2. Kapitel - Ein neuer Clankamerad

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Der Kater neben ihr beobachtete mit interessiert leuchtenden Augen, wie ein paar Schattenclan Katzen hektisch eine Patroullie formten und ihnen Schulter an Schulter entgegenschritten, um einen möglichen Feind abwehren zu können.

Rabenpfote blieb stehen und bedeutete dem Getigerten, es ihr gleich zu tun. Der Vorderste des Trupps, Eisklaue, der bester Kämpfer des Clans und 2. Anführer, erstarrte bei ihrem Anblick und rief gereizt: "Rabenpfote! Was in Sternenclans Namen hat das zu bedeuten?"

Sie bedachte den Kater vor ihr mit einem nüchternen Blick. "Das erfährst du gleich", erklärte sie. "Alles, was du wissen musst ist, dass er keine Bedrohung ist" Kurz nickte die Kätzin bei ihren Worten in die Richtung des Fremden.

Eisklaue musterte den Neuankömmling abschätzig von oben bis unten. "Na dann kommt mal rein", miaute er gedehnt, ehe der 2. Anführer sich umdrehte und den Kampftrupp zurück ins Lager führte.

Rabenpfote bedachte den Getigerten mit einem ernsten Blick. "Gleich begegnest du unserer Anführerin", warnte sie scharf. "Sprich nur, wenn du aufgefordert wirst! Behandle sie mit Respekt! Und widersprich ihren Befehlen nicht!"

Sie wartete nicht mehr seine Zustimmung ab, sondern wirbelte herum und tappte den anderen Katzen hinterher ins Lager. Da hinter ihr Pfotenschritte zu hören waren wusste sie, dass der Kater ihr folgte.

Auf der Lichtung im Wald herrschte geschäftigtes Treiben. Krieger brachten Beute heran, Schüler liefen mit Mooskugeln im Maul an ihnen vorbei, die schildpattfarbene Heilerin Knospenwunsch suchte mit einem Päckchen Kräuter den Weg zu ihrem Bau. Doch als sie den unbekannten Kater entdeckten, wurde es plötzlich still und alle starrten ihn an.

Der Kater schien sich nun bei den vielen Blicken unwohl in seinem Pelz zu fühlen und sah verlegen auf seine Pfoten. Rabenpfote stieß ihn unsanft an. "Zeig keine Schwäche", zischte sie und gab ihm noch einen letzten warnenden Klaps mit dem Schweif, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen vor sich richtete.

Dornenstern kam mittlerweile aus ihrem Bau geeilt. Ihr glattes, dunkelgraues Fell glänzte im Sonnenlicht. Die Katzen des Schattenclans machten schweigend Platz, sodass die gelbäugige Anführerin näher treten konnte.

"Was hat das zu bedeuten?", fragte die schlanke Kätzin leise, aber bedrohlich, woran Rabenpfote sofort merkte, dass es Ärger geben würde, wenn sie keine gute Erklärung lieferte.

Die schwarze Kätzin erklärte rasch, was passiert war. Wie sie den Kater im Wald gefunden, mit ihm geredet und schließlich hier her geführt hatte. Doch dass er nicht gewusst hatte, dass er eine Katze war und dass er keinen Namen hatte, ließ sie weg.

"Und was genau willst du jetzt von uns?", wollte Dornenstern von dem Kater wissen und kniff misstrauisch die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Dieser versuchte, möglichst entspannt und freundlich zu lächeln. Wenigstens befolgte er Rabenpfotes Rat, weder Angst noch Schwäche zu zeigen.

Der Getigerte hob den Kopf. "Mein ganzes Leben lang hatte ich nur meine Familie", sprach er. "Nun möchte ich andere Katzen kennenlernen. Und ihr, der Schattenclan, klingt sehr interessant. Ihr sorgt füreinander, ihr kämoft füreinander, ihr haltet zusammen. Und darum möchte ich ein Teil von euch sein"

Die Clankatzen auf der Richtung begannen aufgeregt zu flüstern. "Hat er gerade ernsthaft darum gebeten, sich uns anzuschließen?", fauchte einer. "Was fällt ihm ein?", miaute der nächste vorwurfsvoll. "Wir kennen ihn doch gar nicht!", bemerkte der Dritte. Doch der Fremde schien dieses Getuschel mit Absicht zu überhören.

