Prolog

638 14 13
                                    

Clays Sicht:

Heute ist es endlich soweit. Gemma bringt unsere Kleine oder Kleinen auf die Welt. Nach dem Tod von Thomas war es schwer für sie. Gemma wollte eigentlich kein Kind mehr aber der oder die Kleine hat unser ganzes Leben jetzt schon verändert.

"Verdammt Jungs, beeilt euch! Sonst hat Gemma schon entbunden und wir sitzen hier immer noch rum! Sie wird uns allen den Arsch versohlen, wenn wir nicht rechtzeitig da sind!", brüllte ich durch das Clubhaus.

Endlich kamen die anderen aus dem Clubhaus. Wir schwangen uns auf unsere Motorräder und fuhren los. Die Prospects würden das Clubhaus bewachen. Piney fuhr mit Jax und Opie im Wagen hinter uns. Ich bin der President und fahre somit an der Spitze. Die Jungs fahren in einer perfekten Formation hinter mir. Man denkt vielleicht, dass ist doch ganz einfach aber da täuscht ihr euch. Hinter dieser Formation steckten jahrelange Übung und vollstes Vertrauen. Wir sind nicht nur Mitglieder eines Clubs sondern Brüder. Wir teilen Leid, Schmerz und Freude. Heute ist definitiv ein Tag der Freude. Wir fahren schon eine ganze Weile. Ich hoffte nur, dass wir rechtzeitig ankommen würden. Gott sei dank war Luann bei Gemma, sonst würde sie wahrscheinlich durchdrehen. Noch fünf Minuten und wir sind da. Ich bin da. Bei meiner Königin. Der President und seine Königin. So war es schon immer.

Am Krankenhaus angekommen stellten wir uns in einer geraden Reihe vor den Krankenhauseingang. Ich lief schnell durch den Eingang an die Rezeption. "Kann ich ihnen helfen?", fragte die Dame. "Ich möchte zu Gemma Teller-Morrow. Sie entbindet in diesem Moment.." "Kreissaal drei im sechsten Stock", bekam ich zur Antwort. Ich drehte mich garnicht zu meinen Brüdern um, sie stehen hinter mir und bekamen somit jedes Wort mit. Sie würden mir schon folgen. Wir quetschten uns alle in den Fahrstuhl. "Chibs, drück schon die 6!", rief ich. Langsam aber sicher wurde ich aufgeregt... bald würde ich einen kleinen Wonneproppen im Arm halten. Ich sprintete aus dem Fahrstuhl, sobald sich die Tür geöffnet hatte und rannte Richtung Kreissaal Drei. Hoffentlich war es noch nicht zu spät... Gemma würde mir das nie verzeihen.

Aber ich kam gerade noch rechtzeitig. Gemma lag mit starken Wehen im Krankenbett und drückte oder eher zerdrückte Luanns Hand. "Da bist du ja endlich du Penner!", schrie mir Gemma entgegen. "Nun ist er ja da... rege dich doch nicht auf", sagte Luann. Ich gesellte mich an Gemmas Seite und Luann ging zu den anderen vor die Tür. "Wo ist Jax?", fragte Gemma unter schmerzen. "Er ist draußen bei Opie und den anderen. Sie warten nur darauf, dass unser Prinz oder unsere Prinzessin endlich kommt. Sie sind genauso gespannt wie wir."

Die Ärztin und die Hebamme kamen herein. "So wie weit ist ihr Muttermund denn schon geöffnet?", fragte die Ärztin. Die Ärztin setzte sich auf den Stuhl und schaute gespannt nach. "So wir sind jetzt bei zehn Zentimeter angekommen. Sie können jetzt pressen." Die Ärztin ließ nun der Hebamme den Vortritt. "So, sie setzen sich am Besten auf den Stuhl neben ihre Frau und geben ihr am Besten die Hand.", sagte die Hebamme. Ich tat, wie mir gesagt wurde. "Du schaffst das Baby", flüsterte ich Gemma ins Ohr. "So und wenn jetzt die nächste Wehe kommt, dann pressen sie, so fest sie können. ", sagte die Hebamme zu Gemma.

Gemma nahm meine Hand in ihre. Ich streichelte ihr mit meinem Daumen leicht über den Handrücken, in der Hoffnung ihr die nötige Unterstützung zu geben, die sie brauchte. Heute war es wirklich so weit... Ich würde heute Vater werden. Das aller erste Mal! Ich hatte eine wunderschöne Frau an meiner Seite, ich hatte einen wunderbaren Stiefsohn und ich hatte meine Brüder an meiner Seite. Doch heute würde ein kleiner Mensch hinzu kommen. Mehr Glück kann ein Mensch doch garnicht in seinem Leben haben, oder?

