Kapitel 3.1

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Frisch geduscht, mit einem großen Handtuch um den Körper gewickelt, trete ich in mein Schlafzimmer. Dort schlüpfe ich schnell in eine gemütliche Jeans und einen dünnen Pullover, bevor ich mir kurz die Haare föhne, damit sie nicht meine Kleidung durchnässen.

Alexander ist vor ungefähr einer Stunde hier angekommen, um mit mir die wichtigsten Informationen zu besprechen. Was ich tun soll, wenn es zu einem Notfall kommt... Bla, bla bla. Totaler Unsinn. Daher habe ich ihm auch nur mit halbem Ohr zugehört. Falls ich wirklich entführt werden sollte - was immer noch ziemlich unwahrscheinlich ist - habe ich doch schon seit Jahren diesen dämlichen GPS-Tracker dabei, damit man mich im Notfall metergenau orten kann. Zwischen uns herrscht immer noch diese merkwürdige Stimmung und daher habe ich auch kaum ein Wort mit ihm gewechselt, seitdem er da ist. Ich wusste, um ehrlich zu sein nicht, was ich hätte sagen sollen. Ich habe mir einfach vorgenommen mich ihm zu fügen, so zu tun, als hätte ich ihn akzeptiert, damit ich vielleicht wieder ein bisschen mehr Freiheit eingeräumt bekomme. Mit etwas Glück holt er mich dann nicht wirklich jeden Tag, so wie es im Vertrag steht, von der Uni ab und ich so die Chance bekomme mich mit John zu treffen, ohne dass er und meine Eltern etwas davon erfahren.

Leise trete ich aus meinem Zimmer und schließe die Türe hinter mir. Nervös betrete ich den offenen Wohnbereich, doch ich kann Alexander nirgendwo erblicken. Vermutlich duscht er noch. Nachdem er seine Predigt abgeschlossen hatte, hat er mich gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn er kurz duschen würde und ich habe natürlich zugestimmt. Allerdings frage ich mich warum. Duschen hätte er auch noch später können, aber eigentlich sollte es mir egal sein, was er tut. Ich zucke mit den Achseln und decke den Tisch, damit wir gleich das Essen, welches er vor einer halben Stunde bestellt hat, essen können. Eigentlich müsste es jeden Moment kommen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass hier irgendwo ein Mann herumschleicht. Ich lebe nun schon seit einigen Jahren allein und nur selten kommt jemand zu Besuch. Selbst meine Freunde waren noch nie hier. Diese Wohnung ist mein Rückzugsort, ein Ort, an dem ich einfach an die schöne Zeit zurückdenken kann und mit dem ich keine schlechten Dinge verbinde. Überall hängen Bilder, Fotos, auf denen ich glücklich bin und die mich irgendwie am Leben halten. Auf vielen bin ich mit meinen Freunden zu sehen, aber auch einige Bilder meiner Schwester hängen an den Wänden. Sie geben mir das Gefühl, als wäre sie noch da. So als wäre sie gerade einfach nur kurz weg und würde später nach Hause kommen. Ich weiß nicht, ob es gut ist, so mit dem Verlust umzugehen, aber im Moment ist es das Einzige, was ich habe. Nur auf einem einzigen Bild bin ich mit meiner Familie zusehen und immer wieder stehe ich kurz davor es abzuhängen, kann mich allerdings schlussendlich doch nicht dazu durchringen.

»Hey«, ertönt eine tiefe Stimme hinter mir, die direkt in meinem Bauch zieht und mich dort kitzelt.

Seit wann reagiert mein Körper auch auf seine Stimme? Ich dachte, diese merkwürdige Anziehung wäre verschwunden, nachdem er mich gestern derart angefahren hat. Zumindest habe ich rein gar nichts, außer ein wenig Wut verspürt, als ich ihm vorhin die Türe geöffnet habe.

Ruckartig drehe ich mich zu ihm um und mir stockt der Atem. Er steht dort, angelehnt an den Türrahmen seiner Türe und lediglich mit einer tief sitzenden Jogginghose bekleidet. Was soll das? Macht er das etwa mit Absicht, um mich zu provozieren?  Seine Haare schimmern noch leicht von der Feuchtigkeit seiner Dusche. Mein Blick bleibt an seinen gebräunten Bauchmuskeln hängen und erst jetzt verstehe ich wirklich, was Frauen an einem Sixpack so anziehend finden. Alexander ist unfassbar gut in Form. Seine Schultern und seine Brust sind breit, stark und von Muskelsträngen durchzogen. Sein Oberkörper bildet ein perfektes V, seine Hüften sind schmal und sein Oberkörper scheint vollkommen zu sein. Schnell schüttele ich meinen Kopf und versuche ihm ins Gesicht zu blicken. Ich hasse mich dafür, dass ich ihm nicht widerstehen kann, denn eigentlich will ich nicht noch mehr Schwierigkeiten. Außerdem sollte ich ihn nicht anziehend finden, schließlich hat er sich mir gegenüber wie ein Arschloch verhalten, aber in meinem Kopf dominiert einfach noch das Bild des Mannes, der mich fürsorglich in mein Bett gelegt hat und mein naives Ich möchte einfach noch nicht wahrhaben, dass ich mich wieder derart in einem Menschen getäuscht haben soll. Ich wollte glauben, dass er vielleicht anders ist, aber das war dumm von mir, schließlich kenne ich ihn kaum.

Dark Truth - Gefährliches Verlangen (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt