Kapitel 24

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Erwin führt mich nach draussen und über einen weg bis hin zum Stall. Ein großes Gebäude, vor dem ein Misthaufen liegt und einen durchdringenden Geruch verbreitet. "Die Boxen sind ausgemistet! Das heißt, dass du dich in das Stroh setzen kannst!" Ich nicke und spüre, wie sich langsam ein unbekanntes aber kein gutes Gefühl ausbreitet! "Wo kann ich?" bringe ich gepresst heraus und balle meine Hände zu festen Fäusten! Erwin scheint zu bemerken, dass es nicht mehr lange dauert und wir gehen in den Stall. Mit schnellen schritten geht er zu einer Box in der mitte des Stalles und öffnet sie. "Das ist levi's Hengst! Ich hoffe, er wird dich nicht umbringen! Also Levi! Der Hengst ist harmlos, wenn nicht sogar ein wenig verspielt!" Ich bringe ein nicken zustande und gehe hinein. Sofort setze ich mich in die Ecke, knapp unter dem Futtertrog, der an der hölzernen Abtrennung zum Gang hängt. "Ich werde immer wieder nach dir sehen in Ordnung?" Ich nicke wieder und mache mich ganz klein. Nachdem ich höre, wie er die Boxentüre schließt und weggegangen ist, spüre ich, wie alles über mich hereinbricht! Ich fange an zu Zittern und zu weinen! Mein Herz beginnt zu rasen und mir wird leicht Übel! Ich fühle mich leer und endlich kann ich alles raus lassen, was sich so angestaut hat! Die Einsamkeit der letzten sieben Jahre. Die trauer über den vermeintlichen Verlust meiner Familie. Die Wut über das Rücken-zukehren, nachdem herausgekommen ist, dass ich nur getötet habe, um ihnen ein gutes leben zu ermöglichen. Die unverständlichkeit ihrer Entscheidung. Das realisieren, dass ich nun für immer allein sein werde.

Erwin kommt wie versprochen immer wieder, um nach mir zu sehen. Ich kann seinen besorgten Blick auf mir spüren, während ich zusammengekauert in der Ecke hocke und nun emotionslos an die gegenüberliegende Wand starre! Der Hengst hat mich am anfang interssiert beschnuppert und steht jetzt einfach nur ruhig da. Es hilft ein wenig, diesen ruhepol zu haben und ich merke nach ein paar Stunden, wie ich langsam wieder runterkomme. Die ereignisse konnte ich in der zwischenzeit fast alle verarbeiten und nach endlosen Stunden hebe ich endlich meinen Kopf! Mein Gesicht hat eine Salzschicht durch die Tränen und ich habe Kopfschmerzen. Aber nicht durch den Alkohol! Ich seufze und stehe langsam auf. Der Rappe beobachtet mich aus seinen dunklen Augen und geht einen Schritt zurück, damit ich mich richtig aufrichten kann. Ich zittere noch leicht und stütze mich an ihm kurz ab, bevor ich mein Gleichgewicht wiederfinde. Dankbar streiche ich ihm durch die schwarze Mähne. "Danke großer... Jetzt hast du wieder deine ruhe...!" flüstere ich und gehe zur Boxentüre. Diese mache ich auf, gehe raus und schließe sie wieder. Dann strecke ich mich und klopfe mir den Staub und das Stroh von der Kleidung. "Sera? Geht's wieder?" Erwin's stimme kommt von hinter mir und ich bleibe stehen. Ich drehe mich um und lächle kurz. "Ist fast alles verarbeitet... Mein Hirn will nur noch nicht ganz verstehen, dass mich meine Familie verlassen hat! Aber sonst geht's wirklich!" Der blondhaarige schließt zu mir auf und wir gehen gemeinsam zum Wohngebäude. "Wie geht's dem Cap?" Frage ich und sehe Erwin an. Dieser grinst und sieht mich aus seinen blauen Augen an. "Er hat den Kater seines Lebens und will nur noch seine Ruhe!" Ich fange an zu grinsen und sehe nach vorne. "Tja! Man sollte mich nicht zum trinken herausfordern! Ich krieg nämlich keinen Kater! Nur die ersten fünf Minuten sind die Hölle. Dann beruhigt sich alles wieder und ich fühl mich wie frisch geboren!" Erwin fängt an zu lachen und hält mir die Tür auf. Ich gehe hinein und wir treten unseren weg zu meinem Zimmer an.

