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Jeonghan

"Dschinns", meinte ich langsam. "Bringt es denn was, wenn ich das google?" Ich betrachte ihn skeptisch und er sah mich überlegend an, während die Synchronisation ihn wahrscheinlich grade mitteilte, was Google war. "Ich denke nicht", sagte er schließlich. "Das wissen über Dschinns wurde von denen, die an sie glaubten und wussten wie sie sie ausnutzen konnten, stets von Generation zu Generation weitergegeben. Keine Ahnung, ob es darüber Aufzeichnungen gibt. Aber im Grunde ist es auch gar nicht so schwer. Also was machen Dschinns?"

Ich überlegte einen Moment. "Sie erfüllen Wünsche?", fragte ich unsicher. Auch darüber hatte ich nie nachgedacht, mir wäre nie in den Sinn gekommen mir Joshua irgendwie zu nutze zu machen und mir was zu wünschen.  Joshua zeigte nur wieder sein zufriedenes Gesicht. "Okay", machte ich weiter. "Und wenn du jemanden hast, dem du wünschte erfüllst, dann ist das dein... Meister?" Joshua grinste nur und lachte schließlich leise. "Wer ist jetzt dein Meister?", fragte ich, doch mir wurde klar, dass das einer dieser Frage war, die unter die Dschinn-Schweigepflicht fliehen, als er nicht antwortete. 

Dafür sah er mich mit einem so intensiven Blick an, dass ich spontan vergass zu atmen. Nicht das ich das nötig hätte, aber ich tat es in der Regel trotzdem, ich wollte ja nicht auffallen und  - wie auch immer - Joshua brachte mich schon wieder aus dem Konzept. 

Konnte er bitte aufhören so attraktiv zu sein? 

"Denk nach", meinte er nur. Ich wich seinen Blick aus und starrte auf die Fernbedienung, die auf dem Tisch lag. "Hör auf mich anzustarren! Ich kann mich so nicht konzentrieren", beschwerte ich mich, doch als ich nach ein paar Sekunden einen kontrollierenden Seitenblick tätigte sah ich, dass er einen Scheiß tat damit auf zuhören. Zu seinem intensiven Blick hatte sich nur ein kleines, amüsiertes Lächeln geschlichen. 

Ich sah wieder auf die Fernbedienung und versucht mich zu konzentrieren. Wer war jetzt sein Meister? Er war ja grade mal zurück. Wie tauchten Dschinns überhaupt auf? Wurden sie klischeemäßig beschworen? Aber warum wurde er 300 Jahre nicht beschworen und dann jetzt plötzlich. 

Ich stutzte über mich selbst, dass es mir nicht sofort aufgefallen war. "Du hast gerade gar keinen Meister", sagte ich leise und sah ihn an. "Dein Tintenfass wurde zerstört." Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde undurchsichtig, wie Nebel, wenn auch einen Hauch zufrieden. 

Gut, okay, er war grade führungslos, aber was wollte er mir damit sagen? Was erwartete er von mir? "Du musst mir helfen, Jeonghan", meinte er leise und dunkel. "Ich will nicht wieder an die falschen Leute geraten." 

Und das muss er mir warum genau mit sexy Voice sagen? Joshua wusste scheinbar auch nicht was er wollte, auf der einen Seite sollte ich nachdenken und auf der anderen versuchte er meinen Verstand lahm zu legen, huh? 

Konzentration. Er wollte also nicht wieder an die falschen Leute geraten. Das konnte nur heißen, dass er das schon hinter sich hatte. Mein Kopf begann wieder zu rattern und ich konnte mich nicht dagegen wehren ein schlechtes Gewissen zu bekommen, dafür, dass ich nie mehr Interesse daran gezeigt hatte was Joshua war, was seine Aufgaben waren  ... und ob er damit unglücklich sein könnte.

