Kapitel 8

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Der Wind das himmlische Kind. Pflegte meine Lehrerin immer zu sagen. Während das himmlische Kind durch unsere Haare wehte setzten Michael und ich unseren Weg durch das hohe Gras fort. Mich durchfuhr ein leichtes Unwohlsein, da mir der kleine Pfad, auf der rechten Seite, sehr bekannt vorkam. Dort ging es zum Friedhof, des Asylums. Ich hielt Michael am Arm fest, um ihn am Weitergehen zu hindern. Michael drehte sich zu mir um und ich schüttelte mit meinem Kopf:,,Er könnte dort unten sein." Michael schien das nicht besonders zu kümmern, er kniete sich zu mir herunter und sprach ruhig:,,Clara Winters wenn du gegen deine Ängste nicht ankämpfst, kannst du sie nicht besiegen. So war das schon immer. Auch ich musste gegen die Dunkelheit kämpfen und ich tue es immer noch. Doch wir sind stärker Clara, denn wir gehören zu den Lebenden. Vergiss das bitte nie okay?" Eine Träne rollte meine Wange herunter und ich nickte. Michael hatte in mir eine Truhe geöffnet, eine Truhe von der ich noch nicht einmal wusste das sie existiert. Dieser Mann gab mir Kraft und Mut, Mut weiterzukämpfen und aufzustehen. Michael hatte das selbe Schicksal wie mich ereilt und dies zeigte mir eines. Es zeigte mir das meine Eltern unrecht hatten. Es zeigte mir das ich nicht verrückt war. Michael nahm mich in den Arm und seine Hand fuhr über meine dunkelblonden Haare. Ich sah wie eine weitere Träne von meiner Wang abließ und hinunter, auf den Boden, flog. Sie landete auf einem der vielen Laubblätter und verteilte sich auf den abgestorbenen Blattadern. Langsam ließ mich Michael wieder los und nahm meine Hand:,,Komm." Sprach er, so als würde er mir den Weg ins Licht zeigen wollen. Wir liefen am Friedhof vorbei und gingen hinter das große Anstaltshaus. Ich wunderte mich sehr, denn Michael sagte doch ich sollte mich meinen Ängsten stellen. Seine Hand fühlte sich so vertraut an und ich hatte das Gefühl, das er wie ein Vater für mich war. Hinter dem Haus angekommen stoppten wir vor einem kleinen Holzzaun, der das weite Meer und die Insel trennte. Michael ließ meine Hand los und hob mich auf den Zaun. Die Holzsplitter schmerzten kurz, jedoch vergaß ich den Schmerz, als ich diese gigantische Aussicht sah. Die Sonne stand noch nicht all zu weit oben und wir hatten einen wundervollen Blick auf das spiegelglatte Wasser. Am Himmel flogen zwei Möwen, mit ihrem Junges. Als ich das sah musste ich an meine Eltern denken. Wie wären sie gewesen, wenn alles anders gekommen wäre? Ich bemühte mich nicht zu weinen und meinen Blick wieder auf die See zu richten. Plötzlich erschien Michaels Finger vor meinen Augen und er zeigte geradeaus:,,Siehst du? Dort drüben ganz weit hinten ist London." Ich blickte in die Ferne und stellte mir vor, wie London wohl sein konnte. Im Unterricht hatten wir einige Male über London gesprochen, jedoch hatte das Geld, für einen Ausflug dort hin, nie gereicht. Michael lächelte mich an sprach:,,Eines Tages Clara kommen wir hier raus und dann bringe ich dich dort hin. Ich verspreche es dir Clara." Ich musste ebenfalls lächeln und stellte mir vor, tatsächlich englischen Tee trinken zu können. Diesen Buckingham Palace zu besuchen, von dem alle sprachen und vielleicht sogar die Queen zu treffen. Langsam stieg ich von dem Zaun herunter und Michaels Gesichtsausdruck wurde ernst:,,Und jetzt stellen wir uns deiner Angst." Warum sagte er nicht gleich unserer? Michael sah diesen Dämon doch auch. Aber ich sah, das er noch mehr angst hatte als ich. Wieder an dem kleinen Pfad angekommen, liefen wir hinein in die Hölle. So kam es mir zumindest vor, denn je tiefer wir liefen, desto mehr angst bekam ich. Unten am Friedhof stoppten wir und sahen niemanden. Ich schaute zu Michael herauf:,,Können wir wieder gehen? Hier ist ja niemand." flehte ich und hoffte auf eine positive Antwort. Michael schaute jedoch nur zu mir herunter und schüttelte den Kopf:,,Noch ein kleines Bisschen." Wir verharrten noch einige Minuten, bevor Michael meine Hand nahm und wir wieder hinauf liefen:,,Siehst du Clara, wie feige er ist? Er hat sich nicht gezeigt, weil wir zu zweit waren. Währst du alleine gewesen, hätte er dich wieder ein Stück zu sich genommen. Er spürt das wir zu zweit einfach zu stark für ihn sind." Nun bildetet sich