Neun Monate sind um und ja ich leben noch

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Dies ist wohl ein klassischer Fall von "den Mund zu voll genommen" (und leider nicht nur mit leckerem malaysischen Essen).

Es ist nicht so, dass ich nicht wirklich fest vorhatte regelmäßig an diesem Blog zu schreiben. Vor hatte ich das wirklich. Mich hat nur in Malaysia relativ schnell sowohl Kraft wie auch Motivation verlassen. Dafür gab es eine ganze Menge Gründe.

Zunächst einmal war ich sehr überwältigt von allem, dass um mich herum geschah. Alles schien so laut und bunt zu sein und mein Gehirn konnte sich auf nichts mehr richtig fokussieren.

Nichtsdestotrotz lief es in den ersten eineinhalb Monaten eigentlich ganz gut. Ich war zwar ein wenig überfordert mit der Masse an Arbeit die mir anvertraut wurde, fühlte mich aber gleichzeitig fühlte ich mich sehr geschmeichelt, dass mir gleich am Anfang so viel anvertraut wurde.

Das stellte sich allerdings schnell als massiver Fehler heraus. Man vertraute mir nicht viel an, sondern erwartete, dass ich all diese Aufgaben und noch viel mehr übernahm. So kam es dazu, dass ich die erste war, die morgens mit der Arbeit begann und die Letzte, die Schluss machte.

11 Stunden Arbeit am Tag.

Abends traute ich mich nicht alleine rauszugehen, weil ich Malaysia noch nicht einschätzen konnte und viel meiner jetzigen Freunde zu dieser Zeit nur sehr flüchtig kannte.

Kurz gesagt: Meine psychische Verfassung litt sehr darunter. Ich wurde lethargisch, energielos und lag ganze Wochenende Löcher in meine Wand starrend im Bett, ohn mich zu bewegen.

Das lag auch daran, dass mir zwei meiner Mitarbeiter, aus mir nach wie vor unbekannten Gründen, sehr unfreundlich zu mir waren.

Viereinhalb Monate wollte ich nach Hause, wollte ich alles abbrechen und nach Hause fliegen. Klingt alles sehr dramatisch, aber ich will hier nichts beschönigen.

Viele von euch fragen sich jetzt sicher: Wo war deine Organisation in dieser Zeit?

Zu Anfang wollte ich meine Probleme noch alleine lösen. Ich habe versucht es allen Recht zu machen, aber egal wie sehr ich mich anstrengte durch die Erschöpfung unterliefen mir Fehler und so fand man immer Dinge, die man an mir zu bemängeln hatte.

Mir wurden Dinge an den Kopf geworfen wie: „Im Augenblick warten alle nur noch darauf, dass du wieder weg bist." oder „Stört es dich denn überhaupt nicht, dass dich hier niemand mag?" mein absoluter Favorit war wohl aber „Hätten wir gewusst, dass du eine chronische Erkrankung hast, hätten wir AFS von Anfang an gesagt, dass wir dich hier nicht haben wollen."

Meine Migräne war einer der Grunde warum ich mich für AFS entschieden hatte. Ich hatte das Gefühl hier trotz meiner Einschränkung (die ich eigentlich nicht einmal so nennen möchte, da es viel Leute sehr viel schlechter haben als ich) toleriert und aufgenommen und vor allem gut aufgehoben zu sein.

Tja da habe ich mir wohl gründlich ins eigene Fleisch geschnitten.

Ich will hier aber nicht nach Mitleid heischen. 

Den Schalter habe ich leider erst Anfang Januar gefunden. Im Dezember hatte ich zuvor durchgesetzt, dass ich (so wie AFS Regeln es vorsehen) nur noch 8 Stunden am Tag arbeite. Ich konnte so zwar länger schlafen, aber besser ging es mir trotzdem nicht wirklich und ich war sogar zwischenzeitlich versucht mein Projekt zu wechseln.

Dagegen habe ich mich einzig und allein wegen der alten Leute entschieden, die mir zu diesem Zeitpunkt bereits zu sehr ans Herz gewachsen waren.

Ich weiß nicht ob ihr schon einmal den TED Talk zum „F*ck-Budget" gesehen habt (ich verlinke euch den mal oben). Den Schlater den ich im Januar umlegte, dass war der „no f*cks given"-Schalter.

Seitdem geht es mir sehr viel besser. Es interessiert mich weniger was meine Mitarbeiter von mir denken und mehr was ich von mir denke. Am Ende muss ich mich vor niemand anderem rechtfertigen als mir selber und ich will mir von anderen nicht einreden lassen, dass ich ein grauenvoller Mensch bin.

Ich weiß, dass das nicht stimmt.

Jetzt geht es mir besser. Ich fühle mich endlich angekommen. Ich habe tolle Freunde und habe mir tatsächlich „Kill'em with kindness" zum Motto gemacht.

Funktioniert hat das überraschend gut.

Ich verspreche, dass ich euch noch ein bisschen mehr erzählen werde, da das doch gerade alles sehr auf meine innere Gefühlswelt fokussiert war. Denn obwohl ich hier nichts erzählt habe, weil mir dazu einfach die Energie fehlte, habe ich dennoch Notizen im Privaten angefertigt.

Es kommt also etwas für jeden Monat.

Ich will auch nicht den AFS für meine Erfahrung verantwortlich machen. Es sind einzelne Menschen die mir das Leben schwer gemacht haben.

Ganz viel Liebe

Jule

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