Meins

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|•Jordan•|

Von wegen Gammelklamotten! Meine Jogginghose ist cool.
Außerdem laufe ich eh so schnell, dass es für andere wohl wie joggen aussehen muss, also denken die, ich mache Sport und gehe nicht zu meiner Fick-freundin.
Ich würde Denise ja gerne als meine Freundin bezeichnen... obwohl nein, das würde ich nicht.
Wir sind seit Jahren befreundet und seit wir geschlechtsreif sind, schlafen wir miteinander, aber sie hat genauso viele andere Typen wie ich andere Weiber, also geht das voll klar.
Keiner von uns interpretiert mehr in diese Geschichte hinein, wofür ich sehr dankbar bin.
Beziehungen und vorallem Gefühle machen alles nur unnötig kompliziert.

Am Haus von Denise angekommen, klingle ich dreimal, als Zeichen, dass ich es bin. Es dauert, es ertönen Schritte und da geht die Tür auf.
Denise sieht mich verwirrt an. „Hei, Schätzchen, was machst du hier?"
Derweil trete ich ein und werfe meine Schuhe in eine Ecke.
„Deine Stiefmutter und dein Bruder ziehen doch heute zu euch?", fragt sie weiter, während ich in die Küche gehe und mir etwas zu trinken hole.
„Ja schon." Ich nehme einen Schluck Orangensaft. „Aber ich hab keine Lust auf die. Der Typ hat mich voll seltsam angestarrt. Außerdem ist an dem irgendwas komisch."
Denise nimmt mein Glas, trinkt ebenfalls daraus uns setzt sich dann an die Theke, wo sie aber nicht lange bleibt, sondern auf das Sofa wechselt. „Wie komisch? Hat er ein Tätowiertes Gesicht oder nur ein Auge über der Nase?"
Ich muss lachen, schüttele aber den Kopf. „Ne nicht so komisch. Einfach komisch halt. Er sieht normal aus, also kein Zyklop, oder Gschinn oder wie man das in deinen Fantasy-Serien da halt nennt. Der hat sich sofort bei meinem Dad eingeschleimt"

Ich stelle das Gals ab, nachdem ich ausgetrunken habe und setze mich dann zu ihr.
„Was hat er denn gemacht?"
Eigentlich mag ich es nicht, wenn meine Fick-Bekanntschaften so viele Fragen stellen, aber bei Denise geht das klar. Sie ist die einzige, die mir auch etwas bedeutet, auch wenn es mehr geschwisterliche Gefühle sind, als alles andere.
„Er hat meinem Dad gleichmal erzählt, dass er Boxen geht und Fußball spielt und mein Dad meinte sofort, dass ich mir an ihm ein Beispiel nehmen soll" Ich verdrehe die Augen und machte ein Würggeräusch.
Denise lacht und fährt durch meine Haare. „Also ich weiß ja nicht, wie er aussieht, aber bei deiner Frisur solltest du dir dringendst ein Beispiel an ihm nehmen. Schlimmer als das geht nämlich nicht"

Ich lehne mich zurück und lasse sie machen, weil ich es genieße, wenn mir jemand durch die Haare fährt. Da fange ich beinahe an zu schnurren wie ein kleines Kätzchen, obwohl ich eher ein Raubtier bin, aber gut. Jeder hat mal schwache Momente.

So verbringe ich also den Tag bzw. Abend bei Denise und lasse mich auf jede erdenkliche Art von ihr verwöhnen, bis ich mich beeile wieder nachhause zu kommen, weil ich eh schon spät dran bin. Mein Dad eskaliert immer total, wenn ich nicht vor Mitternacht zuhause bin, vorallem unter der Woche.

Gerade noch pünktlich schließe ich leise die Tür auf, in der Hoffnung, mein Dad schläft schon, aber da habe ich wohl falsch gehofft. Er steht mit verschränkten Armen im Flur und wirkt so, als habe er schon auf mich gewartet.

„Ich bin pünktlich", sage ich genervt, während ich die Tür hinter mir abschließe.
„Ja, ich weiß. Aber dein Verhalten heute Abend hat mir nicht gepasst. Ich weiß, dass du Mum vermisst, aber gib der neuen Familie doch wenigstens eine Chance."

.
Einfach nur .
Was soll ich denn da eine Chance geben? Mein Dad hat sich doch nur eine Neue gesucht, damit er jemandem zum einlochen hat, weil meine Mum tot ist.
Und was ihr Sohn hier sucht, frage ich mich sowieso.

