Chapter 18 - Norah

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Am nächsten Tag saß ich ziemlich gelangweilt in der hintersten Reihe des Geographieunterrichts und spielte mit meinem Kulli.
Was vorne abging, schweifte komplett an mir vorbei, ich bekam nur mit, dass wir eine neue Schülerin hatten.
Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich den Kulli irgendwann losließ, meine Hand aber über diesem hielt und er sich von alleine weiter bewegte.
Meine Augen hefteten sich an dieses Phänomen, denn ich weiß, dass ich gerade zaubere.
„Ich glaub's nicht." flüsterte ich zu mir selbst.
„Ich auch nicht."
Ich schreckte hoch, der Kulli fiel um und ich schaute in hellbraune Augen.
Das Mädchen vor mir hatte rote, wilde Locken, ein Million Dollar smile und allgemein eine so krass tolle Ausstrahlung, aber sie hat gesehen, was ich tat und konnte sich dementsprechend denken, was ich war.
Mein Atem stockte und ich starrte sie immer noch mit weit aufgerissenen Augen an, ihr Blick änderte sich in verlegen und sie strich sich eine Strähne hinters Ohr.
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich...Ich hab bloß noch nie eine Hexe in Aktion gesehen."
Ich schaute sie weiterhin schockiert an.
„Ich...ehh...bin Norah." sie hielt mir Ihre Hand hin und erst jetzt löste ich mich aus der starre und nahm zögerlich ihre Hand entgegen.
„Ich bin...Kyrie."
Ihre Verlegenheit verschwand und sie lächelte mich wieder breit an.
„Dein Name ist geil! Und mach dir keine Sorgen. Dein Geheimnis ist bei mir sicher."
Sie zwinkerte mir zu, hob mit ihrem Zeigefinger ihre Oberlippe bisschen hoch und ihr Reißzahn wuchs ein wenig, wurde Spitzer.
„Du bist ein Vampir." flüsterte ich.
„Jap, aber noch nicht allzu lange..."
„Meine Damen, könnten Sie bitte mit ihrem Gespräch aufhören dem Unterricht folgen?" Wir nickten und ‚Konzentrierten' uns wieder auf den Unterricht.
Als es zur Pause Schellte, packten wir schnell alles zusammen und gingen langsam zur Cafeteria.
„Mein Exfreund war ein brutaler Kerl und hat mich immer geschlagen. Irgendwann bekam mein Bruder Angst um mich, da er Wind von bekommen hat und hat mir dann immer Vampirblut in meine Smoothies gemischt.
Irgendwann brach der Damm bei meinem Ex und er schlug mich Tod. Dank dem Blut in meinem Körper lebe ich noch, aber ich war nach der Sache nie wieder die, die ich vorher war."
Ich war schockiert.
Niemand hatte sowas verdient.
„Norah...ich...es tut mir so leid..."
Sie machte eine abweisende Handbewegung.
„Ach, es ist schon eineinhalb Jahre her. Außerdem hab ich meine Rache bekommen."
Ich schaute sie fragend an.
„Ich hab ihn ausgesaugt." sie zuckte mit den Schultern und ich fing an zu lachen.
Sie hatte es so selbstverständlich rausgebracht, dass es wirklich witzig war.
„Ich dachte anfangs, du wärst ein Werwolf, da du ziemlich nach einem müffelst."
„Mein Freund, meine Freunde und mein Bruder sind Werwölfe."
Sie blieb stehen, schaute mich Stirnrunzelnd an und zeigte mit dem Finger auf mich.
„Und du...nicht? Wie geht das denn?"
„Unsere Mutter war ein Mensch und wir beide haben verschiedene Väter."
„Du sagtest »War ein Mensch«."
„Ja. Unsere Mutter und mein Stiefvater starben, wurden von getötet."
„Wow. Und ich dachte meine Geschichte ist Traurig."
Ich zuckte mit den Schultern.
„Themenwechsel: wie ist dein Bruder zu einem Vampir geworden?"
Sie fing an zu lachen.
„Das, meine Liebe, willst du lieber nicht wissen."
In ihrer Stimme schwirrte was angewidertes und auch etwas vergnügtes, was zusammen ziemlich komisch klang, also fragte ich nicht weiter nach.
In der Cafeteria angekommen steuerte ich direkt meine Freunde an und zog Norah einfach mit.
„Leute, ich muss euch jemanden vorstellen. Das ist Norah. Sie ist ein-"
„Vampir." beendete Alec meinen Satz.
Sie konnten es riechen, das wusste ich, deswegen hätte ich mich nicht gewundert, dass Alec sie so ansieht, aber Norah schaute ihn genauso an.
Es war mehr als Wut und Hass, es war was viel tieferes, was vergangenes.
„Alec."
Wie Norah seinen Namen aussprach, jagte mir eine Gänsehaut den Rücken runter.
„Norah. Was ist mit dir passiert? Wieso bist du ein scheiß Vampir?!" Fragte er sie aufgebracht.
Sie schaute beschämt zu Boden.
„Lucien." sagte sie kaum hörbar, doch Alec hatte es gehört.
In seinen Augen funkelte pure Wut, er stand mit einem ruck auf und verließ die Cafeteria.
Shane wollte ihm hinterher, doch Norah hielt ihn an der Schulter fest.
„Lass ihm Zeit. Er muss das verdauen."
„Schön. Dann erklär du uns mal was mit dir passiert ist." Shane schaute sie wutentbrannt an, doch war auch Freude in seinen Augen zu sehen.
„Moment! Ihr kennt euch?"
Alle nickten.
„Norah gehörte mal zu unserem Freundeskreis, als wir vor fast zwei Jahren noch in New Orleans lebten."
Ich nickte nur und Shane setzte sich neben mich.
„Ich weiß, ich bin euch eine Erklärung schuldig und diese werde ich euch jetzt geben.
Damals, wie ihr schon mitbekommen habt, hat mich Lucien ziemlich oft geschlagen.
Ric bekam irgendwann Angst um mein Leben und hatte mir jedesmal in meine Smoothies Vampirblut reingemischt und wie das Schicksal es wollte kam der Tag X und Lucien hatte mich Todgeprügelt.
Dank dem Vampirblut in meinem Körper würde ich einige Stunden nach meinem Tod ein Vampir, aber ich schämte mich dafür, also Manipulierte ich den Arzt, mich als Tod zu erklären.
Am Abend hatte ich Lucien ausgesaugt und in den Fluss geworfen, alle dachten er hätte Selbstmord begangen, um nicht im Knast zu landen und weil ihn Schuldgefühle plagten.
Ich habe mich nur noch nachts rumgetrieben, um mich aufrecht zu erhalten, bis Ric auf die Idee kam hier her zu ziehen. Und jetzt bin ich hier."
Cara war die erste, die sich fing und fiel Norah um den Hals.
„Gott! Wie sehr hast du uns gefehlt!"
„Ihr mir auch. Ihr mir auch."
Norah schaute traurig auf den Platz, wo Alec saß und ich machte es mir zu Aufgabe, herauszufinden, was zwischen den beiden Vorgefallen war.

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