Kapitel 21

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"Verdammt. Das war ... seltsam.", stieß ich immer noch komplett entsetzt aus. Noch nie hatte ich etwas Derartiges erlebt und ich hatte schon öfters als dieses eine Mal gerade einen Zornesanfall gehabt.

"Gib mir mal deinen rechten Arm", bat mich Acacia - ich brachte es nicht über mich, sie Mom zu nennen, einfach weil es komisch wäre - und lächelte mich geduldig an, auch wenn ich meinte, Besorgnis in ihren Augen zu erkennen. Wie konnte man nur immer so viel lächeln?

Zögerlich reichte ich ihr meinen Arm, auf dem der mir inzwischen vertraute Schriftzug zu erkennen war. Wer mein Blut hat, ist mein Erbe.

Sanft strich Acacia mit seidenweichen Fingern über die schwarzen Buchstaben. "Ich musste dich beschützen.", wiederholte sie ihre Worte von gerade eben. "Deswegen nahm ich dir deine Kräfte und hinterließ eine Art Schutzmechanismus, um sicherzugehen, dass deine Kräfte nicht frühzeitig erwachen. Jedes Mal, wenn du also mit etwas Nichtmenschlichem in Kontakt getreten bist, hat dein Körper radikal abgeblockt. Erinnerst du dich an das Feuer in deinen Adern, Ava?"

Ich öffnete den Mund, aber nichts kam heraus. Das Feuer. Als ob ich das jemals vergessen würde. Der Moment, als das Regal auf mich gestürzt ist und mich beinahe unter sich begraben hätte. Die brennende Hitze in meinen Adern. Nein, das würde ich niemals vergessen.

"Dieses Feuer war also -"

"Mein Werk, ja. Ich wollte dich nie verletzen, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Dieser Energieschub, dem du an jenem Nachmittag begegnet bist, war aber zu viel für den Schutzmechanismus und er brach zusammen. Damit wurden deine Kräfte entgültig freigesetzt.", erklärte Acacia und ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Danke, dass du mir versucht hast, zu helfen?

Da ich darauf keine passende Erwiderung fand, entschied ich mich für Fragen. "Dieses ... Gesicht, dass ich gesehen habe, das war Aziz Werk? Und als ich einmal im Sonnenlicht geleuchtet habe, da haben sich meine Kräfte offenbart?"

"Ja. Er war es auch, der dich aus deiner Welt gerissen hat und in diese hier gestoßen hat. Hier ist seine Macht sehr viel stärker, weil der Riss in seinem Gefängnis in dieser Dimension entstanden ist. Deine Kräfte haben sich nach dem Zusammenbrechen des Schutzmechanismus aktiviert und ja, das Leuchten, aber auch das, was heute geschehen ist, waren Teil deiner Kräfte." Acacia schien umgemein erleichtert zu sein, dass sie endlich alles loswerden konnte und ein erwartungsvoller Ausdruck lag auf ihrem Gesicht.

Aber was genau erwartete sie von mir? Dass ich ihr freudestrahlend um den Hals fallen würde und ihr dankte? Für was genau? Ich hatte nie etwas davon gewollt. Ich wollte meine alten Probleme wieder, die nicht mit der Zukunft aller Welten zusammenhing. Ich wollte noch einmal mit meinem Dad sprechen und das Missverständnis, das die letzten Wochen unser Verhältnis belastet hatte, aus der Welt schaffen. Ich wollte mit Ivy auf meinem Bett liegen und einen Star anschmachten, der noch nicht einmal etwas von unserer Existenz ahnte. Ich wollte den Geschmack von salzigem Popcorn auf meiner Zunge spüren.

Es gab so vieles aus meinem alten Leben, dass ich vermisste. Aber war das schon alles? Würde ich mein altes Leben gegen all das hier, gegen all diese wundervollen Personen, die ich kennengelernt hatte, eintauschen?

Nein.

Ich wollte nichts von dieser Erfahrung wiederhergeben und vielleicht konnte ich mein altes und mein neues Leben zu einem werden lassen, wenn das alles hier um war. Und wenn ich das alles überlebte.

Also würde ich wohl oder übel dabei helfen, Aziz aufzuhalten, denn mir lag etwas an unserer verkorksten Welt. Aber wie sollte ich, mit halbherzigen und gerade erwachten Kräften ausgestattet, jemanden so Altes und Mächtiges wie ihn aufhalten?

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