// Intro //

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🎵 Snowman ~ SIA 🎵

"Schau nie zurück, denn du wirst an Zeiten erinnert, die es niemals gab" - Rana kommt als Neuling auf die Fachoberschule, findet Anfangs keinen Gefallen an der Schulform. Während sie in Yennefer eine Freundin sieht, entdeckt sie ungeahnte Gefühle zu Ms Low. Die kühle, etwas hochnäsige Klassenlehrerin, kramt in Rana Dinge hervor, von denen sie dachte, dass die Zeit sie hatte heilen lassen können. Demütigung. Verletzter Stolz. Verrat. Selbstzweifel. Viele Dinge ändern sich dramatisch in ihrem Leben und sie muss sich zwischen vielen Fronten entscheiden. 


August 2018

Ich saß auf einen der gepolsterten Treppen der Schulaula und wartete vergebens, dass endlich die Einteilung der Klassen erfolgte. Es gab ein kleines Missverständnis, was mich dazu brachte, bereits um 8:00 Uhr anwesend zu sein, obwohl die Einteilung erst um 13:00 Uhr gewesen wäre. Also wartete ich in der Zwischenzeit in der Aula. Als endlich die Fachoberschüler in den Besprechungssaal geführt wurden, atmete ich erleichtert auf. Ich war bereits gespannt darauf, wem ich wohl in meiner Klasse haben würde.

Etwas abgeschottet von den anderen, setze ich mich auf einen freien Stuhl und bettete meinen Rucksack auf meine Knie. Die Lehrer saßen bereits auf den vordersten Plätzen und begutachteten mit wachsendem Interesse die Neuzugänge. In etwas Nervosität setzte ich mein ich-bin-mies-gelaunt-sprecht-mich-nicht-an-Blick auf und verschränkte unzugänglich die Arme. Unsere Klasse war die, die als letztes aufgerufen wurde. Ich schluckte. Zwanzig Mädchen und acht Jungs. Der genaue Kontrast zu meiner vorherigen Klasse. Dies ließ mich schon vorwarnen, dass ein möglicher Bitch-Fight im Hause stand.

Wir bekamen eine recht attraktive Klassenlehrerin und einen zusätzlichen Vertretungs-Klassenlehrer. Das Klassenzimmer war kaum groß genug, als dass alle unterkommen konnten. Vermutlich war der hübsche moderne Raum, der während des Tages der offenen Tür genutzt wurde, rein repräsentativ. Man musste lediglich 2 Flurgänge weitergehen und sah sofort die alltäglich, schlechten Klassenzimmer wie gewohnt.

Ich setzte mich an die hinterste Reihe, da ich dies gewohnt war. Der erste Schultag wurde dazu missbraucht, um uns von fünf Lehrern wiederholt die Schulordnung erläutern zu lassen. Schon etwas gelangweilt sah ich aus dem Fenster und den vorbeiziehenden Wolken nach. Dies war keine Beschäftigung für einen ganzen Schultag, weshalb ich zur Ablenkung das Klassenzimmer begutachtete. Smartboard, Kreidetafel, alte Stühle, Tische und abgekratzte Wände. Das war Typisch für solche Schulen.

Viele Mitschüler hatten sich bereit in kleine Gruppen zusammengefunden, vermutlich kannten sich diese bereits aus den vorherigen Jahrgängen, weshalb die Zusammensetzung ein wenig berechenbarer ausfiel.

Bei der Wahl der Kurse haben sich diejenigen sicherlich abgesprochen, um gemeinsam die Kurse zu durchlaufen. Ein Mädchen mit gepflegtem blondem Haar, tauschte Blicke mit ihrer Sitznachbarin aus und beide schauten zu mir, was ich mit einem fragenden Lächeln beantwortete. Beide sahen wieder nach vorne, als ob sie sich ertappt fühlten. Komische Tanten, dachte ich mir nur und spielte weiter an meiner Stiftkappe herum.

Ich hatte mich nicht übermäßig gefreut ausgerechnet in die Wirtschaftsschule eingeteilt zu werden. Wahrscheinlich sind die Anmeldungsfristen an den wissenschaftsstarken Schulen bereits verstrichen, weshalb ich dort keinen Platz mehr bekommen konnte. Wirtschaft war noch nie mein Interessengebiet und ich war dementsprechend schwach in diesem Bereich.

Soweit ich von den ersten Stunden beurteilen konnte, schienen die meisten Mädchen ziemlich nett und behandelten mich mit Freundlichkeit. Wie wir alle wissen, kann selbst der Schein trügen. Die Schulstunden vergingen nicht gerade langsam, aber immerhin besser als die harte Arbeit im Betrieb. Zudem war ich körperliche Arbeit nicht gewohnt und das Arbeiten im Lager war nicht vorgesehen. Als unbezahlter Fußabtreter, der eine Bewertung brauchte, lag es nahe, mich dort einzusetzten, wo sie die ungeliebten Aufgaben an einen Azubi abdrücken durften.

Nach einigen vergeblichen Versuchen mich vom Thema abzulenken, drang eine klare, aber kalte Stimme hervor. Mein Blick fiel auf unsere neue Klassenlehrerin. Sie war hübsch, hatte schwarze, lockige Haare und helle, eisblaue Augen. Ihr Blick fixierte mich und es lag ein gewisser Vorwurf darin. Ihr war sicherlich nicht entgangen, dass ich bisher keines ihrer Worte mitverfolgt hatte. Sie begrüßte alle wie üblich, bat um eine Vorstellungsrunde. Zwar ging sie somit nicht auf meine Missachtung ein, doch ihr eisiger Blick sagte alles. Ihre Stimme war ruhig und gefasst. Ihre Art zu reden und ihre sprühende Autorität schien alle vorzuwarnen, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen war. Sie legte das rechte Bein über ihr linkes Bein und überließ es den Schülern, zu reden.

Nachdem die Vorstellungsrunde beendet war, teilte sie uns Aufgaben zu, die mit mehr Fleiß bearbeitet wurde, als man dies für eine 1. Stunde vorausgesehen hätte. Während ich so tat, als ob ich mich geradezu in die Aufgaben stürzen, nutze ich die Zeit dafür, rein gar nichts zu machen.

Auch das entging der Frau hinter dem Pult nicht. "Miss .... -", sie sah auf den Sitzplan -"Havilan, haben Sie die Güte mit der Aufgabe in naher Zukunft anzufangen?"

Natürlich meinte sie mich und natürlich wusste sie, dass ich das nicht vorhatte. Schließlich tat sie so, als wäre sie eine Frau von Intellekt.

"Sicher doch", brummte ich, nahm den Stift in die Hand.

Ich hörte Schritte, dann stand sie provokant vor mir, stütze sich mit dem Ellbogen ab und sah mir mit ihren kalten Augen entgegen.

Wir lieferten uns ein stilles Blickduell, bis ich dann blinzeln musste, da meine Augen langsam zu brennen begannen. Verdammt. Ein triumphierender Ausdruck breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Natürlich, die Deutungshoheit grinste bis über beide Ohren. Vermutlich dachte sie, sie hätte unseren Starrwettbewerb gewonnen.

Ich setzte an zum Schreiben. Ms. Low, so hieß die arrogante Frau, drehte sich um. Gerade als ich wieder absetzten wollte, warf sie mir einen Blick über die Schultern zu, was mich vorwarnen ließ, dass sie über meine Absichten genau Bescheid wusste. Na gut, für diese Stunde hatte sie wohl die Hoheit. Ich warf ihr noch einen giftigen Blick zu, bevor ich mich tatkräftig an die Aufgaben machte.

Stunden später ...

Wie gewöhnlich ging ich mit meiner Mutter einkaufen. Zum Nachmittag durchzogen mich starke Schmerzen im Bauch, daher – die Blicke der anwesenden Leute waren echt köstlich – hatte ich mich in den Einkaufswagen gezwängt und ließ mich von meiner Mutter fahren. Am Ende des Einkaufes, kurz vor der Kasse, stieg ich aus und half meiner Mutter beim Einräumen. Währenddessen entdeckte ich jemanden, von dem ich nicht geglaubt hätte sie hier anzutreffen. Nicht, weil dieser Ort solche Begegnungen als Seltenheit markierte ... nein eher, weil diese Person zur gleichen Zeit am gleichen Ort war wie ich. Meine Klassenlehrerin, Ms. Low, stand an der Bäckerei des Ladens. Spontan gesellte ich mich zu ihr, schließlich hatte ich ja noch was mit ihr zu klären.

Mir fiel nichts Besseres ein, womit ich sie ansprechen konnte, also entschied ich mich für ein salopp daherkommendes: „Hallo Ms. Low."



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Korrektur : ThomasBerlin

Vielen lieben Dank für die Mühe und die investierte Zeit.

Bearbeitet 07.2020

Perfect 1 (txs) *Überarbeitung*Where stories live. Discover now