Er war einfach ab und zu weg, um irgendwelche Wünsche zu erfüllen und war dann nach ein paar Stunden später stets wieder aufgetaucht. Wenn ein Meister ihn schlecht behandelt haben sollte oder er Stress deswegen hatte, dann hatte er es sich nicht anmerken lassen.

Ich musterte den Dschinn vor mir. "Wie falsch?", fragte ich und formulierte absichtlich die Frage nicht ganz aus in der Hoffnung, dass es Joshua helfen würde sie zu beantworten. Sein Lächeln wurde wieder nostalgisch. "Sehr falsch."

Und ich hatte es nicht mitbekommen

Ich senkte den Blick. "Das tut mir Leid", sagte ich betreten, doch schon im nächsten Moment spürte ich schon seine Hand an meiner Wange und er drehte meinen Kopf zu sich zurück. "Nein, mir tut es leid", erwiderte er mit Nachdruck. "Ich hätte das alles nicht mit mir selbst ausmachen dürfen. Es vor dir geheim zuhalten war nicht nur irgendwie unehrlich, es hat alles nur noch schlimmer gemacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass du mich suchst und vielleicht sogar findest wäre doch um einiges größer gewesen, wenn du gewusst hättest, dass etwas nicht stimmt. So war ich Trottel einfach verschwunden."

Nahmen wir jetzt beide die Schuld auf uns? Was für einen Verlauf nahm dieses Gespräch überhaupt?

Und wie schaffte er es eigentlich mir unauffällig immer näher auf die Pelle zu rutschen? Und warum störte es mich nicht, obwohl es das sollte?

Ich löste mich sanft von ihm. "Das lässt sich nun wohl nicht mehr ändern", meinte ich ruhig und er ließ etwas von mir ab. Ich griff nach meinem Kaffee, eigentlich nur, damit ich etwas hatte, womit ich meine Hände beschäftigen konnte und trank die Tasse schließlich aus. 

Hatte ich ihn nicht nach einem Kaffee rausschmeißen wollen? Ich musterte den schönen Dschinn und biss mir auf die Lippe. "Ich geh mir noch einen Kaffee holen." Schnell stand ich auf und ging wieder nach drüben in die Küche. Ich musste mich sammeln. Langsam gab mein Kopf nach und gesellte sich zu meinem Körper. 

Schau mal, sagte er, so wie die Sachlage sich aufzubauen scheint ist er zwar ein Depp, aber er kann nichts für das ganze Fiasko. Offensichtlich hatte er einen scheiss Meister und musste dann auch noch in einem Tintenfass verweilen. Alles nicht unbedingt seine Schuld. Die Jury stimmt für unschuldig, das Urteil lautet verzeihen.

Außerdem kann er sicher immer noch fantastisch küssen, meinte der Körper.

Alter, Innenleben, halt die Fresse, mein Herz blutet sein verkackten 3 Jahrhunderten und ich bin verdammt noch mal ein Vampir, ok? Bei mit kann eigentlich gar nichts bluten.

Trotzdem glaubte ich Joshua. Vielleicht wollte ich ihm auch einfach glauben, weil - egal wie dumm das war - auch 300 Jahre nicht gereicht haben mich von ihm zu lösen und kaum war er wieder da verfiel ich ihm aufs Neue, ohne dass er dafür auch nur den kleinen Finger rühren musste.

Das war ziemlich pathetisch.

Die Vorstellung, dass er wahrscheinlich nicht mal was dafür konnte, einfach verwunden gewesen zu sein, machte es nicht besser. Im Gegenteil. Ich wusste nicht was ich fühlen sollte. Bedauern? Wut? Das Gefühl das es unfair ist - wie man auch immer das nennen mag?

Wie wären die letzten 300 Jahre wohl verlaufen, wenn er bei mir gewesen wäre? Vielleicht hatten wir was verpasst, vielleicht würden wir aber auch schon seit einem Jahrhundert kein Wort mehr miteinander wechseln. Wer wusste das schon?

Wahrscheinlich machte es nicht wirklich Sinn, darüber zu grübeln. 

Falling for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt