf ihn ein.

Im selben Moment ging die Tür auf. "Ah, gut dass endlich Verwandte des jungen Herrn hier da sind. Ich bin Doktor Schäfer!" Der Arzt, der hereingekommen war gab zuerst meiner Mutter, dann mir die Hand. "Wie geht es ihm? Darf ich ihn schon wieder mit nach Hause nehmen?" Fing Silvie sofort an zu fragen. "Ich würde vorschlagen, wir unterhalten uns in meinem Büro darüber, ich würde nämlich gerne ein paar Dinge mit ihnen besprechen, die ihren Sohn angehen." Erklärte er ihr. "Ok, Max, bleibst du hier bei Sven?" Silvie drehte sich in der Tür noch einmal um und wartete, bis ich zustimmend nickte, bevor sie den Raum endgültig verließ. Jetzt war es still, bis auf Svens und mein regelmäßiges atmen. Und er machte auch keine Anstalten das zu ändern. Also ergriff ich die Initiative.

"Sven, ich hab mir so große Sorgen um dich gemacht!" Als ich angefangen hatte zu sprechen, rollten mir schon die ersten Tränen über die Wangen, aber jetzt musste ich mich einfach auf sein Bett setzen und seinen Nacken kraulen. "Du warst so lange weg und keiner wusste wo, ich dachte schon, vielleicht bist du tot, und ich werde dich nie wieder im Arm halten können! Was hätte ich dann nur tun sollen? Ich brauche dich in meinem Leben! Du warst schon immer so viel mehr für mich, als nur ein ganz normaler Mensch oder ein Bruder. Sven, warum tust du mir das alles an?" Ich vergrub mein Gesicht in der Decke, und legte mich so neben Sven. Lange lagen wir beide einfach nur so da. Sven schien gar nichts zu tun und ich heulte nur in die Bettdecke, bis ich seine Hand auf meinem Rücken spürte. "Es tut mir so leid." Flüsterte er mir leise in das Ohr, was mich dazu brachte, aufzusehen.

Sven sah müde aus. Seine Augen wirkten so matt und stumpf, hatten ihren ganzen Glanz verloren. Seine Haare waren strohig und fühlten sich auch so an, wie ich vorhin feststellen musste. Insgesamt sah er Jahre älter aus als er wirklich war. "Es tut mir leid." Wiederholte er und streichelte dabei von meinem Rücken nach oben, bis in meine Haare, in denen er seine Finger festkrallte und mich an sich drückte. "Es tut mir leid!" Diesmal flossen ein paar Tränen aus seinen als aus meinen Augen und er drückte mich so fest an sich, dass ich beinahe keine Luft mehr bekam.

"Ich wollte dir nicht wehtun!" Auf einmal ließ er mich los und setzte sich in dem Bett auf. "Es tut mir leid, dass ich dir weh getan habe. Du hättest dir keine Sorgen machen müssen, wenn ich mich wieder normal unter Kontrolle hätte bringen können! Dann wäre das alles nicht passiert!" Er raufte sich durch die Haare und sah mich flehend an. "Bitte verzeih mir was ich dir angetan habe. Alles! Ich wollte dir nie weh tun, wollte nicht das du dir Sorgen machen musst, oder dass du mich so sehen musst. Dein Vater hat recht! Ich bin der falsche Umgang für dich!" Warf er sich selbst vor. "Nein Sven! Du bist nicht der falsche Umgang für mich! Deine Mutter hat einen Fehler gemacht, und sie sieht das ein! Also bitte gib dir nicht immer die Schuld an allem!" Bat ich ihn.

"Aber ich bin doch schuld Max! Ich bin immer an allem schuld! Wenn ich nicht so ein schlechter Mensch wäre, dann hätten wir uns gar nicht kennengelernt, weil meine Mutter noch mit einem meiner früheren Väter zusammen wäre. Oder gar mit meinem Vater! Euer aller Leben wäre besser, wenn es mich nie gegeben hätte! Silvie hat recht, sie hätte mich nie bekommen sollen!" Er senkte betreten den Kopf und fing an zu weinen. "Sven!" Sanft drückte ich ihn an mich, wobei er anfing, mich zu umarmen und seinen Kopf in meine Halsbeuge zu drücken, wie ich es sonst immer bei ihm tat.

"Du bist eine Bereicherung für mein Leben. Und nicht nur für meines! Deine Mutter kann sich glücklich schätzen das sie einen Sohn wie dich hat! Und mein Vater sollte mit seinem Hass gegen dich Mal ein paar Gänge zurückschalten und sich vor Augen führen, wie wichtig du für unsere Familie bist! Sonst würde das doch niemals funktionieren! Alleine schon wie du für Benni den Ersatzvater spielst, weil sein richtiger beinahe keine Zeit für ihn hat! Oder wie gut du dich immer um Paulina und vor allem mich gekümmert hast, wenn sie nicht da waren! Du hast gekocht, den Haushalt geschmissen und warst währenddessen noch immer für uns da, wenn es und schlecht ging. Man kann dir immer alles erzählen, du hörst immer zu. Und dann kommt noch die Sache dazu, dass du so viele schlimme Dinge erleben musstest, du hast das alles unglaublich gut gemeistert. Und ich habe mir immer Vorwürfe gemacht, wenn ich dich beleidigt habe, weil du schwul bist. Immerhin bist du der stärkste Mann in meinem Leben und ich kann mir nicht vorstellen irgendwann einmal ohne dich zu leben!" Redete ich ihm gut zu.

Mittlerweile hatte er sich auch wieder aufgerichtet, und sah mich mit tränenverschmiertem Gesicht an. "Aber ich bin doch nie damit fertig geworden. Egal was man zu mir sagt, es kann jederzeit sowas auslösen!" Damit zeigte er auf den Katheter, der an seinem Handgelenk befestigt war. "Sven, das hat doch nichts zu bedeuten! Natürlich bringen manche Dinge die alten Gefühle wieder nach oben! Und nur weil du nicht weißt, wie du damit umgehen musst, bist du kein schlechter Mensch! Jeder hat doch Fehler, und wenn das dein einziger ist, sollten sich Silvie und Sven eine große Scheibe von dir abschneiden!" Ermutigte ich ihn und beugte mich dann vor um ihm einen sanften Kuss auf den Mund zu drücken. "Ich liebe dich Sven." 

Nicht Gerade EinfachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt