Gebärdensprache

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„Hey, Manu"; hauchte ich. Er hatte mir die Sprache verschlagen. Ein schiefes lächeln schlich sich auf seine Lippen, dann streckte er seine Arme aus und schloss mich in eine Umarmung. In dem Augenblick hatte ich das Gefühl, er könne mein Herzschlag spüren. So stark und schnell schien es zu schlagen. „Wollen wir rein gehen?", fragte ich, als wir uns lösten. Der schwarze BMW fuhr in dem Augenblick weg. Manuels Augen verfolgten ihn noch kurz, ehe er mich wieder ansah und breit grinsend nickte. „Gut."

Das Restaurant war nobel. Aber auch nicht zu etepetete. Doch wir wurden von einem Mann empfangen, der einen Anzug mit Fliege trug. „Guten Abend die Herren", begrüßte er uns höfflich. Manu hob seine Hand und zeigte zwei Finger. „Ein Tisch für zwei, kommen sie mit." Wir folgten dem Mann, der uns zu einem Tisch, weiter hinten führte. Als ich sah, dass Manu sich setzten wollte, ergriff ich meine Chance und zog ihm den Stuhl zurück. „Setz dich", lächelte ich. War das zu viel? Doch er lächelte mich sanft an und setzte sich dann hin. Gleich darauf setzte ich mich ihm gegenüber.

Er hatte seinen Kopf schon in die Speisekarte gesteckt. „Bist du hier öfter?", fragte ich. Ich hatte nämlich keine Ahnung, was ich mir bestellen sollte. Die Auswahl war enorm. Manuel lugte über die Karte und sah mich mit seinen grünen Augen an, die nur so funkelten. Sein Kopf hob und senkte sich. „Was schmeckt?" Jetzt legte er seine Karte ab, schob sie etwas nach vorne und zeigte auf ein Gericht. „Entenbrust in Orangensoße?" Ich hob meine eine Augenbraue. Ich hatte noch nie Ente gegessen, bis auf das eine Mal bei meiner Großmutter. Manu nickte eifrig.

„Wünschen sie schon was?", erkundigte sich der Kellner, als er sich neben uns stellte. In der Hand hielt er einen kleinen Block, in der anderen einen Stift. Erwartungsvoll lächelte er uns an. Manuel zeigte mit dem Finger auf das Gericht, dann eine zwei. Und dann zeigte er noch auf eine große Cola. „Okay, zwei Mal die Ente und eine Cola. Und was wollen sie zu trinken?" Er wandte sich an mich. „Ich ehm, ich nehme ein Sprudelwasser." „Sprudelwasser", murmelte er, während er es aufschrieb. „Gut, kommt sofort." Schon drehte er sich um. „Dann bin ich ja mal gespannt", sagte ich.

Keine Minute später, brachte uns der Kellner auch schon unsere Getränke. „Sprudelwasser für sie und die Cola, für sie", sagte er und stellte die Gläser vor uns hin. „Danke", lächelte ich und auch Manuel lächelte den Kellner freundlich an. „Manuel, lernt man Gebärdensprache schnell?", fragte ich ihn vorsichtig. Er blinzelte zwei paar Mal verwirrt. „Ich wollte es gerne lernen. Dann können wir uns besser verständigen." Manuel holte sein Handy hervor, so, wie er es immer tat. Dann tippte er und reichte es mir. "Es dauert. Am besten suchst du dir einen Lehrer." „Du kannst mir es ja etwas zeigen", schlug ich vor und gab ihm das Handy zurück. Manuel grinste und machte eine Handbewegung. „Heißt das Hallo?", fragte ich grinsend. Manuel lachte lautlos, nickte dann aber. Dann legte er seine Hand auf seine Schlüsselbeine, strich kurz nach unten und machte dann mit der gleichen Hand, mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Das grinsen von seinen Lippen verschwand nicht. „Ich sehe gut aus?", fragte ich lachend.

Manuel haute mit seiner Hand gegen seine Stirn, bevor er kopfschüttelnd lachte. „Ehm, du siehst gut aus?", fragte ich. Allerdings sollte es ein verstecktes Kompliment sein. Er fuhr mit der Hand an sein Kinn und drückte sie dann mit der Rückseite seiner Hand ein stück in meine Richtung. „Ehm", kam es nur von mir. Sein grinsen erlosch nicht. Stattdessen nahm er sein Handy und tippte, schob es zu mir und ich las „Danke". „Es ist nur die Wahrheit", gab ich zurück. Ich wusste auch nicht, wieso ich das sagte. Es kam einfach aus mir raus. Manuel lächelte wieder und seine Wangen wurden rosig.

„Zwei Mal Ente", erklang nun die Stimme des Kellners. Er stand neben uns und stellte gerade die Teller vor uns. „Guten Appetit", wünschte er uns. „Danke", sagte ich wieder und von Manuel kam wieder ein lächeln. Und schon stürzten wir uns auf das Essen, was nicht nur lecker aussah, sondern auch richtig gut schmeckte.

Der Pianist / KürbistumorWhere stories live. Discover now