Gemma schrie erneut auf und zerdrückte meine Hand. "Ich kann das Köpfchen schon sehen, noch einmal kräftig pressen", ermunterte sie Gemma. "Komm schon Baby, du schaffst das! Du hast schon zwei Kinder zur Welt gebracht und gleich ein drittes!", flüsterte ich ihr ins Ohr. Dabei strich ich mit meinem Bart ihren Hals. Ich weiß doch, wie ich meine Old Lady entspannen kann. Gemma schrie um ihr Leben und verdammt... sie zerdrückte meine Hand und diese ist sowieso durch das Rheuma so empfindlich! "Noch ein kleines bisschen dann haben wir das Kleine. Kommen sie Gemma noch ein kleines bisschen... das schaffen sie!" Verdammt die Hebamme hatte gut reden, ihre Hand wurde ja auch nicht zerquetscht! Gemma drückte immer stärker zu, falls dies überhaupt noch möglich war. Konnte dieses Kind nicht endlich kommen? Es war sowieso schon über zehn Tage zu spät und dann lag Gemma auch schon über zehn Stunden in den Wehen und jetzt kam es immer noch nicht. "Gleich haben wir das Kleine, wir brauchen nur noch wenige Millimeter, dann können wir es raus ziehen. Kommen sie Gemma, gleich ist es geschafft!" Ja gleich haben wir unsere Prinzessin oder unseren Prinzen in den Armen. Dann wäre unsere gesegnete Ehe komplett. Ein kleines Wesen entstanden aus mir, Clay Morrow, dem Outlaw-Biker und Gemma Teller, der verwitweten, starken und verdammt heißen Frau. Und Jax bekam erneut ein Geschwisterchen... dass dieses Mal überlebte, das musste es! Allein um Gemmas Willen. Sie würde es nicht überleben, noch ein Kind zu beerdigen. "Da ist das Kleine! Und es ist ein kleines Mädchen", rief die Hebamme. Ich war so sehr in Gedanken und habe nicht mal gemerkt dass unser kleines Mädchen nun auf der Welt war. Die Hebamme legte die Kleine auf Gemmas Brust. "Sie ist genauso schön wie du Gemma. Sie wird eine richtige Königin, wie ihre Mutter" Mein steinhartes Bikerherz verdrückte einige Tränen. Dies war der schönste Moment in meinem Leben. Familie ist nun mal das wichtigste. Das ist das oberste Gebot in unserem Club. Wir beschützen die unseren, egal wie schwer es auch sein mag. Die Kleine war einfach wunderschön. Sie hat strahlend blaue Augen und einen kleinen Büschel braunem Haar auf dem Kopf. Sie war perfekt. Ein Stück aus Gemma und ein Stück von mir.

"Wie möchten sie das Mäuschen nennen?", fragte uns die Hebamme. Sie hatte ein Blatt in der Hand, vermutlich die Geburtsurkunde. "Wie möchtest du sie nennen Gemma?", fragte ich meine wunderschöne Frau. "Gwendolyn Kelsey Morrow." Gemma sah mich fragend an und ich nickte nur zustimmend. Die Hebamme erwiderte nur: "Was für ein schöner Name. Passend zu diesem schönen Kind." Sie drehte sich erneut zu dem Tisch und schrieb den Namen in die Geburtsurkunde.

"Ich möchte sie ihnen ungern wegnehmen aber wir würden sie gerne waschen und die ersten Untersuchungen machen", entschuldigte sich die Krankenschwester. Gemma und Ich trennten uns schweren Herzens von der kleinen Maus aber wir würden sie ja bald wieder sehen. "Sie ist genauso schön wie Jax und Thomas es waren", flüsterte Gemma. "Ach scheiße, ich vermisse meinen Thomas...", sie fing langsam an zu weinen. Ich strich ihr mit meiner Hand die Haare aus dem Gesicht und strich ihr einmal sanft über die Wange. "Ach Gemma... ich weiß dir brennt der Verlust von Thomas im Herzen. Aber denk doch nur an unsere wunderschöne Prinzessin und an Jax. Er ist zwar schon fünfzehn Jahre alt aber er braucht immer noch eine starke Mutter an seiner Seite." Sie seufzte:"Du hast ja Recht. Ich hoffe einfach nur dass mit unserer kleinen Gwendolyn alles in Ordnung ist. Aber wenn ich mir dich so ansehe, geht es dir ebenfalls so. Du hoffst dass sich das Gen nicht durchgesetzt hat, nicht wahr?" - "Ja, natürlich will ich dass sie gesund ist. Sie hat keinen Herzfehler so wie Thomas... daran musst du fest glauben", antwortete ich ihr. Die Krankenschwester kam mit unserer kleinen Gwendolyn zurück, "Die Kleine ist völlig gesund und sie wiegt genau dreitausend Gramm und ist einundfünfzig Zentimeter groß." Sie gab sie Gemma zurück. Gemma sieht so glücklich aus. Sie war verschwitzt von der Geburt aber es gab niemanden der ihre Schönheit übertreffen konnte. "Hier halt du sie Mal, sie ist immerhin genauso deine Tochter", sagte Gemma.

Langsam nahm ich ihr das kleine Bündel aus dem Arm. Sie war einfach wunderschön mit ihren blauen Augen, ihrer Stupsnase und ihrem kleinen braunen Büschel auf dem Kopf. Mein Herz schlägt bei ihrem Anblick ums tausendfache höher. Ironisch wenn man bedenkt, dass ich President eines knallharten Bikerclubs bin, der nicht zurück schreckt, jemanden ohne mit der Wimper zu zucken zu töten. Nach außen gaben wir uns als liebe Mitbürger, die einfach gerne Motorrad fuhren und eine Autowerkstatt besaßen aber die Wirklichkeit sah ganz anders aus.

Die Krankenschwester fuhr Gemma auf ihr Zimmer, in dem sie Übernacht bleiben sollte. Natürlich nur zur Kontrolle, damit ihr und dem Baby nichts passiert. Der gesamte Club saß draußen vor dem Kreissaal und wartet auf die neue Prinzessin des Clubs. Es war an der Zeit sie ihnen vorzustellen. Langsamen Schrittes ging ich Richtung Tür. Jetzt war es an der Zeit. Jax würde seine kleine Schwester kennenlernen. Meine Brüder würden sie kennenlernen. Ich öffnete die Tür und trat mit ihr hinaus. Alle Blicken schoßen wie der Blitz auf uns zu. Oder eher auf Gwendolyn.

"Darf ich euch vorstellen: Gwendolyn Kelsey Morrow." Die Jungs und Luann brachen alle in schallendes Gebrüll aus und klatschten um die Wette. Das war der Zeitpunkt einer neuen Ära. Jahrelang gab es kein Baby mehr in der MC-Familie. "Jax, möchtest du deine kleine Schwester einmal halten", fragte ich ihn. Er nickte nur und nahm sie mir aus den Armen. "Sie ist wirklich schön, genauso wie Ma. Wo ist sie eigentlich", fragte Jax nun. "Sie wurde auf ihr Zimmer gebracht. Sie ist ziemlich erschöpft und muss sich jetzt ausruhen."

Jeder meiner Brüder wollte Gwendolyn einmal halten, sie prügelten sich regelrecht darum. Doch Luann nahm Jax die Kleine einfach aus der Hand und nahm somit den anderen die Entscheidung ab. Sie gab sie an ihren Mann Otto weiter, dieser gab sie an Tig weiter. Gwendolyn machte die Gesellschaft mit allen Mitgliedern die vor Ort waren. "Wir müssen gut auf sie aupassen Jax. Die ganzen komischen Kerle kriegen sie auf keinen Fall", hörte ich Opie zu Jax sagen. Jax wiederum nickte nur zustimmend.

"Wenn Gemma und Gwendolyn nach Hause kommen gibt es erstmal ein großes Essen bei uns und am Wochenende ein große Party", rief ich in die Menge. Alle klatschten Beifall und stimmten mir zu. Piney überreichte mir die Kleine wieder und sagte: "Da hast du ja was tolles hinbekommen. Sie wird die neue Königin des MC, ganz sicher!" Insgeheim war mir das schon Bewusst. Gwendolyn war eine Kämpferin. Sie ist genau wie ihre Mutter. Sie wird gegen alles rebellieren und doch wird für sie, Familie das wichtigste sein, was es auf der Welt gibt. Sie wird den ganzen Kerlen, Weibern und den Croweatern die Stirn bieten. Sie wird der Welt zeigen, wie toll sie mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Aussehen ist. Sie hat zwar meine Augen aber sie sieht genauso aus wie Gemma. Beide sind wunderschön. Ich bin gespannt auf die nächsten Wochen, Monate und Jahre. Ich freue mich darauf, Gwendolyn aufwachsen zu sehen. Die Zeit wird wie im Flug vergehen...

Tochter eines SONSWhere stories live. Discover now