Der Abend des 1. November

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Die drei Zauberer verschwanden in die Nacht und zurück blieb nur das Bündel auf der Türschwelle. Allein die beinahe unhörbaren Geräusche, die das schlagende Herz des kleinen Wesens in dem Bündel waren, sowie leises Wimmern in seinem Schlaf, machten dem einzigen Beobachter der Szene klar, dass sich in dem Bündel, das wie etwas lebloses, unwichtiges einfach in der kalten Nacht zurück gelassen wurde, ein kleiner Mensch befand.

Die samtigen, goldenen Augen wurden kalt vor Wut, als sie sich auf die Ecke richteten, an denen der alte Magier und die Frau soeben verschwunden waren. Als der Mann aber aus der Hecke trat und im Schutz der Nacht ungesehen die Straße überquerte, wurde ihm klar, dass es sich hierbei um ein weiteres unerwünschtes Kind handelte.

Wenn ein Kind in einer solchen Nacht, in der noch dazu neben den kalten Temperaturen heftiger Regen erwartet wurde, einfach vor einer Tür abgelegt wurde, so konnte es sich nur um einen seiner Schützlinge handeln. Ein unerwünschtes Kind, ein Kind, dass er beschützen würde. Würde es keine Magie in sich haben, würde er ein nettes Paar finden, dass sich ein Kind wünschte und bei dem es dem Kind gut ging.

Doch als er sich zu dem Kind herunterbeugte, spürte er bereits die Macht, die von dem Kind ausging und seine Augen wurden wieder sanft und warm. Es war ja nicht das Kind, auf welches er solch einen Groll empfand, sondern es war die Gesellschaft und die, die für die jetzige Lage des Kindes verantwortlich waren.

Mit einem Mal öffneten sich die Augen des kleinen Jungen und er starrte überrascht in das tiefe, reine grün. Eine solche Farbe hatte er bisher nie außerhalb seiner Heimat gesehen, nicht ein einziges Mal. Dort, zwischen den uralten Baumen wo Magie durch die Luft flirrte und jedes Lebewesen bis ins tiefste durchdrang, da war ein solch strahlendes Grün Alltag, doch nicht hier bei den Menschen.

Der kleine Junge begann zu quengeln zu sich zu bewegen. Ihm war nicht klar, ob dem Jungen kalt war oder ob er sich einfach nur nicht bewegen konnte, wie er wollte, doch zunächst einmal nahm er das Baby auf den Arm. Dies schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein, denn der kleine Junge schenkte ihm nun ein strahlendes Lächeln und er konnte nicht anders als es zu erwidern.

Kurz entschlossen packte er den Jungen aus und sofort schlossen sich dessen dünnen Arme um seinen Hals. Er lächelte ob der Umarmung durch das Baby, wickelte die Decke locker wieder um das Kind, damit es nicht doch noch zu frieren begann. Mit einem Mal traf ihn ein kalter Tropfen am Ohr und er sah in den Himmel, wo dunkle, bedrohliche Wolken den Himmel bedeckten und es würde wohl jeden Moment zu regnen beginnen.

Den Jungen auf dem Arm drehte er sich und apperierte. Bei der Landung quengelte das Baby, dem diese Fortbewegungsmöglichkeit gar nicht zu gefallen schien. Er wiegte den Jungen herum und summte leise dazu, während er sich umsah. Es war zwar nicht sein Zuhause, doch es war nahe dran und in seine Heimat konnte er so bald nicht zurück kehren.

In der Mitte der Lichtung stand ein riesiger, majestätischer Baum, der seine langen Äste weit ausstreckte. Er war das Zentrum dieses Ortes und der Grund, warum er hier war. Der alte Baum, eine Traumeiche, war hier vor langer Zeit gepflanzt worden und schon immer hatte man seine Magie gespürt.

Die Druiden hatten diesen Ort genutzt um ihre Riten zu vollziehen, später hatte man es als Ort der Götter angesehen und diesen Baum angebetet. Auch sein Volk spürte die Macht, die diesen Baumen inne lag, weshalb sie den Namen Traumeichen bekommen hatten. Sie glaubten, dieser Baum würde die Träume an die Sterne leiten, die die einzige Verbindung zu den Göttern waren.

Er lächelte leicht. Vermutlich war es nicht wahr, wenn es die Götter den tatsächlich gab, aber es war ein schöner Glaube und ein Name, der diesen Bäumen würdig war. Der Junge schien es auch zu spüren, denn er streckte seine kleinen Arme nach dem Baum aus und amüsiert trat er näher, bis der Junge seine Handflächen an den Baum halten konnte.

Die Unerwünschten von KnoxWhere stories live. Discover now