Er bemerkt, dass ich nicht antworten werde, also redet er weiter. „Du wirst dich darum kümmern, dass Caleb sich gut einlebt und du wirst ihm und Clarissa das Gefühl geben, hier willkommen zu sein, sonst bekommen wir ein Problem." Er sieht mich streng an.

Eigentlich ist mein Dad ziemlich locker. Okay, nein das stimmt nicht.
Er findet immer etwas zum Ausstetzen, aber seit Mums Tod interessiert er sich weniger für mich, weil er sich auf die Arbeit stürzt, doch ich weiß, wenn er mich mit diesem Blick anschaut, sollte ich lieber nicht wiedersprechen.

„Okay, Dad, aber ich will nichts mit diesem Caleb zu tun haben. Der ist irgendwie komisch."
Wieso bemerkt das keiner?
„Jordan, du bist auch komisch", meint mein Dad augenverdrehend.
„Okay, wenn du das sagst. Ich gehe jetzt schlafen, weil ich ja noch ein kleiner Junge bin, der immer vor Mitternacht zuhause sein muss." Etwas Provokation schwingt in meinem Ton mit, doch mein Dad überhört es gelassen.
„Schlaf gut, du komischer Kautz", kommt noch von ihm, ehe ich von in den ersten Stock verschwinde, der ganz mir gehört.

Unser Haus ist ziemlich groß, keine Ahnung wieso. Immerhin leben mein Dad und ich seit fünf Jahren alleine, aber ich bin hier aufgewachsen und mein Dad wollte sich auch kein kleineres Haus zulegen, weil mit diesem viele Erinnerungen verbunden sind.
Als aber die Tür zu meinem Badezimmer aufgeht und dieser Caleb nur in Handtuch bekleidet rauskommt, ahne ich schon, dass das nicht mehr nur mein Stockwerk sein wird.

Ich gehe schnell auf ihn zu und reiße ihn an der Schulter zurück, weil er mich nicht bemerkt zu haben scheint. Obwohl es dunkel ist, strahlen mir seine braunen Augen entgegen, wobei es so wirkt, als wollen sie mich in ihren Bann ziehen.

„Was tust du da?", zische ich aufgebracht. Ich meine hallo? Der war gerade in meinem Bad!
„Ich weiß ja nicht wie es bei dir so ist, aber ich laufe nicht 24/7 nur mit Handtuch bekleidet rum, also was habe ich wohl gemacht?" Er wartet kurz, ich sage nichts. „Geduscht, du Pfosten"
Er spricht in einem ruhigen Ton und seine Stimme macht irgendetwas mit mir, aber das ignoriere ich.

„Junge, das ist mein Bad.", knurre ich und zeige auf die Tür.
Er grinst eiskalt und zuckt mit den Schultern. „Sieht so aus, als wäre es jetzt auch meins."
Ich kneife die Augen zusammen, weiß aber nicht, was ich antworten soll.
„Willst du mich jetzt in mein Zimmer gehen lassen, oder wollen wir uns das auch teilen?" Er zieht auffordernd eine Augenbraue hoch, sowie einen Mundwinkel. Ich sag doch, der ist komisch.

Trotzdem lasse ich ihn los, rempelte ihn bei vorbei gehen nochmal an und stampfe dann in mein Zimmer.

Den mag ich nicht.
Was denkt der eigentlich, wer er ist?
Kommt hier an, schleimt sich bei meinem Dad ein, benutzt meine Dusche, bewohnt mein Stockwerk und scheißt wahrscheinlich in mein Klo.
Und das soll ich mir gefallen lassen?

Mit Absicht knalle ich die Tür hinter mir extra laut zu, damit bloß alle im Haus wach werden und werfe mich dann auf mein Bett.

Wenn eines nicht passieren wird, dann, dass ich ihm helfe sich hier einzuleben. Er soll es richtig scheiße finden und dann heulend zu seiner Mummy rennen, mit der er Händchen gehalten hat. Und dann können sie sich genauso händchenhaltend wieder verpissen und ich bekomme meine Sachen zurück.

Guter Plan, Jordan, lobe ich mich selbst.

Nur ahne ich jetzt schon, dass nichts davon so laufen wird, wie ich mir das jetzt vorstelle.

(Keine) Liebe auf den ersten Blick  (BxB)Where stories live. Discover now