Die Anführerin legte neugierig geworden den Kopf schief. "Wie heißt du?", fragte sie mit blitzenden Augen. Der Fremde warf Rabenpfote Hilfe suchend einen Blick zu. "Tiger", platzte sie heraus. Die Kätzin wusste selbst nicht, wie sie auf diesen Namen gekommen war. Vielleicht wegen seines getigerten Fells? Sie wusste es nicht. "Sein Name ist Tiger" Der Kater nickte Dornenstern eifrig zu.

Diese schnalzte interessiert mit der Zunge. "Und woher kommst du, Tiger?" Diesmal antwortete er selbst: "Ach, von hier, von da und von dort" Unentschlossen zuckte er mit dem Schweif. "Meine Familie ist mit mir mein Leben lang umhergezogen"

Das schien der Anführerin als Anwort zu genügen. Trotzdem fuhr sie mit der Fragerei fort: "Was hat es mit deiner Familie auf sich? Haben sie Angst vor uns, oder warum bekommen wir nicht auch sie zu Gesicht?"

Der Getigerte erstarrte kurz. Rabenpfote meinte, einen Hauch Unsicherheit in seinem Blick erkenne  zu können. Doch nach einem Herzschlag war es bereits wieder verschwunden. Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet.

"Sie wollten nicht mit mir kommen und sich euch anschließen", sagte der Kater langsam und gedehnt. Aus irgendeinem ihr unbegreiflichen Grund hatte Rabenpfote das Gefühl, er sagte nicht die Wahrheit.

Dornenstern schien es jedoch nicht gemerkt zu haben, denn sie hörte auf, den Kater auszuquetschen. "Dann willkommen im Schattenclan", miaute sie nun etwas freundlicher und blinzelte. Die anderen murmelten zustimmend.

"Bist du bereit für deine Zeremonie?" Der Getigerte sah sie an, als wäre er schwer von Begriff. Also rollte Rabenpfote mit den Augen, beugte sich zu ihm hin und flüsterte: "Um ein vollständiges Mitglied des Clans zu werden, bekommst du einen neuen Namen" Er nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte.

Dornenstern sprang bereits mit einem eleganten Satz auf den Felsen, von dem aus sie immer ihre Versammlungen hielt. "Versammelt euch!", rief sie laut über die Lichtung. Dornenstern war, das wusste Rabenpfote, noch nie eine Kätzin gewesen, die viel redete, weshalb sie auf die umfangreichen, traditionellen Worte bei einer Versammlung verzichtete. Die Sätze der Kätzin waren immer knapp, sie sagte nur das Nötigste. Und das reichte dem Clan auch.

Die Katzen traten schweigend näher, auch der Neue, der einen unsicheren Blick über die Schulter Richtung Rabenpfote warf. Die schwarze Schülerin nickte ihm zu. Dies schien ihm neuen Mut zu geben, denn er schob sich durch die Menge ganz nach vorne in die erste Reihe.

Dornenstern erhob ihren schlanken, grauen Kopf gen Himmel. "Sternenclan", miaute sie. "Ihr habt diesem Kater zu uns geführt, damit er ein Teil von uns werden kann. Darum heißen wir ihn willkommen" Sie richtete ihren bohrenden Blick auf den Fremden, der verlegen von einer Pfote auf die andere trat. "Von nun an heist du Tigerpfote", fuhr die Anführerin fort. "Dein Mentor wird Eisklaue sein"

Rabenpfote beobachtete aufmerksam, wie der hellgraue Kater nach vorne stapfte und den Kopf senkte, um seinen neuen Schüler Nase an Nase zu begrüßen. Ihnen allen war bewusst, dass Dornenstern ihren 2. Anführer nur deshalb ausgewählt hate, damit dieser Tigerpfote im Auge behalten konnte. Doch das war Rabenpfote relativ egal. Sie freute sich, einen neuen Kameraden zum trainieren zu haben.

Nach wenigen Momenten verfielen die Katzen feierlich in einem Chor und wiederholten Tigerpfotes neuen Namen immer und immer wieder. Auch Rabenpfote hob ihren Kopf und rief feierlich: "Tigerpfote... Tigerpfote.. Tigerpfote..."

Warrior Cats - Katz und MausWhere stories live. Discover now