9. Kapitel - Verbannt

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Für Rabenpfote war es, als würde die Zeit stillstehen, als sie Dornenstern's Worte hörte. "Nein!", jaulte sie protestierend und sprang auf. Mag schon sein, dass wir uns gestern gestritten haben, aber Tigerpfote ist mein Freund! Ich lasse ihn nicht so einfach im Stich!

Doch der Getigerte bedachte sie nur mit einem kalten Blick und knurrte: "Danke, aber ich werde mit Vergnügen gehen!" Dornenstern hatte den Ruf der schwarzen Kätzin ebenfalls gehört, denn sie fuhr mit ausgefahrenen Krallen herum und verpasste Rabenpfote eine saftige Ohrfeige.

Schmerz schoss durch ihr Gesicht, als die Schülerin das warme Blut spürte, das aus einem Kratzer an ihrer Wange tropfte. Dornenstern funkelte sie an. Jeden Moment, das wusste Rabenpfote, könnte ihr die Anführerin an die Gurgel gehen.

"Du willst nur nicht zugeben, dass du einen Fehler gemacht hast, als du diesen Abschaum in unser Lager geführt hast!", schrie die graue Kätzin. Schneeweiße Zähne blitzten im frühen Tageslicht, als Dornenstern diese wütend bleckte. "Aber lass dir mal was sagen, Rabenpfote!", fuhr sie fort, diesmal knurrend. "Du bringst dieses... dieses Wesen zurück an den Ort, wo du es gefunden hast!" Dornenstern hat Tigerpfote "Es" genannt. Sie sieht ihn ja nur noch als Objekt, als Beute an! Obwohl in ihr ein brodelnder Zorn aufstieg, senkte die schwarze Kätzin ergeben den Kopf. Noch ein falsches Wort und Dornenstern bricht mir das Genick.

Die graue Kätzin fauchte sie noch einmal an, ehe sie sich wieder Tigerpfote zuwandte, der die ganze Zeit stumm daneben gestanden war. Bevor der Tigerkater ausweichen konnte, schoss die Pfote der Anführerin vor. Blut spritzte aus einem tiefen Kratzer auf Tigerpfote's Nase. Rabenpfote hatte schon davon gehört, dass Dornenstern jeder Katze, die sie in die Verbannung schickte, dieses Mal verpasste. Das Zeichen der Verbannten!

"Ich will, dass du jetzt unser Territorium verlässt und nie mehr zurückkommst. Du bist nicht länger willkommen in den Reihen des Schattenclans", sprach die graue Kätzin feierlich, als sei dies irgendeine Art von Zeremonie. "Und wenn du jemals auch nur einen Schritt in unser Gebiet setzt, werde ich meinen Kriegern befehlen, dich zu töten" Das war ernst gemeint. Jeder auf der Lichtung wusste es. Auch Tigerpfote, der sich mit aller Kraft bemühte, sich seinen Schmerz nicht anmerken zu lassen.

"Geh, Rabenpfote und bring ihn fort von hier" Ohne der schwarzen Schülerin auch nur eines Blickes zu würdigen, drehte sich Dornenstern um und stolzierte zu ihrem Bau. Tigerpfote und Rabenpfote wechselten einen Blick. Na dann wollen wir mal.

Als sie schweigend die Lichtung verließen, hatte Rabenpfote das Gefühl, dass ihr Herz mit jedem Schritt schwerer wurde und sie kaum noch vorangehen konnte. Mit jeder Sekunde rückte der Abschied näher.

"Danke, dass du versucht hast, dich für mich einzusetzten", miaute Tigerpfote knapp. "Aber ich gehe freiwillig" Rabenpfote fehlten vor Traurigkeit die Worte. "Aber wo willst du denn jetzt hin?", hauchte sie leise. "Du hast doch jetzt niemanden mehr"

"Doch", kam promt die Antwort. "Ich habe meine Familie" Werden sie ihn überhaupt wieder aufnehmen, nachdem er sie einfach verlassen hat? Davon musste sie sich mit eigenen Augen überzeugen. Nicht beunruhigte sie mehr, als der Gedanke, dass er mutterseelenallein und von seinen Verwandten abgewiesen umherirrte und dem nächstbesten Fuchs in die Pfoten lief. Darum fragte sie: "Darf ich deine Familie kennenlernen, bevor wir uns verabschieden müssen?" Diese Worte steckten wie ein großer Stein in ihrem Hals.

