12. So hoch geflogen, so tief gefallen

2.7K 128 11
                                    

- Harrys POV -

Stöhnend drückte ich mein Gesicht wieder zurück in das weiße Kissen des großen Hotelbetts, das mir niemals leerer vorgekommen war.
Elena hätte mir gerade auch ebensogut direkt das Herz herausreissen können. All ihre Worte, ihre Vorwürfe und letztendlich auch ihr Abgang aus meinem Hotelzimmer vor wenigen Sekunden hatten dieselbe Wirkung.

Ich hatte ihr gestern Abend so viel von mir gezeigt, wir waren uns so nahe. Es ging dabei um Einiges mehr als bloß um Sex. Ich hatte ihre Anwesenheit, ihre Blicke so unheimlich genossen.

Es war, als wäre sie seit so vielen Monaten der erste Mensch gewesen, der mich berührt hatte.
Nicht physisch, sie hatte direkt in mein Herz gesehen, mit ihren Augen meine Seele gestreichelt und die Welt, alles um mich herum, für eine Weile so viel weniger bedrohlich erscheinen lassen.
Alles, was mich die ganze Zeit über zu erdrücken drohte, schien so unsagbar klein, solange sie bei mir war, mir zuhörte und ich sie an meiner Seite wusste.

Sobald Elena da war und mir ihre Nähe schenkte, spürte ich, wie sich mein altes Ich, das ich so sehr vermisste und zu verlieren befürchtete, wieder ein klein wenig ans Tageslicht wagte.
Nicht genug, um mich mit seiner Präsenz einzunehmen, jedoch genug, um mir zu versichern, dass es noch existierte.

Dass Elena jedoch scheinbar in dem vergangenen Abend und der letzten Nacht nicht mehr sah als einen riesen Fehler, war ein Stich direkt ins Herz.
Am Liebsten hätte ich sie niemals wieder gehen lassen und ihre zarte, warme Haut und ihre weichen Lippen für immer auf meinen gespürt, doch stattdessen hatte sie mir vorgeworfen, sie ausgenutzt zu haben.

Ja, ich hatte mich letzte Nacht alleine gefühlt und mich nach ihrer Nähe gesehnt. Allerdings hatte sie mir auch zu verstehen geben, dass sie dasselbe wollte.
Sie war es, die mich plötzlich so stürmisch an sich gezogen hatte, sie wollte mich ebenso, wie ich sie. Das hatte ich zumindest gedacht.

Gerade als ich vollends im Selbstmitleid versinken und mir
noch einmal die Erinnerungen an letzte Nacht vor Augen führen wollte, hörte ich lautstark die Hotelzimmertür ins Schloss fallen.

Verwundert runzelte ich die Stirn, nachdem ich angenommen hatte, Elena wäre längst über alle Berge. Doch bloß Sekunden später wurde mir bewusst, dass Elenas Abgang mit der Ankunft von neuem Besuch einher ging.

„Haaarold!", hallten Nialls und Liams amüsierten Stimmen durch die weitläufige Suite und sofort rollte ich stöhnend mit den Augen.
Ausgerechnet den beiden, die nicht allzu viel von Privatsphäre innerhalb der Band hielten, musste Elena wohl direkt in die Arme gelaufen sein.

Allem Anschein nach hatten sie die Zeichen auch richtig gedeutet, denn nur Augenblicke später standen die beiden breit grinsend im Türrahmen des Schlafzimmers und sahen mich gut gelaunt an.
„Wie zur Hölle hast du das denn gemacht, das ging ja schneller als erwartet!", pfiff Liam sofort anerkennend und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Türstock.
„Aber wirklich, wie hast du sie denn gleich so schnell um den Finger gewickelt? Ich bin beeindruckt!"

Sicher, ich hätte ihnen jetzt von meinen verworrenen Emotionen und dieser unheimlichen Anziehungskraft und Sicherheit, die mir Elena gab, erzählen können, doch für die Themen Frauen und Gefühle hatte ich in Liam und Niall wohl die schlechtesten Gesprächspartner, die ich mir hätte vorstellen können.

Liam, der seitdem Sophia ihn vor wenigen Wochen verlassen hatte, nichts anbrennen ließ und bei seinen Alkohol-Eskapaden auch in puncto Frauen keine Chance verstreichen ließ und Niall, der zwar wirkte wie die Unschuld vom Lande und diesen Schein nach außen hin auch stets wahrte, doch absolut kein Kind von Traurigkeit war.
Immerhin hatte Niall die Rolle des blonden, irischen Saubermanns der Band zugeteilt bekommen, nachdem ich bereits die des Herzensbrechers belegte.

Open up to me || h.s.  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt