Kapitel 2

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Erschöpft ließ ich mich auf meinen Platz an unserem Tisch fallen. Ich hatte mir mit meiner kleinen Schwester und ihren Freundinnen gerade zwei Stunden lang die Seele aus dem Leib getanzt zu alten Songs aus den 2000ern. Glücklich griff ich nach meinem Glas Aperol spritz und genoss das kalte Getränk. Der Abiball war wirklich schön und die Location mit viel Liebe dekoriert. Dennoch zehrte die letzte Nacht an mir. Ich war definitiv keine 19 mehr und steckte zwei Partynächte mal eben so weg.

Caro winkte mir zu und gab mir ein Zeichen, dass sie kurz mit den anderen nach draußen gehen würde. Ich nickte und suchte dann nach der Speisekarte auf dem Tisch. Wo Philip war wusste ich nicht und unsere Mutter war bereits um 21:00 wieder gegangen. Sie hatte wie immer kaum ein Wort mit mir gewechselt, mit mir, der Versagerin der Familie. Stöhnend stand ich auf, griff nach meinem Glas und lief nach hinten um auf den großen Balkon zu gehen. Ich brauchte dringend frische Luft. Umso mehr ich über meine familiäre Situation nachdachte, desto dringender brauchte ich Sauerstoff.

Draußen hielt ich tief durch atmend mein Gesicht in die kühle Nachtluft und genoss die Strahlen des Mondes auf meiner Haut. Als ich sie wieder öffnete vernahm ich leise Stimmen unterhalb des Balkons. Neugierig schaute ich herunter und was sich mir darbot machte mich wütend. Ich raffte mein Kleid zusammen, stürmte die Treppe an der Seite des Balkons hinab und lief auf die Gruppe von Menschen zu.

„Caroline Heinen! Kannst du mir mal erklären was hier vor sich geht?", rief ich in einem scharfen Tonfall und sofort drehten sich die Gruppe von jungen Erwachsenen zu mir um. Erst jetzt fiel mir die andere Gruppe von Männern auf, die bisher verborgen im Schatten gestanden hatten. Ich stockte. Sie trugen alle eindeutige Kutten und hastig blickte ich in ihre Gesichter, doch mein Unbekannter von letzter Nacht war zum Glück nicht dabei.

„Was genau passiert hier?", fragte ich Caro und sah wütend in ihr ertapptes Gesicht.

„Ähm, also..", stotterte sie, doch wurde von einem bulligen Mann mit pechschwarzen Haaren und Augen unterbrochen: „Hau ab hier, Kleine. Du unterbrichst hier gerade was."

Ruckartig schoss mein Kopf in seine Richtung. Er versuchte mich mit seinem bösen Blick einzuschüchtern, doch er hatte keine Ahnung wer ich war. Scharf musterte ich und wich keinen Zentimeter zurück, als er sich vor mir aufbaute.

„Wie hast du mich gerade genannt?", fragte ich zuckersüß nach. Heiße Wut brodelte in meinem Bauch.

„Du hast mich schon verstanden.", kam wenig geistreich von ihm. Er wirkte etwas überfordert und auch seine Freunde sahen mich irritiert an.

Leise lachte ich. Männer, sie waren doch alle gleich, dachte ich und wandte mich wieder meiner kleinen Schwester und ihren Freundinnen zu, die allesamt leichenblass geworden waren.

„Also, was genau geht hier vor sich?", fragte ich etwas ruhiger und versuchte meine Wut im Zaum zu halten.

„Wir wollten einen Partymix kaufen.", gab der beste Freundin, Maxim, von Caro zu. Seine Stimme war piepsig und er sah betreten auf den Boden.

„Einen Partymix? Ich glaube, es geht los. Was habt ihr euch dabei gedacht?"

Keiner von ihnen antwortete und Caro erwiderte meinen Blick nicht. Sie wusste ganz genau, dass sie tief in der scheiße steckte. Ich war nicht nur wütend auf meine kleine Schwester, sondern auch zu tiefst enttäuscht. Niemals hätte ich erwartet, dass sie sinnlos irgendwelche Drogen nahm.

„Sorry, aber bezahlen müsst ihr trotzdem. Das hier reicht bei weitem nicht.", kam es nun wieder von dem schwarzhaarigen Kerl.

Ich sah in seine geöffnete Hand in denen ca. 40€ zusehen war. Das war typisch. Da wollten sie sich etwas kaufen und hatten dann nicht einmal genügend Geld dabei um die zwielichtigen Typen hier zu bezahlen.

Loderndes Eis ⎜MartenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt