Kapitel 9.2

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Sanft fahre ich mit meiner Hand von ihrem Hals hinunter zu Hartleys Brust. Sie ist das Einzige, was mir von meiner Schwester geblieben ist und ich werde sie nicht mehr gehen lassen. Ich schlinge meine Arme um ihren Hals und genieße ihr weiches Fell an meiner Wange. Ihr starkes Herz schlägt ruhig unter mir, wie es Chloe gewollt hat. Sie hat Hartley damals vorm Schlachter gerettet und ich hatte all die Jahre die Befürchtung, dass sie wieder dort gelandet sein könnte. "Ein Teil meines Herzens gehört Hartley und der andere Teil gehört dir." Das waren ihre Worte. Deswegen hat sie mich auch immer Schwesterherz genannt und Hartley den Spitznamen Heart gegeben. Mein Mund verzieht sich zu einem Lächeln. Wenigstens der größte Teil ihres Herzens ist am Leben geblieben. "Weißt du Tara, ein Teil meines Herzens hat auch noch einer anderen Person gehört, aber als sie gegangen ist, hat sie es mir nicht zurückgegeben." Diese Worte werde ich vermutlich niemals vergessen können, denn sie erinnern mich an den schlimmsten Tag meines Lebens. Zu gerne würde ich wissen, wer diese Person ist und ob sie am Tod meiner Schwester Schuld ist.

Plötzlich ertönt ein entfernter Schuss und die Hartley scheut. Erschrocken kralle ich mich in ihre Mähne und versuche mich im Sattel zu halten.

»Shh. Heart, es ist doch alles okay...«, sage ich leise.

Die Stute lässt sich allerdings nicht beruhigen und beginnt immer wieder zu steigen. Verängstigt halte ich mich an ihrem Hals fest und presse meine Augen zusammen. Mein Herz wummert in meiner Brust und ich hoffe, dass sie sich bald von selbst beruhigt, bevor sie mich abwirft.

»Hey, schh...«

Ich spüre, wie sich Hartley langsam beruhigt und öffne vorsichtig meine Augen. Alex hält sie sanft fest und streichelt ihr beruhigend über den Nasenrücken. Wie hat er es geschafft so schnell abzusteigen und zu reagieren?

»Alles in Ordnung Tamara?«

Überrascht sehe ich ihn an.

»Ja, ja. Ich habe mich nur erschrocken.«

Zitternd richte ich mich wieder auf und atme stockend ein. Mit meiner rechten Hand fasse ich mir an mein immer noch rasendes Herz.

»Danke, dass du mir geholfen hast. Schon wieder.« sage ich leise und senke schüchtern den Blick.

»Das ist doch selbstverständlich. Nur weil wir uns gestritten haben, bedeutet das nicht, dass ich dir nicht helfen würde. Ich werde immer für dich da sein. Gerade jetzt, wenn etwas zwischen uns steht, werde ich dich beschützen. «

Gerührt sehe ich ihn an. So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt, aber reden kann man schließlich viel. Zumindest ist es das, was ich mir einzureden versuche, um mich davon abzulenken, wie sehr mich diese Worte berühren.

»Sollen wir wieder?«

Liebevoll sieht er mich an und ich nicke als Antwort. Gekonnt schwingt er sich erneut auf den Rücken des Pferdes und im langsamen Tempo durchqueren wir den dichten Wald. Die ganze Zeit schweigen wir und ich beobachte die Umgebung. Es ist so still und friedlich hier. Ganz anders als in der Stadt, in der jede Minute ein Auto an dir vorbeirast. Irgendwann biegen wir auf einen kleinen Seitenpfad, der uns direkt zu einem riesigen See führt, mitten im Wald. Ich blinzle in die Sonne, die sich auf dem Wasser reflektiert. Vereinzelt schwimmen auf dem Wasser Seerosen, deren Blüten sich jedoch noch nicht geöffnet haben. Mit großen Augen sehe ich mich um. Dieser Ort ist fast zu schön, um wirklich echt zu sein.

»Es ist wunderschön hier«, platzt es mir heraus.

Alex lächelt schief.

»Ja, das hier ist einer meiner Lieblingsorte.«

Alexander deutet mit seinem Zeigefinger auf das gegenüberliegende Ufer des See. Ich folge seinem Finger und entdecke eine wunderschöne hölzerne Hütte, die über einen Steg direkt mit dem See verbunden ist. 

Dark Truth - Gefährliches Verlangen (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now