eine sehr dringende Frage in mir:,,Aber was mache ich, wenn ich mal alleine bin und er wieder kommt?",,Ich werde immer in deiner Nähe sein Clara, verlass dich drauf." Ich nickte und war mir sicher, dass Michael sein Versprechen halten würde. Oben wartete schon ein grimmiges Gesicht auf uns, welches uns strafend anguckte:,,Mister Hudson und Miss Winters, beeilen sie sich die Anderen sind schon im Haus." Sagte Miss Anderson wütend und zeigte auf die Eingangstür. Wir eilten hinein und stellten uns zu der Schlange hinzu. Kurze Zeit später kam Miss Anderson, mit ihrem Schreibblock und sprach laut:,,Chrm ich benötige für einen Moment ihre Aufmerksamkeit. Wir haben einen Dienst für sie hier eingeleitet. Der lautet wie folgt. Es werden immer zwei Personen Essen, an die Anderen Insassen, austeilen. Dann gibt es den Reinigungsdienst, der den Flur einmal durchwischen wird. Bei diesem Dienst können sie sich außerdem auch etwas Geld verdienen. Ich gebe Ihnen Bescheid wer das für heute Mittag sein wird. Für das Essen ist heute Clara Winters und Garry Fallon verantwortlich." Ab dem Punkt hörte ich Miss Anderson nicht mehr zu. Ich hatte mir gewünscht, wenigstens mit Michael zu arbeiten. Aber ich wusste mit Miss Anderson zu diskutieren, half recht wenig. Garry Fallon war ein blasser und rothaariger Mann. Seine Haut war von kleinen Sommersprossen nur so überfüllt. Langsam kam er auf mich zu und reichte mir die Hand:,,Hey ich bin Garry. Du musst Clara sein stimmt's?" Ich nickte und gab Garry die Hand. Er schien, wie Michael und ich, ganz normal zu sein. Neugierig fragte ich also:,,Warum bist du hier?",,Ach ich simulier nur ein wenig. In Wales hatte ich kein Zuhause mehr und dann habe ich angefangen Schauspielerei zu studieren. Nun kauft mir jeder das Verrückte ab. Außerdem finde ich Miss Anderson ganz nett und anziehend. Ich habe es nur noch nicht geschafft sie anzusprechen. Oh entschuldige du bist ja noch so jung, ich wollte dir nicht so ein Thema aufbinden.",,Kein Problem." Sagte ich etwas belustigt und wartete, bis Miss Anderson zu uns kam, um und Anweisungen zu geben. Diese kam angestrengt auf uns zu und wischte sich den leichten Schweiß von der Stirn. Als sie vor uns stehen blieb sah sie uns für einige Sekunden einfach nur an. Um ehrlich zu sein, mir kamen diese paar Sekunden wie Stunden vor:,,Also ich bringe ihnen jetzt den Essens Wagen und dann werden sie den ersten Stock übernehmen. Mit dem Aufzug kommen sie in den zweiten Stock. Erst am Ende dürfen sie sich ihr eigenes Essen nehmen verstanden?" ,,Aber sicher." Antwortete Garry und zwinkerte Miss Anderson zu. Diese hob eine Augenbraue und sprach:,,Du bist ein immer noch so schlechter Schauspieler Garry, wie auch ein schlechter Charmeur." Garry grinste Miss Anderson hinterher:,,Kennt ich euch etwa schon lange?" Fragte ich etwas überstürzt und neugierig:,,Ich und Fleur? Ja wir kennen uns schon seit der Schulzeit. Da hat sie mich auch immer abgewiesen, doch ich habe nicht nachgelassen. Sie kann kalt sein, aber im inneren weiß ich dass sie ein warmes Herz hat. Nachdem die Schule vorbei war, sind ihre Eltern gestorben und sie hatte niemanden mehr. Also ist sie nach Grythin Grifford gezogen, weil sie diesen Mister Hunt kennengelernt hat. Er hat ihr einen Job versprochen, ihr aber nie gesagt was es für einer ist." Ich sah plötzlich alles mit anderen Augen. Verwunderlich wie die Geschichte eines Menschen alles verändern kann. Nun kam Miss Anderson wieder, mit einem silbernen Wagen. Auf dem standen um die 100 Porzellanschüsseln, gefüllte mit einer ekligen und breiigen Pampe:,,Mmm wie ich sehe gibt es heute klumpigen Haferbrei Miss Anderson." Sagte Garry etwas belustigt und blickte auf die beige Masse:,,Du musst es ja nicht essen wenn es dir nicht passt." Sprach Miss Anderson und sah dann zu mir:,,Bitte alles austeilen verstanden. Mister Hunt möchte dich übrigens später in seinem Büro sehen Clara. Also dann auf an die Arbeit." Damit verschwand Miss Anderson wieder uns ließ mich und Garry, mit ein paar Schüsseln Haferbrei, alleine. Für einen kurzen Moment dachte ich ein Lächeln auf Miss Andersons Lippen gesehen zu haben, aber vielleicht war es auch nur ihre pure Unsicherheit. Jedenfalls teilten sich die Schüsseln nicht von alleine aus. Somit machten Garry und ich uns auf den Weg zum ersten Flur. Er war etwas düster und wurde nur von 4 Öl Lampen etwas erhellt. Der Wagen quietschte vor sich hin während Garry ein fröhliches Lied pfiff. An der ersten Tür, einer Zelle, stoppten wir und Garry klopfte an:,,Henkersmahl ist da. Es gibt leckeren Haferklumpen." Plötzlich kauerte ein alter Mann an der Tür und streckte seine knochige Hand aus dem kleinen Fenster. Ich reichte Garry eine Schüssel und er nahm sie dankend an:,,Sie...Sie haben meine Frau getötet. Ja diese verfluchten Nazis haben sie getötet. Vor meinen Augen. Ich kenne die Wahrheit ja ja ich weiß was sie getan haben." Garry nahm mich plötzlich am Arm uns sprach:,,Komm weiter Clara es wird sonst noch schlimmer." Der Mann murmelte vor sich hin und starrte ins leere:,,Dreh dich nicht um Clara." Ruckartig sah ich nach vorne und schob den Wagen weiter. Wir besuchten jeden und haben ihm sein Essen. Jede Zelle verbarg ihr schreckliches Geheimnis. All dies mit anzusehen tat mir im Herzen weh und erinnerte mich daran, wie hilflose Menschen einfach zurückgelassen werden. Alles nur, weil jeder Angst hat sich diesen Menschen richtig anzunehmen. War ich etwa auch so ein Mensch? Endlich erreichten wir den, mit dem Aufzug, den zweiten Stock. Nach einer Weile waren wir auch mit dem Gang fertig und durften uns auch etwas nehmen. Garry blickte den Brei an und sprach:,,Willst du meinen haben?",,Im Ernst?",,Klar, weißt du ich werde eh nicht mehr lange hier sein. Es spielt also für mich keine Rolle. Du bist noch klein und du brauchst Nahrung. Michael ist eine gute Seele. Ich habe immer mit ihm gerne Karten gespielt, doch seitdem ich in den ersten Stock verlegt wurde haben wir uns nicht mehr so oft gesehen. Er wird gut für dich sorgen, da bin ich mir sicher. Also nimm dir ruhig mein Essen für heute ich werde mal schauen ob ich Fleur irgendwo finde. Wir sehen uns Clara, falls du mich suchst ich bin im ersten Stock. Zimmer 204 okay?" Ich nickte und lächelte zu Garry hinauf:,,Du bist ein tolles und starkes Mädchen Clara, pass auf dich auf okay?" Garry strich mir über mein Haar und lief dann davon. Nun stand ich da, mit einer Schüssel Haferbrei in der Hand, auf einem kalten Flur. Langsam schob ich diesen zurück zum Aufenthaltsraum und aß meine Portionen Brei. Er schmeckte wie als hätte ihn jemand schon einmal gegessen und dann aber wieder hergegeben, um es mal so auszudrücken. Plötzlich kam Michael mit einem Besen um die Ecke und pfiff munter vor sich hin. Jedoch konnte ich, in seinem Gesicht, erkennen dass es ihm nicht wirklich gut zu gehen schien. Er stoppte vor mir und lächelte etwas gequält:,,Hallo Clara und wie ist Garry so? Ist ein Typ für sich was?" Ich nickte und zuckte mit den Schultern:,,Ja schon, aber er ist wirklich nett.",,Ja das stimmt, aber leider auch ein Typ der nirgendwo lange verweilt.",,Willst du damit sagen das er...",,Ja das er wahrscheinlich nicht vorhat lange hier zu bleiben. Für Garry ist ein Leben ohne Reisen kein Leben, musst du wissen. Naja ich sehe du bist schon mit dem verteilen fertig.",,Ja bin ich. Hast du auch hunger? Ich habe noch eine Schale für dich über." Ich reiche Michael die Schale mit dem Brei und er nimmt sie dankend an. Auch er muss bei dem Geschmack der Pampe fast kotzen. Plötzlich kam Garry um die Ecke gebogen, mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. In seiner rechten Hand hatte er zwei kleine Beutel:,,Sie mal Clara. Ich habe unseren Lohn bei der guten Miss Anderson abgeholt und es geschafft ihr zu sagen das sie eine wundervolle Frau sei. Dann hat sie mir eine geknallt und ist weggegangen. Das ist immer ein gutes Zeichen bei ihr, das heißt ich hab sie am Haken." Michael lachte:,,Mein lieber ich bezweifele zwar das dies ein gutes Zeichen ist, aber du kennst Miss Anderson ja besser als ich. Na gut ich muss dann mal weiter putzen, sonst bekomme ich keinen Penny für das hier." Als Michael verschwand gab mir Garry einen der Beutel und ich öffnete diesen. Als hätte ich gerade mein verspätetes Geburtstagsgeschenk bekommen. In dem kleinen Beutel waren 10 kleine Münzen. Zufrieden lächelte ich und war stolz schon mein eigenes Geld verdient zu haben. Garry streichelte mir über die Wange und seine Hand war eiskalt. Dann zwinkerte er und verschwand, wie ein Geist im Nebel.

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