Kapitel 21 (Isabèlle)

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Isabèlle's Sicht:

Das ist es also. Das Ende der ganzen Scheiße hier. Das Ende der Hungerspiele und möglicherweise auch das Ende meines Lebens. Außer Atem stehe ich neben James, der mich entschlossen ansieht. Mein Blick wandert langsam über die Lichtung, bis er an zwei Gestalten hängenbleibt. Die letzten Überlebenden abgesehen von und, Felix und Lizzy. „Das ist es wohl, James.", wispere ich, um die Beiden nicht auf uns aufmerksam zu machen. „Ich übernehm' das Mädchen, sie sieht deutlich selbstbewusster aus als Felix.", bekomme ich als Antwort von James, der sich schon auf den Kampf vorzubereiten scheint. Was mich angeht, bin ich das erste mal mental vollkommen unvorbereitet. Entweder ich gehe hier als Siegerin mit viel Blut an meinem Händen und dem schlechten Gewissen, das ich mir am Anfang niemals zugetraut hätte, heraus oder ich verbringe jetzt meine letzten Minuten. Keine Sekunde später scheint uns jedoch Lizzy entdeckt zu haben, die Felix den Bogen aus der Hand reißt und in einem unglaublichen Sprint auf uns zurennt. Der Brünette hinter ihm scheint ziemlich perplex zu sein, fasst sich jedoch und folgt ihr blitzschnell. „Viel Glück", kommt es von meiner rechten Seite und ich umschlinge mit meinen Händen die Messer nur noch fester. Plötzlich bleibt Lizzy etwa 7 Meter von mir entfernt stehen und zielt mit dem Bogen auf mich. Nicht wirklich zielsicher, denn nur kurz nachdem sie ihren Pfeil abgeschossen hat springe ich zur linken Seite und weiche geschickt aus. „Zum Füllhorn!", schreit James und zieht mich am Ärmel mit, sodass ich anfangen muss zu rennen damit er mich loslässt. Ein Blick nach hinten verrät mir, dass Lizzy und ihr Handlanger uns verfolgen, in nicht zu großem Abstand. Felix scheint immer noch komplett überfordert mit der Situation zu sein, während Lizzy mich James zielsicher mit ihrem Blick fixiert. Beim Füllhorn angekommen dauert es nicht lange, bis die Beiden bei uns angelangen. Lizzy stürzt sich auf James, während Felix langsam, aber mit mehr Mordlust denn je auf mich zuschreitet. Sofort werfe ich ein Messer nach ihm, was jedoch daneben geht. „Nicht einmal treffen kannst du? Ich dachte dafür wärst du berüchtigt", neckt mich der Braunhaarige und lacht, eher freundlich als gefährlich. Ich nutze einen der längeren Dolche und laufe ebenfalls auf ihn zu, um zu versuchen, ihn ihm in die Brust zu rammen. Das wehrt er aber mit einem sicheren Schwerthieb ab. Ich trete einige Schritte nach hinten um einen Blick auf James zu werfen, der voll und ganz auf Lizzy konzentriert ist. Er wirft einen Blick zu mir, doch genau diesen nutzt Lizzy um ihn mit einen Speer anzugreifen. „Achtung James!", kreische ich und laufe zu ihm. Mit voller Wucht werfe ich mich gegen Lizzy, die zur Seite taumelt, jedoch nicht zu Boden fällt. Als ich wieder einige Meter nach hinten gehe, um mich von Lizzy zu entfernen, spüre ich erst einen stechenden Schmerz in meinem Rücken, dann wie sich meine Kleidung hinten mit Blut vollsaugt. Felix muss mich mit seinem Schwert getroffen, jedoch nicht ausschlaggebend verletzt haben. Ich drehe mich zu ihm um und bemerke, dass er sich schon wieder mehrere Meter zurückgezogen hat. „Feigling!", schreie ich und hole aus, um ihm ein Messer direkt in die Hüfte zu werfen, woraufhin er zu Boden sinkt. Ich atme auf.
Nicht eine Sekunde später spüre ich, wie mich jemand von hinten auf den Boden wirft und mich umdreht, sodass ich ihr ins Gesicht schauen kann. Lizzy. Sie hält meine Hände neben meinem Gesicht mit einer Stärke, mit der ich nicht gerechnet hätte. „Da ist sie ja", grinst die Dunkelhaarige. Mordlust glitzert unübersehbar in ihren Augen. Doch es ist nicht nur die pure Lust zu töten, nein, es ist auch Verzweiflung. „Hach Isabèlle, Isabèlle... Der letzte Karriero, hm? Sind all deine Freunde ums Leben gekommen?", sie sieht mich provokant lächelnd an. „Sie waren nicht meine Freunde!", kreische ich, in der Hoffnung dass James mich von Lizzy befreien würde. Eine Träne rollt meine Wange herunter, als ich, trotz meiner Versuche mich zu wehren, Lizzy nicht von mir stoßen kann. Ihr Lächeln verändert sich plötzlich in einen ernsten Ausdruck. Ist das Mitleid? „Du hast nicht viel Liebe in deinem Leben erfahren, hm?", sagt sie, ganz und gar nicht provozierend, eher mitfühlend. Ich sehe ihr eindringlich in die Augen, ohne auch nur ein Wort von mir zu geben. Sie nimmt ihre Hände von meinen Handgelenken, doch bevor ich mich sammeln und aufrichten kann, greift sich mich mit Leichtigkeit und dreht mich um, sodass mein Kopf, welchen sie mit einer Hsnd festhält, an ihrer Schulter liegt. Mit meinen Händen versuche ich mich zu befreien, was kläglich scheitert. Ich habe sie unterschätzt. Ich habe Lizzy, das Mädchen aus 8, eindeutig unterschätzt. Ich schließe die Augen, wissend, dass keine Hilfe mehr kommen wird. Wissend, dass es vorbei ist. Ich spüre, wie Lizzy's Atem schwerer wird. „Es tut mir leid, Isabèlle.", flüstert sie sanft und setzt meinen eigenen Dolch, den ich nach ihr geworfen hatte, so an meiner Kehle an, dass Blut in einer kleinen Rinne erst meinen Hals und dann meinen Körper hinabfließt. Ich beginne zu zittern. Ja, ich habe Angst vor dem Tod. Ich weiß nicht, was danach ist. Und das macht mir unglaubliche Angst. Der Schmerz wandert weiter meinen Hals entlang und ich merke, wie mehr und mehr Blut meinen Körper hinab rinnt. Der Griff von Lizzy lässt nach und sie lässt mich zu Boden sinken, als sie merkt, dass sich meine Muskeln langsam entspannen. Sie hatten den Kampf aufgegeben. Mein Blick richtet sich gen Himmel und ich sehe in die Wolken, die langsam vor sich hin wehen. Ich versuche zu atmen, aber durch meinen Hals dringt nur ein Röcheln. Langsam verklingt auch das und und Dunkelheit kommt von den Rändern meines Blickfeldes auf mich zu. Beinahe sanft hüllt sie mich ein. Nur noch in Dunkelheit, in tiefste Schwärze gehüllt, nehme ich leise den Kanonenschuss wahr, der meinen Tod verkündet.