Er zögerte, das konnte sie an seinen unruhig zuckenden Ohren erkennen. "Sie... Sie sind aber etwas eigen", stotterte er peinlich berührt. "Das macht mir überhaupt nichts aus", erklärte Rabenpfote beschwichtigend und schüttelte den Kopf. Er sah sie kurz an. "Na schön"

Er bog in eine andere Richtung ab, sie folgte ihm, bespannt, was sie wohl zu erwarten hatte. Sie warf einen Blick auf seine blutende Nase. "Tut es noch weh?", fragte sie besorgt und wollte vorsichtig daran schnuppern. Er wich ihr mit einer Kopfbewegung aus. "Alles bestens", stieß er hervor. Sie zuckte gekränkt mit einem Ohr. "Okey, aber pass in Sternenclan's Namen auf, dass sich der Kratzer nicht entzündet" Dass sie sich Sorgen um ihn machte, schien ihn noch mehr zu nerven, also biss siw sich einfach auf die Zunge und hielt den Mund.

Bereits nach wenigen weiteren Fuchslängen hatten sie die Grenze passiert. Sofort fühlte sich Rabenpfote unwohl, denn mit jedem Schritt verblasste der vertraute Geruch der Grenzmarkierungen hinter ihr. Nun lag ein ihr unbekanntes Terrain vor ihnen, das keinem Clan gehörte. Was, wenn wir uns verlaufen? Oder wenn ich mich auf dem Rückweg verlaufe? Wie weit müssen wir eigentlich laufen?

Ihr Unbehagen wuchs immer mehr und setzte sich in ihrem Magen fest, wie ein faules Stück Frischbeute. "Wann sind wir da?", fragte sie ungeduldig. Er kommentierte nur mut einem Schnauben.

Da sah sie weiter vorne eine kleine Gestalt durch die Blätter am Boden huschen. Eine Maus! Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie heute noch nichts gefrühstückt. Ihr Magen machte sich mit einen lauten Knurren bemerkbar.

Sofort ließ sie sich in die Jagtkauerstellung fallen und konzentrierte sich auf das braune Geschöpf, dass sich nun auf eine Wurzel setzte und selbervergessen an einem Samen knusperte. Rabenpfote grinste. Was für eine leichte Beute!

Pfote für Pfote schlich sie sich voran und achtete dabei darauf, dass ihr Schweif nicht im Laub schleifte. Ihr war es, als würde das köstliche Blut der Beute bereits ihre Kehle runter rinnen und das köstliche Fleisch ihre Zunge berühren. Der Schülerin lief das Wasser im Munde zusammen.

Als sie nahe genug dran war, verharrte sie, wackelte kurz mit dem Hinterteil und sprang. Die Maus ließ entsetzt ihren Samen fallen und starrte wie versteinert ihrem unvermeidlichen Tod entgegen.

Rabenpfote fuhr bereits siegessicher ihre Krallen aus, um sie in ihr Frühstück zu schlagen, als plötzlich ein lautes Jaulen ertönte und sich etwas getigertes von der Seite gegen sie warf. Sie fiel geschockt und mit einem "Uff" auf die Seite und sah gerade noch aus dem Augenwinkel, wie sich die Maus in einem Loch verzog. Mein Essen...

"Wie kannst du es wagen?" Tigerpfote stand wutentbrannt über ihr. Er hatte sie umgestoßen und diese Worte gerufen. "Wie kannst du es wagen, sie anzugreifen? Sie ist meine Mutter!"

Warrior Cats - Katz und MausWhere stories live. Discover now