Erneute Schifffahrt

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„Was machst du?" Scorpio saß alleine in einer ruhigen Ecke des Schiffes, vor sich die Tränkezutaten ausgebreitet, die sie in Bhaile a'nestad gekauft hatte. Darunter befanden sich auch Zutaten, die die Tiere abgegeben hatten und von den Elben aufgesammelt wurden. Das meiste waren aber pflanzliche Zutaten.

Mareus interessierte sich aber gerade für die paar Federn, die in kleinen Bündeln vor ihr lagen. „Ich schaue mir an, was ich jetzt alles dabeihabe und ob ich damit einen der Tränke brauen kann, die ich nicht in unserer Apotheke vorrätig habe." Scorpios Umhängetasche war ihre Reiseapotheke. Neben den fertigen Tränken bewahrte sie darin eben auch die Zutaten auf.

„Kriege ich eine Feder?" „Für dein Buch?" Mareus nickte, sprang auf und rannte zu seinem Rucksack. Scorpio lächele, als Mareus mit einem dicken Buch in den Händen und einem triumphierenden Gesichtsausdruck zurückkam. Scorpio liebte Begeisterung ihres kleinen Schützlings, die sie so gerne bei ihrem Jüngsten sah. Gerade, wenn es um dieses Buch ging, sah sie immer das gespannte Funkeln in den grünen Augen.

Janur schien neugierig geworden zu sein, denn er folgte Mareus, als der an ihm vorbeirannte. Vor Scorpio setzte er sich wieder auf den Boden und legte das Buch vor sich ab. „Du kennst die Regeln für das Buch. Mit welcher willst du anfangen?" Sie wühlte in ihrer Tasche und zog aus einem Extrafach eine Schreibfeder und ein Glas mit schwarzer Tinte. In der Zeit entschied sich Mareus für eine Feder.

„Die." Er zeigte auf eine lange, sehr schmale schwarze Feder mit silbernen Sprenkeln. Die Ältere nickte, nahm das Bündel und reichte die schönste Feder an Mareus, der sie anstrahlte. Ganz behutsam legte er die Feder zur Seite, öffnete sein Buch und blätterte durch die Seiten, bis er die erste leere fand.

An der äußeren Seite befanden sich Runen, die Scorpio für ihn hineingeschrieben hatte. Das Buch war ein Geschenk von ihr an ihn gewesen und er liebte es. Die Runen sorgten dafür, dass die Feder im Blatt verschwand und man sie dennoch in jedem kleinen Detail sehen konnte. Es hatte Scorpio einige Zeit gekostet, diese Runenkonstellation zu erstellen, sodass sie diese Wirkung hatte, doch allein de Begeisterung ihres Lieblings machte es wett.

„Weißt du, zu welchem Vogel diese Feder gehört?" Mareus nickte triumphierend und Janur, der die Situation noch immer beobachtete, und Scorpio konnten nur denken, wie süß das aussah. „Das ist von einem König der Nacht, oder?" Scorpio nickte bestätigend und Mareus griff nach der Feder und der Tinte. In seiner schönsten Schrift schrieb er den Namen oben auf die Seite.

„Sie sind entstanden, als sich schwarze Phönixe mit Fea Eulen gekreuzt haben. Sie sind sehr wild und können nie gezähmt werden. Sie scheuen menschliche Wesen und leben nur in sehr abgelegenen Gebieten. Sie ziehen nur dann Junge auf, wenn während der Paarungszeit alles stimmt." Janur schien von dem Wissen des kleinen Jungen überrascht, da es sich um Vögel handelte wunderte es Scorpio gar nicht.

„Weißt du denn auch, warum sie die Federn gekauft hat?" schaltete sich Janur ein, der es zwar gewohnt war, dass Kinder durchaus clever und lernwillig waren, doch er war auch mit Vorurteilen über Menschen aufgewachsen. Er hatte bereits als Kind gehört, dass Menschen faul und lernscheu waren, wenn man sie mit Elbenkindern verglich. Aber gerade Mareus bewies ihm gerade das Gegenteil.

„Ja. Könige der Nacht haben eine Heilwirkung, wie die Phönixe. Aber bei ihnen sind es nicht die Tränen, sie können nämlich gar nicht weinen. Sie lagern die Stoffe, die die Heilungswirkung haben, in den Federn an. Und die ist anders, als das was die Phönixe haben." Janur selbst war sich nicht mehr sicher, doch Scorpio strich Mareus lobend über den Kopf.

Der strahlte stolz und zeigte dann auf einige winzige Federn, die durch die dunkelblaue Farbe noch einen weißen Schimmer hatte. „Die als nächstes. Bitte." „Die Vögel hast du sogar gesehen. Weißt du noch welche es waren?" Mareus schüttelte den Kopf. Er wusste beim besten Willen nicht, welcher Vogel diese Federn verloren haben könnte.

Die Unerwünschten von KnoxWhere stories live. Discover now