.:Kapitel 5:.

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Nyan behält seinen kleinen Freund im Auge, der wie gewohnt am Rand der Klippe sitzt und sehnsüchtig Richtung Wald schaut, während der neu ernannte Leibwächter Steine gegeneinander schlägt und sich somit langsam eine Waffe formt.

"Wo sonst hätte man ihn auch finden können als hier." Der weißhaarige Junge zuckt zusammen als er hinter sich Schritte vernimmt und versteckt so dezent wie möglich die Steine in seinem Beutel. Dem Hirsch Clan ist es nämlich strengstens verboten sich mit Waffen auszurüsten.

"Tut mir leid, Erarem, aber ich dachte, seine Hoheit der Vidae hätte noch Zeit für seinen Unterricht", empfängt ihn Nyan und beugt respektvoll den Kopf.

"Ich wollte ihn nur heute persönlich abholen", entgegnet der weise alte Mann und mustert den nickenden Leibwächter. "Du nennst ihn also schon beim Titel. Gut, dass du dich so schnell in deine neue Rolle eingelebt hast."

Nyan hält inne.

Ihm war zwar schon immer die Importanz von Asarias bewusst, doch das hielt ihn nie davon ab sein bester Freund zu sein. Denn obwohl er von einer Familie stammt, die über Generationen als Leibwächter für den Vidae dienten, fiel die Aufgabe nicht auf den Jüngsten – Nyan.

Nun hat sich die Sache aber völlig anders gestaltet.

"Du bist nicht wie dein Bruder, Nyan." Bei den Worten des Ältesten spannt sich plötzlich jeder einzelne Muskel in dem Körper des kleinen Leibwächters an und er unterdrückt das Zittern seiner Hände.

"Nein...", erwidert er leise.

"Das Volk zählt auf dich", ergänzt er noch, bevor Asarias in die Arme seines Leibwächters stürmt und ihn fast über den Haufen wirft. "Eure Hoheit! Ihr sollt nicht rennen." Der Vidae ignoriert sein Tadel und vergräbt das Gesicht in seine Kutte.

"Ich habe gewartet und er ist heute wieder nicht gekommen", murmelt er jammernd.

"Das wird er bald. Nur Geduld", sagt Erarem.

"Jedes Mal sagt ihr alle dasselbe! Doch wann?", stampft er wütend mit dem Fuß auf dem Boden, ehe er davon läuft, stolpert und hinfällt.

"Ich habe doch gesagt: Ihr sollt nicht rennen", seufzt der Leibwächter, als er ihn Weinen hört und zu ihm eilt.


Jetzt...


Nyan läuft an dem angespannten Rudel vorbei, das sich um das wärmende Feuer versammelt hat. Mit ihren dunklen Blicken, die direkt auf das Zelt vom Beta gerichtet sind, worin sich momentan Asarias befindet, drücken sie das aus, was sie nicht auszusprechen wagen.

Hass!

Sie wollen den Kopf des Verräters, der für den komatösen Zustand ihres Alphas verantwortlich ist. Ein ganzer Tag ist schon vergangen, doch noch immer ist er nicht aufgewacht. Es lag nicht an der Wunde, sondern an dem Gift in seinem Körper. Eskil wäre eigentlich längst schon dem Tode geweiht, würde nicht das Blut des schwarzen Wolfes durch seine Adern fließen.

Hoffentlich isst er dieses Mal wenigstens bisschen etwas...

Der Leibwächter mustert besorgt die frisch gepflückten Beeren auf dem großen Blatt und wird plötzlich aus den Gedanken gerissen, als er fast mit dem stämmigen Beta zusammenstößt, der ebenfalls ins Zelt will. Abrupt bleiben sie vor dem Eingang stehen und blicken aneinander an.

"Was verstehst du nicht unter, ihr dürft das Zelt nicht verlassen? Willst du unbedingt sterben?", zischt Gliak.

"Mach dir da lieber Sorgen um deine Männer", erwidert Nyan in einem gleichgültigen Ton und hört den gereizten Beta hinter sich knurren, als er vor ihm das Zelt betritt. Asarias sitzt immer noch dort, wo ihn sein Leibwächter verlassen hat. In einer Ecke auf dem Boden gekauert, die Beine an die Brust gezogen und die Stirn auf die Knie gelegt.

Wolfs Bride (boyxboy)Where stories live. Discover now