Besuch

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Er wollte sich mit mir treffen. Ich grinste mein Handy an. Das pure Glücksgefühl war in mir. Ich konnte es nicht glauben. Der, den ich so lange vergötterte, wollte sich mit mir treffen.

Klar, würde es schwierig werden ihn zu verstehen. Aber er konnte ja auch sein Handy benutzen oder Hände und Füße. Das würde schon alles funktionieren.

Ich legte mein Handy zur Seite, nachdem ich noch ein Hörspiel angemacht hatte und machte die Augen zu. Ich konnte es kaum glauben, dass ich ihn tatsächlich näher kennenlernen würde. Länger lauschte ich noch Rufus Beck, wie er vorlas, bis ich mit einem lächelnden Gesicht ins Land der Träume glitt.

Am nächsten Morgen wachte ich mit guter Laune auf. Ich machte mich frisch für den Tag, verbrachte ihn fast nur mit meinen Freunden in den Aufnahmen und schnitt dann ein wenig. Am Abend las ich die Kommentare unter dem neuesten Video. Als ich da so drin vertieft war, klopfte es an meine Zimmertür und Sebastian streckte seinen Kopf herein. „Besuch", sagte er, als ich mich zu ihm umdrehte. „Wer?", fragte ich verwundert. Normalerweise bekam ich nur Besuch mit Anmeldung. „Nun komm", sagte er nur und ging, ließ aber die Tür einen Spalt offen.

Ich zog mir den Ohrstöpsel heraus, stand seufzend auf und ging in den Flur. „Was machst du denn hier?", fragte ich, als ich sah wer dort stand. Es war meine Mutter. „Überraschung!", kicherte sie und nahm mich fest in ihren Arm. „Mama, was...", fing ich an doch sie unterbrach mich. „Ich besuche Onkel Heinz in Düsseldorf und dachte mir, dass ich doch einmal vorbeischauen kann." „Ehm, ich bin nur so verblüfft. Komm erstmal in die Küche. Willst du einen Kaffee, Wasser oder irgendwas anderes?", fragte ich, als ich schon los ging. Sie folgte mir mit kleinen Schritten. „Einen Kaffee wäre schön."

Sie setzte sich auf den Stuhl und sah mich an, während ich den Kaffee aufbrühte. „Wie geht's dir?", fragte ich, da mir die Stille unangenehm war. „Soweit ganz gut. Und wie läuft es bei dir?", entgegnete sie meine Frage. Ich stellte die Tasse vor ihr und setzte mich ebenso hin. „Kann mich nicht beklagen." „Und, wie sieht's aus. Wann stellst du mir meine Schwiegertochter vor?", fragte sie neugierig. Ich senkte meinen Kopf. „Mama, das dauert." „Paddy, du bist schon 30 Jahre alt. Deine Uhr tickt", meinte sie und nahm einen Schluck. Immer sprach sie dieses Thema an, wenn sie hier war oder ich bei ihr. Ich liebte meine Mutter ja, aber das nervte mich. „Das weiß ich selber", antwortete ich also schroff. „In deinem Alter war ich schon mit deinem Vater verheiratet und du warst auch schon in der Krabbelgruppe", brabbelte sie weiter. Am liebsten würde ich sie wegschicken, doch das wäre unhöflich. Also ließ ich sie erzählen, was sie denn alles schon erreicht hatte, als sie so alt war wie ich jetzt.

Nach circa 2 Stunden, beschloss sie auch wieder zu gehen. Irgendwie erleichterte mich das.

(...)

Am nächsten Abend stand ich im Bad und frisierte und rasierte mich. Ich hatte den Drang dazu, mich heute etwas schöner zu machen als sonst. Er würde sicherlich mehr auf mich achten, auch weil wir danach noch etwas zusammen trinken werden.

Ich seufzte, als ich mich fertiggemacht betrachtete. Sah ich zu angezogen aus? „Sebastian, kommst du mal?", brüllte ich verzweifelt. Hoffentlich hatte er nicht seine Kopfhörer auf, denn dann würde er mich niemals hören. Doch kurze Zeit später hörte ich, wie seine Tür aufging und er ins Bad kam. „Was hast du denn schon wieder?", fragte er verschlafen. „Hast du gepennt?", fragte ich glucksend, als er sich über die Augen rieb. „So fast. Was hast du, wow Palle, wie siehst du denn aus?" Er pfiff auf, als er mich musterte. „Ich trinke heute was mit Manuel. Denkst du, ich sehe zu ordentlich aus?", fragte ich zerknirscht. „Dreh dich mal", nuschelte er nur zurück, was ich befolgte. „Oberteil aus der Hose, das machen nur Opas und die Haare. Mensch Palle." Er hob seine Hand und wuschelte sie mir durch. Sofort wich ich zurück, doch die Frisur war zerstört. Doch Sebastian lächelte mich zufrieden an. „Schon besser. Ich hoffe du hast Spaß heute." Ich drehte mich wieder zum Spiegel und betrachtete mich. „Danke." Ich hoffte, ich würde Spaß haben. Denn eigentlich hatte ich Angst. Ich war nervös und aus dem Grund, hatte ich Sorge, mich zu blamieren. Denn ich war ein ziemlicher Schussel und brachte mich selbst gern in unangenehme Situationen, wo ich am liebsten wegrennen würde.

Seufzend zog ich mir die Schuhe an, verabschiedete mich und ging aus dem Haus. Je näher ich der Bar kam, desto schneller ging mein Puls und als ich an meinem Platz saß und zum Klavier sah, hatte ich das Gefühl, jeder um mich herum könnte mein Herz pochen hören. Bald wäre es soweit, er würde die wunderbaren Klänge spielen lassen und sich danach zu mir gesellen. Einerseits konnte ich es kaum abwarten, andererseits wollte ich, dass es schnell vorbei war.

Der Pianist / KürbistumorHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin