48. Kapitel - Trübsinn

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Die Tage vergingen und mit ihnen auch meine Ruhe. Die Hochzeit rückte immer näher genauso wie Carolines Gemüt immer näher zum Abgrund rutschte. Ich bat ihr oft meine Hilfe an, aber sie versicherte mir, dass sie Spaß daran hätte und den Reiz der Herausforderung genoss. Das einzige, wobei sie meine Hilfe zuließ, war die Erstellung einer Gästeliste und das Essen, jedoch war es meine einzige Aufgabe, ihre Fragen zu beantworten.

„Ophelia, deine Eltern sind da. Sie wollen mit euch zu Abend essen.", meinte Caroline, als sie in unsere Gemächer stürmte.
Kylo und ich lagen gerade verträumt in unserem Bett und redeten über belanglose Dinge.
„Warum sind sie denn jetzt schon hier?", fragte Kylo erschrocken.
„Nicht jetzt schon sonder jetzt erst. Sie konnten erst jetzt kommen, weil sie noch eine wichtige Korrespondenz hatten."
„Was soll ich anziehen?", fragte Kylo sich selbst und ich war amüsiert darüber, dass gerade er sich diese Frage stellte. Meinen Eltern gegenüber versuchte Kylo sich so gut wie möglich zu benehmen. Er war vor ihnen so schüchtern und zurückhaltend.
„Dafür ist keine Zeit. Du wirst das anbehalten, was du an hast."

Als wir im Restaurant ankamen setzte ich mich gegenüber meiner Mutter und Kylo rückte mir meinen Stuhl zurecht. Dann setzte er sich gegenüber meines Vaters und lächelte verlegen. Die Sonne begann bereits unter zu gehen und bemalte den Horizont mit lieblichen Rottönen.
„Wir freuen uns sehr, euch wieder zu sehen.", begann meine Mutter.
„Wir freuen uns auch.", antwortete ich.
„Worauf warten wir noch. Lasst uns auf den morgigen Tag anstoßen.", meinte mein Vater voller Freude und hob seinen Wein. Wir taten es ihm gleich. Als ich mein Glas zu guter letzt zu Kylo führen wollte, schaute ich ihm tief in seine Augen, in denen ich meine Zukunft sah und hauchte leise: „Auf uns."
Mein Vater räusperte sich und Kylo wendete schnell seinen Blick zu ihm.

Nachdem man uns die Vorspeise serviert hatte, fragte meine Mutter leise und peinlich berührt: „Ophelia, bist du schwanger?"
Ich verschluckte mich beinahe und die Blicke der beiden Männer richteten sich prompt auf uns.
„Anastasia!", mahnte sie mein Vater.
„Was? Man wird ja wohl noch fragen dürfen."
„Aber doch nicht vor der Ehe."
Mein Vater schien empört.
„Mr. Bennet, sie können beruhigt davon ausgehen, dass ich ihrer Tochter nicht zu nahe komme, ehe sie es mir nicht ausdrücklich erlaubt.", erklärte Kylo, um meinen Vater zu beruhigen.
„Das will ich auch hoffen.", antwortete dieser grießgrimmig. Ich schaute ihn mit Blicken des Todes an und er zauberte eine gekünstelte unschuldige Miene auf sein Gesicht. Ich ließ nicht nach, bis er seine Augen verdrehte und zu Kylo sagte: „Du darfst mich Charles nennen."
Ich freute mich so sehr, dass ich nicht aufhören konnte zu grinsen.
„Und mich darfst du selbstverständlich Anastasia nennen.", meinte meine Mutter fröhlich. „Du gehörst ja so gut wie zur Familie."
„Apropos, das habe ich dir noch gar nicht erzählt.", sagte ich aufgeregt.
„Was denn?", fragte meine Mutter neugierig.
Ich zeigte ihr den Verlobungsring.
„Ophelia, er ist wunderschön.", staunte meine Mutter.
„Ja, finde ich auch."
„Kylo, ich bin beeindruckt.", meinte mein Vater nickend und ich sah, wie stolz Kylo auf einmal war.

Das Abendessen verlief ähnlich wie das letzte. Mein Vater und Kylo unterhielten sich über politische Themen und ich versuchte meiner Mutter unauffällig Details über das Kleid zu verraten.