Am Zimmer angekommen, drehe ich mich zu Erwin. "Danke, dass du dich um die Flaschen und den Cap gekümmert hast! Ich werde ihn nachher noch ein bischen ärgern und dann wollte ich noch fragen, wo es denn was zu trinken gäbe! Und vielleicht etwas zu essen!" Freundlich lächelnd winkt er ab. "Ich bring dir, was du brauchst! Und ärgere ihn nicht ZU sehr in Ordnung?" Ich nicke grinsend und während der blondhaarige wieder weggeht, gehe ich zum Zimmer von Cap! Dort klopfe ich leise und warte auf eine Antwort. Als keine kommt, verschaffe ich mir selbst einlass und gehe rein. Die Tür schließe ich wieder und sehe mich schnell um. Levi scheint hier heute nichts angefasst zu haben und ich grinse kurz breit! Dann gehe ich zu seiner schlafzimmertüre und klopfe dort leise. "Cap? Ich bin's! Sera!" Kein Geräusch und somit kein Zeichen, dass er sich auf der anderen seite befindet. Doch dann ein leises stöhnen und das quietschen des Bettes. "Was ist... Brauchst du was?" brummt er und ich kann sagen, dass er gerade aufgewacht ist! "Tut mir leid, wenn ich dich aufgeweckt habe! Ich wollte nur fragen, wie es dir geht und ob du etwas brauchst! Ich... Kann auch wieder gehen!" sage ich schnell und fühle mich ein bischen schlecht, weil ich ihn aus dem schlaf gerissen habe! Da geht die Tür auf und ich sehe einen Corporal der aussieht, als wäre er mindestens fünf Tage wach gewesen! Augenringe bis zum Boden, blass wie eine Leiche und seine Haare stehen überall von seinem Kopf ab! Misstrauisch mustert er mich von oben bis unten. "Wie kannst du so frisch aussehen? Du hast mehr getrunken als ich!" brummt er missmutig und ich fange an zu grinsen. "Ich hab noch nie einen Kater bekommen! Nur die ersten fünf Minuten nach dem aufstehen sind nicht sehr angenehm!" Als ich sein genervtes Gesicht sehe, seufze ich und drücke ihn in sein zimmer. "Sera?! Was zur hölle machst du da?" Verwirrt lässt er sich in richtung Bett schieben und ich drücke ihn auf die Matratze. "Du gehst wieder in's Bett! Und kein Aber! Du siehst schlimmer aus, als hätte man dich dreimal mit dem Wagen überfahren!" Ich drücke ihn weiter in das Bett, bis er liegt und mich genervt ansieht. "Tch! Ich kann mich auch alleine hinlegen!" murrt er und ich verdrehe die Augen. Dann nehme ich die Decke und lege sie über ihn. "Ich werde Erwin nach etwas zu trinken für dich fragen. Essen wirst du wahrscheinlich nicht runterbekommen!" Als ich mich aufrichten will, hält Levi mich an meiner Schulter unten und ich sehe ihn verdutzt an. Er streckt seine Hand nach mir aus und ich beobachte sie misstrauisch! Dann streicht er durch meine Haare und ich muss zugeben, dass sich das gut angefühlt hat! Die sanfte berührung und die kurze Wärme seiner Hand an meinem Kopf. Und schon ist die wärme weg! Stattdessen besieht er sich seine Hand und ich sehe, dass er Stroh zwischen den Fingern hält! Kurz reisst er seine Augen auf und sieht mich dann ein wenig enttäuscht an. "Mit wem hast du dich denn im Stroh vergnügt? Erwin wollte mir nämlich nicht sagen, wo du bist!"

Schwarz/Weiß-DoppellebenWhere stories live. Discover now