Kapitel 11 (Isabèlle)

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Isabèlle's Sicht:

Ich habe kaum geschlafen. Als ich meine Augen aufschlage, ist es schon fast 9. Aber heute ist es soweit. Heute ist der Tag der Hungerspiele, der Tag an dem mein Überlebenskampf beginnen soll. Dementsprechend aufgeregt steige ich ein letztes Mal aus dem weichen Doppelbett, welches ich ganz für mich alleine hatte. Ich schlüpfe in ein schwarzes, mit Blumen verziertes Kleid, aber letztendlich ist es eh irrelevant, was ich anziehe, da wir in der Arena eh alle das gleiche tragen werden. Ein vorsichtiges Pochen gegen die Zimmertür reißt mich aus meinen Gedanken. Eine Dienerin, die mich wecken will. „Schon gut, ich bin wach. Du kannst gehen", sage ich beiläufig, während ich meine Haare im Spiegel richte und mich einige Minuten lang betrachte. Durchatmen, Bel. Du hast dein ganzes Leben dafür hingearbeitet, du schaffst es. Du kommst verdammt nochmal lebend aus dieser Arena heraus. Ein erneutes Klopfen erschrickt mich, diesmal kommt die Person aber ohne auf eine Antwort zu warten ins Zimmer. Chair. „Na, Süße, sind wir so weit? Evgeny steht schon bereit, gleich wird Gina euch zum Hovercraft führen, von dort aus-" „werden wir bis unter die Arena gefahren, wo uns unsere Stylisten ankleiden. Ich weiß, Chair, ich weiß.", beende ich und folge ihm währenddessen bis zur Appartementtür. „Okay, hier ist unser gemeinsamer Weg zuende.", sagt Chair, ernster und konzentrierter als ich ihn sonst kenne. Ich sehe zu Evgeny. „Gott, ich wünsche euch alles Glück der Welt", flüstert Chair, während er uns beide nacheinander in die Arme schließt. Wieso so sentimental heute? Wortlos nimmt Gina uns an den Handgelenken und führt uns hinaus bis nach draußen, auf eine Art Landeplatz, meine ich. Ein Hovercraft steht vor uns, sowie die restlichen Tribute, die sich nebeneinandersitzend dort drin befinden. In jedem einzelnen Gesicht erkenne ich Angst, Schahad scheint schon komplett aufgegeben haben. Sie sitzt dort mit gekipptem Kopf, die Hände gefaltet, als würde sie für einen schnellen Tod beten. Wenn sie Glück hat, wird sie den auch bekommen, schneller als sie denkt. Evgeny und ich setzen uns neben Distrikt 2 und kurz darauf kommt eine Frau, recht normal aussehend für das Kapitol, mit einer Art Spritze zu uns. „Damit wir euch auch wiederfinden", lächelt sie, höchstwahrscheinlich gestellt, und injiziert uns ohne Vorwarnung eine Art Chip in den Unterarm. Natürlich, falls wir sterben. Die Fahrt, wenn man es so bezeichnen kann, hält dich recht kurz, und niemand spricht ein einziges Wort. Einmal hört man Schahad schluchzen, das arme Ding. Als sich die Tür des Hovercrafts wieder öffnet, kann ich an der Temperatur erkennen, dass wir uns unterirdisch befinden. Es ist deutlich kälter. Von aufgebrezelteren Kapitolsbeauftragen werden wir jeder einzeln in einen kühlen Raum geführt, wo sich schon der Anzug befinden, welchen wir in der Arena tragen werden. Sobald die Tür des Raumes geschlossen wird, nutze ich die Gunst der Situation und setze mich einen Moment hin, um alles zu realisieren. Claudia, Sebastian und Elijah, sie wissen Bescheid. Egal welches Terrain, sofort die Messer greifen. So viele wie möglich am Anfang ausschalten. Während ich mir den Anzug anziehe, der übrigens aus Neopren oder einem ähnlichen Material zu sein scheint, betritt Silver den Raum. Er