Fifteen ~ Summer 2011

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"Nein! Nein! Nein! Ilaria, schau auf das Notenblatt!" Ich hatte wirklich Glück, dass sich meine Augen noch nicht festgesetzt hatten

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"Nein! Nein! Nein! Ilaria, schau auf das Notenblatt!" Ich hatte wirklich Glück, dass sich meine Augen noch nicht festgesetzt hatten. Zum gefühlt hundertsten Mal verdrehte ich sie viel zu stark und jedes Mal sah ich kleine schwarze Schleier.

"Du musst die Noten verstehen, sonst bringt dir das Spielen ja nichts."

"Es reicht doch, wenn ich weiß, was ich spielen muss", trällerte ich und spielte die ersten Töne. Ich war ziemlich stolz auf mich. Mit der Angst, alles vergessen zu haben, traf ich hier ein, aber zu meinem Glück ging alles gut. Dank Kay hatten sich die ersten Noten in meinen Kopf gebrannt. Leider nicht nur die Noten. Auch sein Seitenprofil und seine einfachen Berührungen, die mich dazu gebracht hatten, die Töne zu spielen.

Ich wusste genau, warum er mir so im Kopf herumschwirrte. Nicht, weil ich für ihn schwärmte. Nein, eher weil er so ziemlich der einzige Typ war, Ashton ausgeschlossen, der mit mir sprach und mich sah. Ich schwärmte für die Aufmerksamkeit. Nicht für ihn. Man könnte mich jetzt aufmerksamkeitsgeil nennen, aber irgendwie musste man mich auch verstehen.

Die Männerwelt bemerkte mich kaum. Sie sahen mich nicht und vergaßen das Mauerblümchen, das auch gesehen und geliebt werden wollte. Da war dieser plötzliche Kontakt wie eine Droge für mich. Kontakt mit einem Jungen hatte ich noch nie und alleine schon neben Kay zu sitzen, gab mir eine kleine Vorschau auf, wie es sein könnte, wenn ich irgendwann mal den Richtigen gefunden hatte.

Gestern war ich viel lieber hier. Bis jetzt mochte ich Mrs White immer. Sie hatte meinen Respekt, da sie es auf sich nahm mit mir hier zu sitzen, aber seit sie eine heimliche Konkurrentin gegenüber Kay war, ging sie mir auf die Nerven. Mir brachten die Notenblätter nichts. Sie konnte mich nicht dazu zwingen, diesen Blödsinn zu lernen.

"Ilaria, ohne die Noten könntest du den Anschluss oder kleine Tonänderungen übersehen." Ich verdrehte meine Augen und blendete ihren Vortrag aus.

Er hatte mir nicht gesagt, was er brauchte. Das fiel mir jetzt ein und innerlich hätte ich mir auf die Stirn klatschen können. Natürlich hatte ich es vergessen. Na ja, er hatte es genauso vergessen. Mein Blick fiel zum Fenster, an dem wir beide gestern standen und zugleich sah ich das Bild von heute Morgen. Es projizierte sich im inneren meines Augenlichts und mir wurde warm ums Herz.

Ashton hatte recht. Jungs mit kleinen Kindern waren einfach verdammt süß. Mrs White riss mich aus meinen Gedanken, indem sie genervt ihre Arme in die Luft warf und aufstand. "So geht das nicht. Ja, du spielst ein paar Töne, aber das heißt nicht, dass das Notenlernen komplett unwichtig wird!" Wütend sah sie auf mich herab und ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange.

Ich konnte es mir nicht leisten frech zu werden. "Wir machen Schluss für heute", atmete sie aus, als sie mir die Notenblätter entgegenschob. Jetzt stand es definitiv fest.

Man brauchte keinen Abschluss oder ein behindertes Diplom um Unterricht zu geben. Denn ihre Klunker brachten mir einen Scheißdreck. Der Dieb konnte es viel besser. Jedenfalls fiel es mir einfacher mit ihm zu üben. Mit Mrs White fühlte es sich so gestellt und erzwungen an.

KayWhere stories live. Discover now