Nach dem Essen stürmte Hux uns entgegen.
„Ophelia, hast du noch kurz Zeit.", fragte er ohne zu zögern.
„Und wer bist du?", fragte mein Vater ernst.
„Oh, verzeiht mir bitte mein ungestümes Auftreten. Mein Name ist Armitage Hux. Ich bin General der ersten Ordnung und guter Freund der Prinzessin."
Mein Vater nickte skeptisch.
„Kylo, bitte. Ich muss nur ganz kurz mit ihr sprechen."
Ich sah, wie sich auf Kylos Lippen das Wort nein formte, aber er schwieg. Er rang mit sich selbst. Er wollte mich nicht gehen lassen, aber hätte er sich dagegen entschieden, hätte er befürchten müssen, einen schlechten Eindruck zu hinterlassen.
„Bitte, Kylo."
„Gut.", knurrte er.
Innerlich strahlte ich, aber nach außen versuchte ich einen gleichgültigen Eindruck zu machen.
„Bis morgen.", verabschiedete ich meine Eltern und folgte Hux durch die Gänge. Im Nachhinein war es vielleicht nicht sonderlich freundlich Kylo alleine mit meinen Eltern zu lassen, aber wie meine Mutter gesagt hatte, er gehört so gut wie zur Familie.

„Wohin führst du mich?"
Hux antwortete nicht, was mich ein wenig beunruhigte. Nach einer Weile wurde es mir klar und ich ahnte schreckliches. Stumm folgte ich ihm.
„Hier.", sagte er und gab mir seine Jacke.
Ich zog sie an. Dann öffnete er die Tür und wir standen auf dem Dach. Es war dunkel und bunte Lichter flackerten am Himmel.
„Ophelia."
„Armitage."
Er drehte sich von mir weg und schaute in die Ferne.
„Ich weiß, es ist zu spät... viel zu spät, aber ich will, dass du weißt, dass ich dich immer noch liebe."
Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Ich hatte seine Gefühle vollkommen verdrängt.
„Und ich weiß, dass Kylo dich glücklicher machen kann als ich, weshalb ich, wenn es sein muss, meine ganze Kraft, mein Leben für euch opfern würde, damit ihr glücklich seid."
„Armitage.", hauchte ich.
Er drehte sich zu mir und kam auf mich zu. Erst als er mir ganz nah war, erkannte ich, wie nass seine Augen waren.
„Es tut mir leid, Ophelia. Es fällt mir nur immer noch schwer, zu akzeptieren, dass du nicht meine Frau wirst.", sagte er mit zitternder Stimme.
Ich schloss ihn fest in meine Arme.
„Danke.", wimmerte er und ließ seinen Kopf weinend auf meiner Schulter nieder. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich streichelte ihm langsam über seinen kalten Rücken und hoffte, dass er sich beruhigte.
„Aber bitte sei dir bewusst, wie sehr ich mich für dich freue. Du hast jemanden gefunden, der dich wirklich liebt und dessen Gefühle du auch erwidern kannst. Kylo hat dich wirklich verdient. Sein ganzes Leben dreht sich um dich. Ohne dich hätte sein Leben keinen Sinn mehr und meines auch nicht."
Er löste sich aus der Umarmung und nahm die Hand, an der sich mein Ring befand. Er betrachtete ihn kurz und nahm dann aus seiner Hosentasche ein kleines silbernes Kettchen. Er legte mir das Armband um und ich betrachtete es neugierig. Ein einzelner Diamant hing an ihm. Es wirkte so schlicht, aber dennoch hattet es eine unbegreifliche Bedeutung genau wie meine Gefühle für Armitage.
„Ich hoffe, ich bleibe in deinem Herzen... als dein Freund.", sagte er mit ruhiger Stimme.
„Danke.", hauchte ich.
„Geh wieder rein. Er wartet sicherlich schon auf dich."
„Und du?"
„Ich bleib noch eine Weile hier."
Ich zog seinen Mantel wieder aus und reichte ihm Armitage. Dann küsste ich ihn wortlos auf seine Wange und ging.

Dann ging ich in meine Gemächer. Hux hatte recht, Kylo wartete auf mich. Er saß am Tisch und trank aus einem Glas Wein. Als ich die Tür öffnete, stand er auf und ging schnellen Schrittes auf mich zu.
„Ist alles in Ordnung." fragte er und griff nach meinen Armen.
„Irgendwie nicht."
Er reichte mich ein Glas und wir setzten uns an der Tisch. Ich erzählte ihm alles und ließ kein Detail aus. Selbst von dem unschuldigen Kuss berichtete ich. Ich wollte ehrlich sein und das war ich auch. Kylo nahm das Erlebnis ruhiger auf als ich erwartet hatte.
„Alles wird gut.", meinte er zu guter letzt und ich glaubte ihm. Dann zogen wir uns aus und legten uns in unser Bett. Innerlich fühlte ich mich leer. Ich konnte mich nicht auf den morgigen Tag konzentrieren und war mit den Gedanken die ganze Zeit bei Hux. Betrübt schloss ich meine Augen und Kylo streichelte mich in den Schlaf während ich mich an ihn lehnte.

You're All I Have [Kylo Ren Fanfiction] - abgeschlossenWhere stories live. Discover now