schaut noch einmal, ob der Anzug richtig sitzt und stellt einige andere Nachmessungen an, bis eine mechanische Stimme ertönt, kalt und gefühllos. Noch dreißig Sekunden. Zwanzig. Ich steige wie betäubt auf die Runde Metallplatte, sofort umschließt mich Glas. Zehn. „Viel Glück, Isabèlle.", sagt Silver, aber mir scheint, als würde es ihn nicht sonderlich interessieren. Fünf. Bevor ich irgendwas sagen kann, beginnt die Platte hochzufahren. Es geht los. Das Licht wird immer heller, bis ich oben ankomme. Während sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnen, ertönt die Stimme des Spielemachers. Er zählt schon runter, von einer Minute. Ich sehe mich um. Auf der einen Seite erblicke ich Wasser, viel Wasser. Salzwasser, vermute ich, da sich ein großer Strand daran erstreckt und dieser von vielen Dünen umgeben ist. Auf der anderen Seite sehe ich einen riesigen Wald, der etwa die Hälfte der Arena einnehmen dürfte. Nervosität macht sich bei mir breit. Aber Konzentration. Ich sehe Claudia, zwei Plätze weiter. Evgeny neben Claudia. Sebastian drei Plätze neben Evgeny, Elijah kann ich nicht sehen. 30 Sekunden. Am Füllhorn liegen allerlei Waffen, ich erblicke nach einigen Sekunden auch ein paar Messer. Die muss ich um alle Fälle bekommen. 15 Sekunden. Ich sehe zu Claudia, sie scheint mich auch entdeckt zu haben, genauso wie Evgeny. Viele Tribute sehen hilflos aus, die naivsten, die zum Füllhorn rennen, werden sofort sterben. 5 Sekunden. Vier. Drei. Zwei. Eine Sekunde. Ich atme tief ein. Ein Kanonenschuss ertönt, ich renne los. Etwa die Hälfte läuft von Füllhorn weg, aber genug dort hin. Zu meinem Glück kann ich mir die Messer recht schnell greifen und finde mich schnell mit den anderen zusammen, auch Elijah. Ein kleiner, jung aussehender Junge, ich glaube Sylvester, ist gerade dabei, sich eine Axt, die etwa 3 Meter vor mir liegt, zu nehmen. Ohne zu zögern schleudere ich ein Messer in seinen Rücken, welcher er mir gerade zugewendet hatte. Er sackt zusammen, einige Sekunden später keine Bewegungen mehr. Circa 6 Meter von ihm entfernt rennt die Dunkelhaarige aus 12, Lavanda, mit einem Rucksack vom Füllhorn weg. Ich werfe ein Messer nach ihr, treffe jedoch nur den Rucksack. Ein weiteres trifft ihren Kopf. Ich sehe zu Evgeny, der gerade mit einer Axt auf den Jungen aus 11, Vincent, einschlägt. „Ist gut, ich glaub' der ist tot", schreit Claudia nach einigen Sekunden, nachdem Evgeny den Kleinen übel zugerichtet hatte. Ich renne zur Leiche von Lavanda, um den Rucksack und meine Messer an mich zu nehmen, dann wieder zurück zum Füllhorn, zu Elijah, Claudia, Sebastian und Evgeny. „Ich hab das Mädchen aus 11, Cecily", sagt Claudia, während sie ihr Beil mit einem Tuch, was sie gefunden hat, von dem Blut reinigt. „Ich den Jungen", werfe ich ein. „Und das Mädchen aus 12, leichte Beute." „Gleich 2?", kommt es anerkennend von Elijah. „Ich hab nur das Mädchen aus 9 umgebracht, die von dem Geschwisterpaar." „Cynthia, richtig", beendet Sebastian, der sich viele Waffen unter die Arme geklemmt hat. Ich atme durch und sehe auf die 5 Leichen, die wir hinterlassen haben. Viele der Tribute sind uns entkommen und haben jetzt etwas Ausrüstung, jedoch haben wir das meiste. Mein Blick wandert zu Evgeny, der mich energiegeladen anlächelt.

Survive | 30th Hunger Games (German ThG FanFiction) [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt