Manuel

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Aufgeregt hielt ich mein Glas in der Hand und lauschte der Melodie. Gleich wäre Ende, denn er spielte schon das Lied, was er immer zum Abschluss spielte. Es war häufig die selbe Reihenfolge. Doch das störte hier eigentlich niemanden. Als der letzte Ton dann war, sprang ich auf und ging Richtung Podest, dort wo er immer runter ging. Diese drei kleinen Stufen.

Ich hatte das Gefühl innerlich zu Platzen. Ich war so nervös, wie kein anderes Mal in meinem Leben. Als der Pianist die erste Stufe betrat, fiel sein Blick direkt auf mich. So nah war ich ihm noch nie gewesen. Meine Hände zitterten unkontrolliert und mein Herz schlug mir so laut in den Kopf hinein, das ich fast nichts anderes hörte. Der Mann war vom Nahen noch viel schöner. Es schien, als würde er in Zeitlupe die Stufen runter gehen. Jetzt ging er an mir vorbei. Ich stand dort und konnte mich nicht regen.

Ich schnappte nach Luft. Noch zwei Tage warten, wollte ich nicht. „Warte mal!", rief ich ihm hinterher. Und tatsächlich wartete er. Er blieb nämlich stehen und drehte sich zu mir. Ich stellte mich vor ihm. Unbeholfen nahm ich meine eine Hand in die andere. „Ehm, ich mein Name. Ich heiße Patrick und ich wollte dich Fragen, ob ich ein Autogramm von dir haben könnte. Ich liebe es, wie du spielst", plapperte ich. Gleich darauf hätte ich mir einen Facepalm geben können. Der Pianist sah mich mit einer angehobenen Augenbraue an und sagte nichts. Dann holt er sein Handy aus der Hosentasche und fing an, sich damit zu beschäftigen. Ich ließ meine Schultern sinken. Das war wirklich unhöflich. Nicht mal eine Antwort bekam ich.

Gerade als ich mich dankend abwenden wollte, hob er sein Handy an und zeigte mir es. Ich kniff die Augen zu, um besser lesen zu können. Und was ich da las, schockte mich. "Ich bin stumm. Ich kann dir nur so Antworten. Gib mir was zum Unterschreiben, ich unterschreibe."

Ich sah in seine Augen, die mich entschuldigend ansahen. „Ehm, ja klar, ich ehm, Moment", stammelte ich und kramte aus meinem Portmonee ein Foto von einem Klavier raus, was ich extra für die Unterschrift ausgedruckt hatte. Dann reichte ich ihm es. Er machte mit seiner Hand eine Bewegung, die zeigte das er schreiben wollte. „Oh, stimmt, moment", sagte ich, hob kurz meinen Finger und ging mit schnellen Schritten zur Theke. „Dürfte ich einen Stift haben?", fragte ich die Dame hinter der Theke. „Sicher", antwortete sie mir trocken und reichte mir einen Kugelschreiber. „Vielen Dank", lächelte ich sie an und drehte mich wieder um, um zu dem Pianisten zu gehen. „Wiedersehen macht Freude!", rief die Dame mir hinterher.

„Hier, bitte", lächelte ich und gab dem Pianisten den Stift. Er nickte und schrieb auf das Foto. Dann gab er es mir zurück. „Danke. Du spielst wirklich toll", machte ich nochmal ein Kompliment. Seine Augen leuchteten, als ich das sagte. „Manuel, wir müssen nach Hause", unterbrach ein Mann das Gespräch. Er ähnelte dem Pianisten, der Manuel zu heißen schien. Manuel, ein schöner Name.

Der Mann griff ihm am Arm und zerrte ihn weg, was Manuel über sich ergehen ließ. Er hob nochmal seine Hand und winkte kurz, ehe er verschwand. Ich schaute auf das Autogramm und musste grinsen. Nicht nur sein Name hatte er rauf geschrieben, nein. Auch eine Handynummer.

Der Pianist / KürbistumorKde žijí příběhy. Začni objevovat