Kapitel 12

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Seufzend richte ich mich auf und sehe den blondhaarigen an. "Also zum zweiten mal der Todesspruch? Zum zweiten mal das ewige dahinsiechen, wenn ich ihm Gefängniss hocke?" Er nickt. "Aber diesmal werde ich nichts aus dem Ruder laufen lassen!" erwiedert Erwin und ich sehe zu Levi. "Tja... So schnell wollte ich eigentlich keinen von euch sehen... Aber ich hoffe, dass du mich nicht in all zu schlechter erinnerung behältst!" Ich lächle leicht und sehe wieder zurück zu Erwin. "Also dann! Auf auf zum Gericht! Ist es der gleiche Richter wie letztes mal?" Und ja... Meine stimmung ist beschissen gut. Und ich habe KEINE ahnung wieso! Niemand ist wirklich in der Lage vorher zu sagen, was man in so einer Situation tun würde. Ich schon! Denn ich weiß, dass ich in so einer fröhlichen Stimmung sein werde! Vielleicht ist das einfach nur meine Psyche. 'Ich kann mit dem nicht wirklich umgehen, also lachen wir mal!' So ungefähr. "Das ist nicht zum Lachen Sera. Du hast uns alle hintergangen!" Die Stimme von Corporal Levi lässt mich aus meinen Gedanken reissen und ich sehe zu ihm, während Erwin mir meine Hände fesselt. "Wann habe ich einen von euch hintergangen? Ich habe nie gelogen. Meine Familie hat mich verstoßen. Mein Bruder hat mich gefangen und war deshalb noch motivierter, in der Militärpolizei zu sein. Er war derjenige, der mich zum Tode verurteilt hat. Nicht nur das Leben ausserhalb der Mauern ist gefährlich Levi. Wenn du jemandem vertrauen schenkst, dann ist es auch innerhalb der Mauern gefährlich. Ich habe nie um Vertrauen gebeten. Eben genau aus diesem grund. Und ich vertraue auch niemandem. Das hat sich bei dem Urteilsspruch von damals komplett aufgelöst." Meine ganze Art wird kalt. Keine Emotion liegt mehr in meinem sprechen oder handeln. "Ich wurde wegen meiner Familie zu dem, was ich heute bin. Sei froh, dass du freunde hast, die dich von dem scheiss abhalten, den ich gebaut habe!" sage ich und werde dann von Erwin abgeführt. Der schwarzhaarige folgt wortlos und ich gehe vorran. Tja... Das war's dann wohl! Kein Leben ausserhalb der Mauer und in freiheit. Und dafür wollte ich eigentlich nur helfen! Aber das war wohl nix der Satz mit 'X'! Mit erhobenem Kopf trete ich auf die Straße und werde sofort von Mitgliedern der Militärpolizei in gewahrsam genommen! Harsch zerren sie an mir herum und bringen mich zu einem Wagen, der einen vergitterten Käfig beladen hat. "Da kommst du jetzt rein du dreckige Mörderinn!" ruft nun einer der umstehenden und ich verdrehe due Augen. "Ach ne... Dachte, ich krieg mein eigenes Pferd und kann dann in die Freiheit reiten!" brumme ich genervt und lasse mich in den Käfig sperren. Sofort ertönt das quietschen der Türe und mit einem Klacken ist das Schloss zu. Gleichgültig hocke ich auf dem Boden und lehne mich gegen die eisernen Gitterstäbe, die kalt an meinen Rücken drücken. Mit einer schnellen bewegung meines rechten Handgelenks, hole ich eines der Messer aus meinem Ärmel heraus und durchtrenne die fest gebundenen fesseln von Erwin mit leichtigkeit. Das Messer lasse ich wieder verschwinden und drehe meine Arme nach vorn. Meine Handgelenke reibe ich, um die durchblutung zu fördern und den leichten Juckreiz zu lindern. Ich sitze nun breitbeinig da. Meine Arme liegen locker auf meinen Oberschenkeln und ich sehe dem Kommandanten in seine eiskalten blauen Augen. Dieser verschränkt die Arme und ich nicke ihm lächelnd zu. Dann sehe ich kurz zu Corporal Levi, der ebenso versteinert und in Abwehrhaltung dasteht. Auch ihm nicke und lächle ich zu. Dann verschränke ich meine Arme hinter meinem Kopf, lehne diesen dagegen und schließe die Augen. Auf die triumphierenden Gesichter der umstehenden habe ich jetzt echt keine Lust mehr!

Und schon fährt der Wagen rumpelnd los. Bei jeder unebenheit werde ich durchgeschüttelt und ich kann jubel hören. Immer mehr Leute kommen auf die Straße und ich öffne nun doch meine Augen. Den Männern und Frauen wird zugejubelt und -gewunken! Mir hingegen werden böse und verachtende Blicke zugeworfen. Kinder zeigen auf mich und Eltern ziehen sie von mir weg. Ich setze mich um. Zwar lehne ich immer noch gegen die Gitterstäbe, jedoch habe ich mein linkes bein angewinkelt auf den Boden gelegt und mein rechtes darüber aufgestellt. Mein rechter Arm liegt locker auf meinem rechten Knie und mit der linken stütze ich mich auf dem Holzboden des Gefängnisses ab. Mit kaltem Blick sehe ich mich um. Die Straße ist fast blockiert und ich wundere mich, warum zur hölle ich denn SO wichtig bin, dass man gleich so einen Auflauf veranstalten müsste! Ich schüttle lächelnd den Kopf und sehe dann hoch in den Himmel. Dort ziehen die weißen Wolken friedlich am hellblauen Himmel entlang. Vögel fliegen umher und ich entspanne mich nun DOCH ein bischen. 

Leider nur bis man meinen Namen ruft und ich langsam meinen Kopf in die Richtung drehe. Wen ich dort sehe, verschlägt mir die Sprache! Meine gesamte Familie steht dort! Meine Eltern scheinen um einiges gealtert zu sein, denn weitere Falten ziehen sich durch ihr Gesicht und ihre Haare sind ergraut. Mein großer Bruder steht mit strengem Blick daneben und besieht mich nur voller verachtung. Er hat einen Bart bekommen, der sein kantiges Kinn verdeckt. Die hellblauen Augen, die ein Kontrast zu seinem dunkelblonden Haar ist, starren mich an und belegen mich stumm mit flüchen und schuldzuweisungen. Mein kleiner Bruder ist nun ebenfalls bei der Militärpolizei und sieht mich ein bischen mitleidig an! Seine fast weiß-blonden Haare von früher weichen, wie bei unserem großen Bruder, den dunkelblonden und seine Ausstrahlung ist erwachsener! Als er anstalten macht, sich zu bewegen schüttle ich den Kopf und sehe ihn lächelnd an. Es ist ein lächeln, dass man nur seiner Familie oder seinem Partner zuwirft. Sanft, beschützerisch und aufmunternd. Doch gleichzeitig verletzlich und zurückweisend. Und vor allem entschuldigend! Unerbittlich fährt der Wagen weiter und ich kann sehen, wie mein kleiner Bruder in Tränen ausbricht. Als wir um eine Ecke biegen, sehe ich auf den Boden. Mein lächeln verschwindet. Macht einer fast traurigen Miene platz und ich atme durch. Das geschrei und geplappere der umherstehenden Menschen wird für mich dumpf und ich verziehe mich in meine eigene Welt. Auch wenn sie vielleicht nur noch ein paar Tage existieren wird. Plötzlich hält der Wagen. "Wir sind da! Holt die Gefangene!"

Schwarz/Weiß-DoppellebenWhere stories live. Discover now