Mit einem Mal wird es weich unter mir. Zwischen meinen Fingern spüre ich Grashalme, die auch vorsichtig meinen Nacken kitzeln. Bedächtig öffne ich meine Augen und schaue in tausende kleine, glitzernde Sterne, die den dunkelblauen Nachthimmel verzieren. Meine Brust hebt sich, als ich einen tiefen Atemzug nehme und sich meine Lunge mit der kalten, frischen Nachtluft füllt. Ich nehme den Duft der um mich liegenden Blumen in mich auf und fahre mit meinen Händen sorgsam durch das Gras. Ich merke, wie sich eine größere Hand in meiner verschlingt und sehe zur Seite. „Shawn", sage ich lächelnd. Er setzt sich auf und beugt sich über mich, um mir behutsam einen Strähne aus dem Gesicht zu streifen. „Ich hab' auf dich gewartet", flüstert er zart, während ihm selbst einige Strähnen im Gesicht hängen. Ich lächle und lege meine freie Hand an seine Wange. „Träume ich das?" Seine Augen funkeln im schimmernden Mondlicht während er mich ansieht, als gäbe es nur mich. „Das ist die Wirklichkeit", antwortet Shawn zärtlich. „Waren wir wirklich so jung?", wispere ich und sehe weiterhin in seine smaragdgrünen Augen. „Ja.", ein leises, sorgsames Lachen entfährt dem Brünetten. „Deinen Eltern geht's gut, Bel.", kommt es lächelnd von Shawn. „Lass uns zu ihnen gehen." Er reicht mir seine andere Hand und zieht mich vorsichtig hoch, während mein Blick immer noch auf ihm verharrt. Wir gehen auf eine Art Abgrund zu, vor welchem unzählige weiße Rosen wachsen. Kurz davor zieht Shawn mich nah an sich heran, sodass mein Rücken zum Nichts gerichtet und mein Gesicht kurz vor seinem ist und sieht mir leicht lächelnd in die Augen. Sofort durchfährt mich eine angenehme Wärme. „Du bist angekommen, Bel.", haucht er und fährt mir langsam durch die Haare. „Du wurdest geliebt, vergiss das nicht." Ein letztes Mal sehe ich dem Brünetten in die Augen. Es ist vorbei. Es ist alles vorbei. Ich schließe die Augen und lasse mich nach hinten fallen.

Survive | 30th Hunger Games (German ThG FanFiction) [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt