Kapitel 1 - Ilayda's Buchhandlung

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Es war wie es schien ein ganz normaler Morgen, doch der Verlauf des Tages sollte mich besseres belehren. 

Ich ging wie jeden Tag zum Arbeiten in die Buchhandlung um die Ecke. Es war ein kleiner alter Laden der nach frisch gedruckter Tinte und nach moderigen Staubfängern roch. Staubfänger nannte ich liebevoll die Bücher, die sich seit gefühlten Jahrzehnten nicht verkaufen liesen. Ilayda begrüßte mich ganz herzlich wie jeden Morgen "Na Schätzchen, habe ich dir heute nicht den Tag freigegeben". Sie ist eine alte Dame dem der Laden "Traumschmöcker" gehörte. Ich arbeitete nun schon seit 3 Jahren hier und Ilayda war wie eine Großmutter für mich geworden. Sie hatte graues krauses Haar und roch immer nach Seife, was mir ein vetrautes Gefühl gab. Klar Sie ist meine Chefin, aber wir sahen das nicht so streng. "Ja ich weiß, aber heute muss ich meine Familie besuchen gehen und da dachte ich bringe ich ihnen ein paar Staubfänger mit". Ilayda lachte "Meinst du die Ladenhüter, die da hinten im Eck stehen und einstauben. Möchtest du ihnen nicht etwas lesenswertes mitbringen."

"Naja, meistens werden die Bücher die ich mitbringe von meiner Familie nur als Unterlage verwendet. Also tut es auch ein Staubfänger", antwortete ich schmunzelnd. Meine Chefin schüttelte nur den Kopf und fragte "Wie konnten solch ungebildeten Leute nur eine so schlaue Tochter wie dich aufziehen Tessa?" Ich zuckte mit den Schultern und machte mich auf die Suche nach einem Ladenhüter der ein neuer Untersetzter werden wollte. 

Als ich fündig wurde und einen kitschigen Roman von Ramon Tochero in den Händen hielt, ging ich zur Kasse. "Was verlangst du dafür?" "Das eklig kitschige Ding kannst du geschenkt haben. Bin ich froh dass wir das endlich mal loswerden, das war das Lieblingsbuch meines Ex Mannes. Er hatte es bestimmt schon zwanzig mal gelesen und immer wieder daraus zitiert. Und ich musste immer so tun als ob es mir gefallen würde. Gut dass das schon sieben Jahre her ist, er war im alter immer anstrengender geworden."

"Danke Ilayda, ich muss jetzt los. Wir sehen uns dann am Montag wieder bis dann", rief ich als ich zur Tür raus ging. Die alte Glocke klingelte als die Tür zu fiel "Bis dann", sagte meine Chefin, was ich jedoch nicht mehr hörte.

Auf dem Weg lag etwas in der Luft, es war heißer und schwüler wie sonst. Ein eigenartiger Geruch nach Ammoniak vernahm ich aus den Gullideckeln. Die Straßen waren so gut wie leer und es herrschte eine toten Stille. Es waren noch zwei Kilometer bis zu meinen Eltern und mein Magen knurrte. Wenigstens etwas, was wie immer ist, mein lang andauernder Hunger. Ich lief den ganzen Weg zu Fuß, da mein Golf in Henrys Werkstatt stand und nicht mehr anspringen wollte. Das Pech mochte mich so sehr wie ich Alkohol mochte. Zu sehr, leider. Ich würde mich als halbe Alkoholikerin bezeichnen, wovon Ilayda aber zu meinem Glück keine Ahnung hatte. Diese verabscheute dieses Zeug wie die Pest, da ihr erster Mann bei Trunkenheit am Steuer ein kleines Kind überfahren hatte. Sie hatte ihn sofort verlassen und dann Manfred getroffen. Manfred war der zweite Eheman der die Bücher von Tochero vergötterte. Ich wühlte während ich lief in meiner Handtasche nach einem Feigling. Ich hatte nach dem Besuch bei Ilayda eine Tankstelle aufgesucht und dort welche besorgt, damit ich den Familienbesuch gut überstehen würde. Ich trank zwei hintereinander und fühlte mich schon etwas mutiger, mich meinen Ängsten zu stellen. 

Nur noch ein paar Blocks und auf Einmal stand ich direkt davor. Vor meinem alten Zuhause. Es war ein bisschen Heruntergekommenen mit der Zeit, aber es brachte alte Gefühle hervor.

"Was stehst du da denn so verdattert rum? Komm endlich, dein Dad und deine Schwester haben schon das Burgerfleisch auf dem Grill", rief meine Mutter mit schriller Stimme zu mir rüber. "Jaja, ich komme ja schon". Nichts hatte sich verändert.

Die Staubfänger Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt