Offen

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Ein eisiger Wind fegte bereits in den frühen Abendstunden über die schroffen Felshänge von Berk. Die Tage wurden allmählich kürzer und das Wikingerdorf bereitete sich langsam aber sicher auf den bevorstehenden Winter vor.

Allerdings hatte sich, zwei Monate zuvor, die Welt für drei Berkianer schon vor Einbruch der kalten Jahreszeit bedeutsam verändert und keiner von ihnen war bislang in der Lage, alles, was geschah, wirklich zu begreifen, geschweige denn, einen Plan zu haben, wie es weiter gehen sollte.

Hicks behielt recht, über das Danach hätten sie doch tatsächlich besser vorher sprechen sollen. So verschwand, entgegen aller Abmachungen, der Dritte im Bunde, nämlich Eret, mehr oder weniger wieder in sein Schneckenhaus. Auch, wenn er mit seinem besten Freund reden wollte, konnte er nicht. Er fühlte sich blockiert, ausgeknockt von seinen starken Gefühlen, die er für Hicks hegte. Wenigstens kam Eret hin und wieder abends auf ein Met in das Haus des Oberhauptes, aber alle Beteiligten vermieden das Thema nach einer Weile, denn was der Schwarzhaarige durchmachte, war mit bloßen Worten nicht zu lösen.

Nach einem weiteren Tag, vollgepackt mit Ernte einholen, Reparaturarbeiten und allen anderen Verpflichtungen, öffnete Hicks endlich die Tür zu seinem Haus. Astrid war nur wenige Minuten vor ihm Heim gekommen und dabei, ein Feuer zu entzünden.

„Hey, können wir reden?", bedröppelt aus der Wäsche schauend, blieb der Wuschelkopf mitten im Raum stehen.

„Hallo, mein Süßer, ich wünsche dir auch einen guten Abend und freue mich ebenso, dass du da bist. Dein Begrüßungskuss haut mich grad übrigens komplett aus den Schuhen.", die Walküre sah ihren Mann belustigt an, während sie weiter die Holzscheite hin und herschob.

Ein leises Seufzen entwich Hicks und er fuhr sich nervös durch die Haare, was Astrid dazu brachte, die Flammen sich selbst zu überlassen und zu ihm zu gehen, seinen Kopf in ihre Hände nehmend, blickte sie ihm besorgt in die Augen: „Alles in Ordnung?"

Für einen kurzen Moment gab sich das Oberhaupt der vertrauten Berührung hin, hauchte Astrid einen Kuss auf die Stirn und versuchte dann in Worte zu fassen, was in ihm vorging: „Um ehrlich zu sein, nein ... Es ist wegen Eret ... Ich kann das so nicht mehr! Es frisst mich auf ...", er schloss seine Augen und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über die Sommersprossen, zärtlich weggewischt von Astrids Daumen: „Komm setz dich, Süßer."

Die Kriegerin führte ihren Mann zu dem großen Holztisch, der in der Mitte des Raumes stand und Hicks ließ sich kraftlos auf einem der Stühle nieder. Astrid stellte zwei Krüge Met hin und nahm dann an seiner Seite Platz, tröstend seine Hand ergreifend.

„Weißt du Astrid, was haben wir uns gedacht? Ich meine, wärst du mit einem Anderen verheiratet und ich hätte dir gestanden, dass ich dich liebe und dein Mann und du hättet mich dazu geholt, das hätte echt alles ... nur nicht geholfen ... Ich ... Warum haben wir nicht nachgedacht? Eret gesteht mir seine Liebe und ich meine dann, mit 'ner heißen Nacht ist es getan? Wie konnte ich so verdammt dämlich sein???"

„Mir tut es so leid ...", Astrid ließ seine Hand los und senkte traurig den Blick.

„Was tut dir leid?", verwundert sah Hicks sie von der Seite an.

„Na ja, das alles ist doch auf meinem Mist gewachsen. Ich habe euch da mitreinge ...", weiter kam sie nicht, denn Hicks schnitt ihr das Wort ab, dieses Mal ihre Hand nehmend: „Niemand hat Schuld, hörst du.", dem Oberhaupt kam plötzlich wieder in den Sinn, was sein bester Freund neulich zu ihm sagte und eliminierte somit auch seine Selbstvorwürfe, „weißt du, Eret meinte zu mir, dass wir alle alt genug sind, um für unsere Entscheidungen die Verantwortung zu übernehmen. Wir haben alle Drei mitgemacht. Wir haben alle Drei gleichermaßen nicht über die Konsequenzen nachgedacht. Aber wie habe ich ebenso schön gesagt? Wenn Gefühle ins Spiel kommen und man miteinander schläft, ist rein gar nichts mehr logisch. Aber abgesehen davon, habe ich über noch was nicht nachgedacht ..."

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